Expert:innen zu Baumpflanzungen: „Wir sind nicht alleine“

Gülcan Nitsch und Martin Ladach engagieren sich bei der Umweltorganisation Yeşil Çember und dem Bergwaldprojekt e.V. für gesunde Wälder.

Zusammen anpacken: Hier werden 200 Bäume gepflanzt

Zusammen anpacken: Hier werden 200 Bäume gepflanzt Foto: Barbara Ritzkowski, Warming Stripe: showyourstripes.info

Die heißen und trockenen vergangenen Sommer zeigen enorme Auswirkungen auf unsere Wälder. Um sie zu erhalten und ihre Widerstandsfähigkeit zu erhöhen, organisiert das Bergwaldprojekt e.V. seit 1991 ökologische Arbeitseinsätze im Wald, Moor und Offenland. Die Umweltorganisation Yeşil Çember (Türkisch für Grüner Kreis) aktiviert seit vielen Jahren insbesondere türkischsprachige Menschen in Deutschland für den Umweltschutz. Gülcan Nitsch und Martin Ladach von den beiden Organisationen erzählen über ihre Zusammenarbeit.

taz: Wie umweltbewusst ist die türkische Community?

Gülcan Nitsch: Der Informationsbedarf ist sehr hoch, Klimaschutz wird zu wenig debattiert. Wenn die Menschen aber durch unsere Angebote erfahren, wie stark unsere Zukunft von unserem CO2-Fußabdruck abhängt und jede*r handeln muss, kommt es oft zu Verhaltensänderungen. Der ökologische Lebensstil wird anderen vorgelebt, und es wird über den Ernst der Lage diskutiert.

Wie ist eure Kooperation entstanden?

Martin Ladach: Das Bergwaldprojekt versteht sich als Plattform für alle, die aktiv Verantwortung für den Schutz der Ökosysteme übernehmen möchten. Manche gesellschaftlichen Gruppen haben es offensichtlich leichter, auf die Plattform zu kommen – am Abbau der Hürden, die es zum Beispiel für Menschen mit Migrationshintergrund gibt, wollen wir arbeiten und benötigen dafür Unterstützung.

Nitsch: Ich wollte interkulturelle Erfahrungen ermöglichen.

Was habt ihr bereits durchgeführt?

Ladach: 2019 war ich auf einer Führung eingeladen, die Yeşil Çember regelmäßig organisiert. In den brandenburgischen Wäldern haben wir die dramatischen Folgen der Klimakrise deutlich gesehen. Etwas später hat das Bergwaldprojekt in der Nähe mit 200 Freiwilligen einen Pflanztag durchgeführt. Darunter waren auch 20 Personen über Yeşil Çember angemeldet. Gemeinsam wurden an einem Tag 3.000 standortheimische Bäume für einen naturnahen Mischwald gepflanzt.

Nitsch: Außerdem haben wir Infomaterial zum Bergwaldprojekt ins Türkische übersetzt, um die Community aktiv einzuladen.

Wie hat sich das angefühlt?

Nitsch: Alle türkischen Teil­nehmer*innen waren sehr angetan und können die nächste Aktion kaum erwarten. Ich fühle mich dadurch gestärkt. Unsere Zusammenarbeit ist eine große Bereicherung und gibt mir Hoffnung für die Zukunft.

Ladach: Solche Aktionen führen uns vor Augen, dass wir nicht alleine sind im Kampf gegen die Klimakatastrophe: Mit so vielen Menschen aktiv zu sein und die Grundlagen für einen stabilen, zukünftigen Wald zu pflanzen, ermöglicht ein Gefühl von Selbstwirksamkeit. Wir buddeln zusammen im Waldboden, tauschen uns aus und empfinden große Freude über das gemeinsam Erreichte – ich kann mir kaum Schöneres vorstellen.

Wie wichtig ist es, alle gesellschaftlichen Teile beim Klimaschutz einzubeziehen?

Nitsch: Unser Ziel sollte sein, alle migrantischen Communitys in Deutschland zu erreichen – und das sind etwa 20 Prozent der Bevölkerung!

ist die geschäftsführende Gesellschafterin der Umwelt­organisation Yeşil Çember (Türkisch für „Grüner Kreis“).

Ladach: Die Klimakrise kennt keine nationalen Grenzen; und sie zu bremsen, ist keine Aufgabe, die eine Gruppe alleine bewältigt. Insofern benötigen wir dringend alle Teile der Gesellschaft.

Gibt es Herausforderungen?

Nitsch: Wenn unterschiedliche Kulturen zusammenkommen, sind Hürden sicherlich normal. Wir lösen sie mit Offenheit und im konstruktiven Dialog.

Wie geht ’s weiter?

Nitsch: Im Oktober planen wir an einer Pflanzung im Harz teilzunehmen, im nächsten Jahr weitere Aktionen. Auch eine gemeinsame, zweisprachige Publikation zum Thema Wald ist als Wunsch vorhanden.

Wo seht ihr euch in 10 Jahren?

ist Diplompädagoge im Bergwaldprojekt e.V. und für Bildungsarbeit und dessen Waldschule zuständig.

Ladach: Es bleibt zu hoffen, dass es uns und den vielen anderen Aktiven im Klimaschutz gelingt, Begeisterung und Initiative für die notwendigen gesellschaftlichen Veränderungen zu schaffen und dass die politischen Rahmenbedingungen für die Einhaltung der Klimaziele dann umgesetzt sind – anders ist kein Ende der negativen Entwicklungen bezüglich der Klimakatastrophe und damit auch im Wald abzusehen.

Nitsch: Ich wünsche mir, dass wir noch viele Jahre zusammenarbeiten, weiterhin voneinander lernen und uns unterstützen. Mein Herzenswunsch ist: Klimaschutz soll – spätestens – in 10 Jahren in der Verfassung verankert sein und oberste Priorität auf allen Ebenen haben.

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