FC Bayern-Frauen in der Champions League: Pressing mit positivem Denken

Der FC Bayern wähnt sich im Champions-League-Halbfinale mit dem FC Chelsea auf Augenhöhe. Trotz nationaler Hemmnisse strebt der Klub nach ganz oben.

Bayern-Spielerin enteilt mit dem Ball zwei Gegenspielerinnen

Mit Tempo: Lina Magull, hier am Ball gegen Hoffenheim, muss auch gegen den FC Chelsea schnell sein Foto: Passion2-Press/imago

Es gibt eine Super League, die bereits vor zehn Jahren den Spielbetrieb aufgenommen hat und in Europa große Wertschätzung als wegweisendes Zukunftsmodell des Fußballs genießt. In der FA Women’s Super League professionalisierte sich der Frauenfußball zuletzt durch die nachhaltige Unterstützung des Verbands und etlicher traditioneller Männerfußballklubs rasend schnell. Klubs wie Manchester City oder der FC Chelsea sind dabei, die europäische Rangordnung, die von deutschen und französischen Vereinen dominiert wurde, durch­einander zu wirbeln.

Deutschlands bisheriger Dauermeister VfL Wolfsburg schied im März im Viertelfinale der Champions League durch zwei Niederlagen gegen Chelsea erstmals gegen ein englisches Team aus. Und nun kommt es am Sonntag im Halbfinale beim FC Bayern München (17 Uhr, Sport 1) zu einem erneuten deutsch-englischen Vergleich.

Die Münchner Kapitänin Lina Magull bekennt sich im Vorfeld der Partie als große Anhängerin des englischen Modells. „Es ist positiv zu bewerten, dass große Vereine merken, wir müssen auf Frauenfußball setzen, weil es ein unheimlicher Mehrwert für die Gesellschaft ist und für fußballbegeisterte Menschen, die Bock haben, guten Fußball zu sehen, und den findet man eben auch im Frauenfußball.“

Über den FC Chelsea kann sie ebenfalls nur Gutes berichten. Magull hebt vor allem die Spielerinnen im Offensivbereich hervor, die sehr schnell seien und über eine gute Technik verfügten. Das dänische-australische-englische Trio Pernille Harder, Samantha Kerr und Francesca Kirby verdient durchaus das Prädikat Weltklasse und im Frauenfußball sicherlich Spitzengehälter. Vor wenigen Wochen hat die Women’s Super League für drei Jahre TV-Pakete für 18 Millionen Euro verkauft. Die Bundesligavereine erhalten nach Angaben von zdf.de jährlich jeweils knapp 90.000 Euro vom DFB aus der medialen Verwertung.

Streben nach Balance

Die Kluft zwischen den Ligen könnte eklatante Ausmaße annehmen. Der FC Bayern wiederum ist jedoch innerhalb des erstarrten deutschen Systems eine aufstrebende Kraft. Der derzeitige Tabellenführer hat den Anspruch formuliert, auf Dauer die nationale Nummer eins zu sein. Zur Konkurrenz in der Cham­pions League sagt Trainer Sven Scheuer vor dem Halbfinale: „Unsere Entwicklung geht in die richtige Richtung. Ich glaube aber schon noch, dass die eine oder andere Mannschaft noch einen kleinen Vorsprung hat.“ Dieses zweifache „noch“ verbalisiert den drängenden Ehrgeiz mit dem der FC Bayern versucht, den Anschluss an die internationale Spitze herzustellen.

Wie nah man sich bereits am Gipfel wähnt, unterstreicht Lina Magull nach ihrer Lobrede auf den FC Chelsea: „Ich denke, dass sie ähnlich von uns denken. Wir sind auch sehr gut aufgestellt.“ Sie gehe von zwei engen Partien aus, die auch wegen der unterschiedlichen Spielstile interessant wären. In der Women’s Super League sei die Intensität, die Unruhe, das Hin und Her größer, in der Bundesliga werde mehr Wert auf Taktik und größere Balance gelegt.

Mit der Betonung dieser Stärken will Trainer Scheuer ins Finale einziehen. Es brauche angesichts der schnellen gegnerischen Offensive in seinem Team eine gute Balance aus aktivem Pressen und einer guten Restsicherung. Er freue sich als Trainer darauf, zu sehen, wie das taktische Verhalten der Mannschaft auf diesem höchsten Level funktioniere. Dass es zuletzt für den FC Bayern gegen den VfL Wolfsburg im Pokal und gegen die TSG Hoffenheim in der Liga die ersten beiden Niederlagen in der Saison gab, bringt Scheuer nicht aus der Ruhe. Er hebt den Lernerfolg nach dem Rückschlag gegen Hoffenheim hervor. Im Spiel am Mittwoch bei Turbine Potsdam (3:2) habe das Team auf den Rückstand viel besser reagiert und das Spiel noch gedreht.

Wie der FC Bayern langfristig mit dem FC Chelsea mithalten soll, ist wiederum eine ganz andere Frage. Zuletzt schaltete sich gar FC-Bayern-Boss Karl-Heinz Rummenigge, von dem nur wenige Einlassungen zum Frauenfußball bekannt sind, ein. Der Frauenfußball müsse hierzulande „schleunigst höher­schalten“.

Dieser Text stammt aus der taz am wochenende. Immer ab Samstag am Kiosk, im eKiosk oder gleich im Wochenendabo. Und bei Facebook und Twitter.

Lina Magull fordert das schon länger. Sie versteht es, mit positivem Denken Druck auf jene auszuüben, die sich mit Veränderungen schwertun. Auf die Frage – die eigentlich Rummenigge gestellt werden müsste –, ob die große Arena der Männerfußballer nicht das angemessenere Stadion für das anstehende Halbfinale wäre, entgegnet Magull: „Natürlich, wenn man von der Champions League spricht, könnte man mal davon ausgehen, in einem großen Stadion zu spielen. Aber ich bin mir sicher, dass das in naher Zukunft dann auch noch kommen wird.“

Und zum Erstarrungszustand der Liga, den sie vor knapp einem Jahr ebenfalls öffentlichkeitswirksam kritisiert hat, bemerkt sie, das Bewusstsein für notwendige Veränderungen sei gewiss geweckt worden, die Lage durch die Pandemie aber schwieriger. „Ich bin mir sicher, dass im Hintergrund daran gearbeitet wird. Ich hoffe, dass bald Veränderungen zu spüren sind, hoffentlich schon ab nächster Saison.“

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.