FC Bayern gegen Hamburger SV: Buddha lächelt heute nicht
Erster Spieltag der Bundesliga: Der FC Bayern Klinsmann schwächelt in der Defensive, allerdings nur auf dem Platz.
Vielleicht hatten die Spieler das auch einfach falsch verstanden. Sie hatten ja alle eingetrichtert bekommen, dass die Schiedsrichter mit Beginn der Bundesligasaison nun mehr auf den Körperkontakt im Strafraum achten werden. Jedes Gezupfe und Gezerre soll nun elfmeterwürdig sein. Und so gab es im Eröffnungsspiel gleich zwei Elfmeter, weil sich Thorsten Kinhöfer daran gehalten hatte.
Dabei sah es beim FC Bayern lange Zeit so aus, als wollten sie ihre Gegenspieler vom Hamburger SV überhaupt nicht mehr berühren. Paolo Guerreros zwischenzeitliches 1:2, eine Koproduktion zweier ehemaliger Bayern-Spieler, war der beste Beleg dafür. Oliver Kahn hätte seine Vorderleute nach diesem Tor wohl ganz unbuddhistisch zusammengebrüllt: Da steht einer allein am Fünfer, in der 25. Minute, beim Stand von 2:0 für die Bayern. Sehr viel später erbarmte sich Christian Lell, ging bei einem hohen Ball in den Zweikampf, und prompt gab es den Elfmeter, der zum 2:2-Endstand führte.
Da fühlten sie sich bestätigt. Bloß nicht aggressiv werden, bringt nur Ärger. Es war der aktuellen Situation angemessen, wenn auch eigentlich nicht der FC-Bayern-Logik, dass die Blutgrätschen nach dem Spiel ebenfalls ausblieben - man will ja die Mannschaft nicht noch mehr verunsichern. Vom Vorstandsvorsitzenden Karl-Heinz Rummenigge hörte man gar nichts, und Uli Hoeneß schloss sich indirekt vielen Spielern an, als er sagte, dass man keine neuen Spieler verpflichten wolle, nur um die ersten Wochen zu überbrücken.
Im Spiel nach vorne war Klinsmanns Handschrift ja auch schon zu erkennen, auch wenn das mit der Chancenauswertung noch lange nicht so gut klappte wie seinerzeit mit der Nationalmannschaft. Apropos Nationalspieler: Es wirkt schon ein bisschen komisch, wenn bei den Bayern ständig vom Trainings- und Kraftrückstand der EM-Teilnehmer gesprochen wird, und dann sind ebenjene, mit Ausnahme von Miroslav Klose, die besten Spieler, namentlich Philipp Lahm und Bastian Schweinsteiger, der ja auch ein Tor erzielte.
Klinsmann selbst blieb so defensiv, wie man sich das von seinen Spielern gewünscht hätte. Nach den obligatorischen Fernsehinterviews verließ er das Stadion und sagte nur noch einen Satz zu den wartenden Journalisten: "Ich habe alles abgearbeitet." Dann lief er ganz eng an der Wand entlang ins Freie, den Blick stur nach vorne gerichtet, in der Hand einen klitzekleinen FC-Bayern-Ziehkoffer. Er war von den Journalisten so weit entfernt wie seine Spieler bei Guerreros Kopfballtreffer vom Gegner. Man könnte auch sagen: Klinsmann verhielt sich passiv wie ein Buddha. Jedoch ohne dabei zu lächeln.
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