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ExiliranerInnen in Berlin"Eigentlich möchte ich dort sein"

ExiliranerInnen unterstützen die massiven Proteste im Iran gegen die Islamische Republik. "Das geht in Richtung Demokratie", sagt der Künstler Farhad Payar.

Demonstrantinnen vor der iranischen Botschaft in Berlin am Sonntag Bild: AP

Das Regime in Teheran verbietet ausländischen Journalisten zu berichten. Über Internet aber funktionieren die Kommunikationsstränge noch. Es gibt auf dem Portal YouTube Filme, die ungeschminkt zeigen, was im Iran los ist. Teils auf Handys aufgenommen, werden die Proteste und die Brutalität der Ordnungskräfte in die Welt geschickt.

Das Internet ist auch für die in Berlin lebenden iranischen Flüchtlinge die wichtigste Informationsquelle. Alham Abrahimnedschad ist vor zwei Jahren geflüchtet. Zum Internationalen Frauentag vor zwei Jahren hatte sie Proteste in Teheran organisiert. Danach wurde es gefährlich. Jetzt sitzt sie in Berlin vor dem Computer und versucht über Facebook und Twitter in Kontakt mit ihren Freunden zu kommen. "Ich habe meine Freundinnen, meinen Exmann beim Demonstrieren auf YouTube gesehen", berichtet sie. "Ich weiß von Freunden, die jetzt im Gefängnis sind. Andere sind verletzt. Ich möchte die Bewegung im Iran unterstützen. Wir geben nicht auf. Die Wahl war eine große Lüge."

Alham Abrahimnedschad ist den Tränen nahe. "Meine Freundin hat geschrieben, dass sie nicht nach Hause geht, selbst wenn es ihr Leben kostet. Als ich das las, habe ich zwei Stunden geweint." Was sie machen kann, macht die 28-Jährige, die in Berlin als Asylsuchende nicht weiterstudieren kann und die Stadt nicht verlassen darf. Aber sie demonstriert in Berlin, fast jeden Tag. "Wir haben schon 30 Jahre politische Probleme im Iran. Wir wollen Demokratie. Ich bin nicht für Mussawi. Ich bin für keinen der vier. Sie sind alle Spielzeuge des Regimes."

Nasrin Bassiri und Farhad Payar gehören zu denen, die nach der islamischen Revolution vor 30 Jahren nach Berlin kamen. Bassiri ist Journalistin. "Ich bin sehr aufgewühlt, eigentlich möchte ich dort in Teheran sein, aber ich finde, dass ich hier mehr machen kann", sagt sie. Sie ist zur Informationsquelle geworden und stellt Kontakt her zu Deutsch sprechenden Iranern im Iran, die die Berichterstattung übernehmen, seit ausländische Journalisten nicht mehr berichten dürfen. "Peter Scholl-Latour hat im ZDF gesagt, die Bevölkerung wollte Ahmadinedschad. Ich habe andere Informationen. Seit Jahren sagen die Leute, sie wollen diese Regierung nicht. Das nimmt man hier aber nicht ernst."

Farhad Payar ist Künstler und Journalist. Er arbeitet in einer Onlineredaktion. "Hier kann ich mehr machen. Ich kann die Botschaften der Demonstranten nach außen tragen." Und er sagt noch etwas: "Wenn es hart auf hart kommt, wenn der Protest mit Gewalt unterdrückt wird, dann habe ich die Möglichkeit, hier Leute aufzunehmen. Wenn das Regime nackte Gewalt einsetzen will, wird es das auch tun."

Es klingt, als rechne er mit allem. Dabei sieht er, was plötzlich möglich ist. "Zwei Millionen Menschen sind auf die Straße gegangen - zum ersten Mal in der Geschichte der Islamischen Republik. Plötzlich wissen die jungen Leute und die Alten, dass sie ihre Rechte einfordern können. Das gibt ein Gefühl der Stärke. Das ist etwas Wunderbares. Das geht in Richtung Demokratie."

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