FDP-Dreikönigstreffen in Stuttgart: Laue Witze über den „Heißsommer“
Der FDP-Parteivorsitzende Christian Lindner schließt eine Regierungsbeteiligung nicht aus. Grünen Themen nähert sich die Partei nur vorsichtig.
Erneut schloss Lindner neue Jamaika-Verhandlungen nicht aus: „Wer uns ein faires Angebot zur Erneuerung des Landes macht, kann zu jeder Zeit damit rechnen, dass wir bereit sind, für dieses Land Verantwortung zu übernehmen.“ Seit einiger Zeit muss Lindner lernen, dass die liberalen Träume nicht in den Himmel wachsen: Bei Umfragen liegt die Partei bei acht Prozent. Stattdessen ist der Lieblingsgegner der Liberalen, die Grünen, in Umfragen und Wahlen längst in den zweistelligen Bereich enteilt.
Lindner sucht offenbar noch eine Strategie, um vom grünen Erfolg zu lernen. In seiner Rede in Stuttgart kommen sie nur an zwei, drei Stellen vor. Und grünen Themen nähert sich die Partei nur vorsichtig.
Draußen vor der Staatsoper plädiert die Parteijugend für mehr Klimapolitik und nutzt dafür provokant Lindners Zitat vom Klimanationalismus, den er den Grünen vorgeworfen hat. Drinnen macht Lindner erst mal laue Witze über den „Heißsommer“ und die Plastikkatastrophe im Meer, die alle Anwesenden ja Gott sei Dank überlebt hätten.
„Ehe für alle“ nach französischem Vorbild
Erst am Ende seiner Rede kommt er auf das ökologische Konzept der FDP zu sprechen, das darin bestehe, die „legitimen Wünsche der Bürger in Einklang mit der Ökologie“ zu bringen. Fahrverbote und Ernährungsgebote gehören für Lindner nicht dazu, ein Marktpreis für CO2-Verbrauch dafür schon.
Lieber arbeiten sich die Liberalen an der Union ab. Im letzten Jahr war Merkel noch die Zielscheibe Nummer eins, jetzt am Ende ihrer Ära zollt ihr Lindner pflichtschuldig „Respekt“ – auch dafür, dass sie die Union modernisiert hat. Deshalb sei Annegret Kramp-Karrenbauer gerade keine „Mini-Merkel“, analysiert Lindner. Die ehemalige saarländische Ministerpräsidentin stehe mit ihrem Widerstand gegen die „Ehe für alle“ für ein „reaktionäres Gesellschaftsbild“.
Damit will Lindners FDP nichts zu tun haben. In einer gesellschaftsliberalen 6-Punkte-Liste fordert der Parteichef unter anderem ein Ende der „Kriminalisierung von Ärztinnen und Ärzten“, die über Abtreibungen informieren, eine Weiterentwicklung der „Ehe für alle“ nach französischem Vorbild, und eine Ende der Altersgrenze bei Krankenkassen für Kinderwunschbehandlungen.
Auch in der Wirtschaftspolitik setzt er sich von der Union ab. Nachdem sich die CDU gegen einen wirtschaftsliberalen Vorsitzenden wie Friedrich Merz entschieden habe, präsentiert Lindner die FDP als Urheber dieser Gedanken. Eine „Agenda der Fleißigen“, wie Merz sie vorgeschlagen hat, müsse Rentnern und Hartz-IV-Empfängern Zuverdienste ermöglichen. Für zu viele dieser Menschen „ist der Sozialstaat zum Hamsterrad geworden, der ihnen kein Vorankommen ermöglicht“.
Stärker als die Landtagswahlen in Sachsen, Brandenburg und Thüringen, bei denen die FDP mit einstelligen Ergebnissen rechnen muss, rückt Lindner die Europawahl in den Blick. Auch da setzt er die FDP klar von der Union ab. Die habe mit der ungarischen Fidesz die Europagegner in der eigenen Fraktion. Die FDP ziehe dagegen mit Macron und seiner Bewegung gemeinsam in den Wahlkampf. Eigentlich gebe es nur zwei Europa-Parteien in Deutschland, behauptet Lindner. Die Grünen und die FDP. Von der SPD war an diesem Tag erst gar nicht die Rede. (mit afp)
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