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Explosion in St. PetersburgOpposition befürchtet Repression

Nach der Sprengstoffexplosion gibt sich die Regierung vorsichtig. Die Opposition befürchtet nun noch mehr Einschränkungen bei Protesten.

Wem nützt es? Wer war es? Zerstörter U-Bahnhof in St. Petersburg Foto: dpa

Kiew taz | Kurz nach Bekanntwerden der tödlichen Explo­sionen in der U-Bahn von St. Petersburg äußerte sich Russlands Präsident Wladimir Putin, der sich an diesem Tag in St. Petersburg zu einem lange erwarteten Gespräch mit dem weißrussischen Präsidenten Alexander Lukaschenko traf, vorsichtig.

Noch könne man nichts Näheres zu den Ursachen der Explosionen in der U-Bahn von St. Petersburg sagen, es werde in alle Richtungen ermittelt, sagte Putin. Dabei schloss er allerdings auch einen Terroranschlag nicht aus.

Deutlicher wurde hingegen einer der langjährigen Widersacher des russischen Präsidenten. Die „unbekannten Terroristen“ hätten sich sehr erfolgreich in die Tagesordnung „des russischen Diktators“ eingebracht, erklärte der frühere Schachweltmeister und Oppositionspolitiker Garri Kasparow.

Auch Aleksander Becker, ein aus Russland stammender ukrainischer Freiwilliger, der mehrfach im Osten der Ukraine gegen die Aufständischen und die mit ihnen verbündeten russischen Soldaten gekämpft hatte, erklärte sofort nach Bekanntwerden der Tragödie auf Facebook: „Zehn Menschen wurden getötet. Das Regime hat sich auf bisher nicht vorstellbare Schritte eingelassen.“

Warnung von Greenpeace

Nun, so Becker, müsse man mit einer neuen Welle der Repressionen rechnen. Es sei davon auszugehen, dass nun Protestveranstaltungen aller Art verboten würden. Als Erstes werde es wohl die protestierenden Fernfahrer treffen, so Becker.

Für den St. Petersburger Greenpeace-Aktivisten Raschid Alimow wird durch die Explosion deutlich, wie gefährdet die Stadt ist. Derzeit sei der Start eines kleinen Atomkraftwerks mitten in der Stadt in Planung, das dann als schwimmendes Atomkraftwerk an das andere Ende Russlands gefahren werden soll. „Nicht auszumalen“, so der Greenpeace-Angestellte, „wenn es eine Explosion in der Nähe dieses Reaktors gegeben hätte.“

Sollte sich herausstellen, dass diese Explosionen wirklich das Werk von Terroristen waren, sagte Raschid Alimow zur taz, habe man eine neue Qualität der terroristischen Gewalt in St. Petersburg erreicht. Bisher habe es in der Hafenstadt keine Terroranschläge gegeben, zumindest nicht seit dem Jahr 1927, so Alimow. Auch während des Tschetschenienkrieges habe der Befehlshaber der Tschetschenen, Dschochar Dudajew, gesagt, St. Petersburg werde man nicht anrühren.

Man fühle sich in einem Monate dauernden Kampf gegen das Anfahren des neuen Atomreaktors für das schwimmende Atomkraftwerk bestärkt, so der Greenpeace-Aktivist. Die Explosionen zeigten aber auch, wie schwer es sei, die Bevölkerung vor Terror zu schützen. Erst kürzlich, so Alimow, seien vor den Eingängen der St. Petersburger U-Bahn Metalldetektoren aufgebaut worden.

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8 Kommentare

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  • Fehlt nur noch, dass uns erklärt wird, das sei gar kein Anschlag gewesen, sondern eine Inszenierung, wie das Foto beweist: Die Waggontür wurde von innen nach außen gedrückt, was eine logische Folge wäre, wenn eine Bombe im Wagen explodiert wäre. Dann hätte der Druck aber auch die Waggonfenster zerstören müssen.

     

    Nein, ich glaube das nicht, warte aber nur auf den ersten Verschwörungstheoretiker, der damit ums Eck kommt.

  • Offensichtlich ist die TAZ nun vollends zu einer Art Satiremagazin geworden. Angesichts der aktuellen Geschehnisse einen solchen Artikel abzuliefern, ist selbst für das Zentralorgan der Berufsempörten ein Armutszeugnis.

    Liebe TAZ, irgendwie ist das hier nicht mehr links - das ist weltfremd.

  • US-Präsident Trump nannte den Anschlag eine "absolut schreckliche Sache". Uno-Generalsekretär Antonio Guterres sagte: "Die Verantwortlichen dieser schrecklichen Tat müssen zur Rechenschaft gezogen werden." Bundespräsident Steinmeier erklärte in Berlin: "Mit Entsetzen und Trauer verfolge ich die Nachrichten aus Sankt Petersburg, wo ein zur Explosion gebrachter Sprengsatz zahlreiche Tote gefordert hat." EU-Kommissionspräsident Juncker zeigte sich "schockiert und betrübt" über den Anschlag und betonte: "Nichts kann solche barbarischen Handlungen rechtfertigen." Auch die EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini kondolierte. François Hollande hat „seine Solidarität mit dem russischen Volk“ Ausdruck verliehen und die Bereitschaft Frankreichs erklärt, „auf jede Bitte nach Hilfe zu antworten“. „Solidarität mit Rußland und den Opferfamilien nach diesem Drama in St.-Petersburg“, twitterte der französische Außenminister Ayrault.

     

    Und welche Reaktion hält das Zentralorgan der Müsli-Liberalen an erster Stelle für berichtenswert? „Die unbekannten Terroristen hätten sich sehr erfolgreich in die Tagesordnung „des russischen Diktators“ eingebracht, erklärte der frühere Schachweltmeister und Oppositionspolitiker Garri Kasparow.“ Man sieht ihn förmlich sich vor Genugtuung die Hände reibend.

     

    Man stelle sich vor, nach dem LKW-Massaker auf dem Berliner Weihnachtsmarkt hätte sich ein Oppositionspolitiker in ähnlich unverhohlener Sympathie in Bezug auf die Agenda A. Merkels geäußert...

    • 7G
      74450 (Profil gelöscht)
      @Reinhardt Gutsche:

      "Man stelle sich vor, nach dem LKW-Massaker auf dem Berliner Weihnachtsmarkt hätte sich ein Oppositionspolitiker in ähnlich unverhohlener Sympathie in Bezug auf die Agenda A. Merkels geäußert..."

       

      Ist sehr wohl passiert. Die AFD hat den Berliner Anschlag für ihre Hetze mißbraucht. Würde mich wundern, wenn RTD darüber nicht berichtet hätte. Was nun?

      • @74450 (Profil gelöscht):

        Die gleiche Instinktlosigkeit

         

        Zitat von @Dhimitry: „Die AFD hat den Berliner Anschlag für ihre Hetze mißbraucht. Würde mich wundern, wenn RTD darüber nicht berichtet hätte. Was nun?“

         

        Allerdings wurde dies in der Taz nicht empörungslos, wenn nicht mit unverhohlener Sympathie wiedergegeben. Aber ansonsten haben Sie natürlich Recht: Es gibt keinen Grund, die instinktlosen Reaktionen der AfD auf das LKW-Massaker auf dem Berliner Weihnachtsmarkt und diejenige des Putin-Gegners Kasparow auf den Bombenanschlag in St-Petersburg in ihrer Erbärmlichkeit politisch-moralische unterschiedlich zu bewerten.

      • @74450 (Profil gelöscht):

        Die gleiche Instinktlosigkeit

         

        Zitat von @Dhimitry: „Die AFD hat den Berliner Anschlag für ihre Hetze mißbraucht. Würde mich wundern, wenn RTD darüber nicht berichtet hätte. Was nun?“

         

        Allerdings wurde dies in der Taz nicht empörungslos, wenn nicht mit unverhohlener Sympathie wiedergegeben. Aber ansonsten haben Sie natürlich Recht: Es gibt keinen Grund, die instinktlosen Reaktionen der AfD auf das LKW-Massaker auf dem Berliner Weihnachtsmarkt und diejenige des Putin-Gegners Kasparow auf den Bombenanschlag in St-Petersburg in ihrer ganzen Erbärmlichkeit politisch-moralische unterschiedlich zu bewerten. Was nun?

  • das ist die absolut naheliegende/ste Überschrift eines Artikels zu einem Terroranschlag.

     

    Das übertrifft bei weitem alles was die bürgerliche Presse -angesichts eines solchen/diesen Anschlages- abläßt.

     

    Man muss sich schon fragen, wes Geistes Kind solche Redakteure sind? Sind sie alles Zögliche eines Josef Fischer (der Vorname macht hier die Musik), oder einer Rebecca Harms, die sich in einem, nennen wir es "Russland-bashing" [ein Land dessen ("sowjetische") Soldaten - über 5 Millionen gerieten zwischen 1941 und 1945 in deutschem "Gewahrsam", d.h. in deutsche Kriegsgefangenschaft, von denen immerhin ca. 3,3 Millionen Kriegsgefangene dabei umkamen .[34] (WIKIPEDIA)] (was übrigens niemals -obwohl zahlenmäßig durchaus vergleichbar- als Völkermord oder Holocoust bezeichnet wurde), suhlen, und das BÖSE der Welt n diesem Land verorten?

     

    Sehr seltsam, was man unter Journalismus versteht. Vielleicht sollten einige Leute sich die mahnenden Worte eines (umstrittenen) Autors wie Tuvia Tenenbom zu Gemüte führen, um zu lernen, was Aufgae von Journalismus ist.

    http://www.spiegel.de/kultur/literatur/tuvia-tenenbom-allein-unter-fluechtlingen-interview-zu-seinem-neuen-buch-a-1140837.html

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