Nur noch Berichte aus dem Büro: Iran schränkt Auslands-Reporter ein

Das iranische Regime beschneidet die Pressefreiheit weiter: Kein Auslandsjournalist darf mehr aus den Straßen Teherans berichten. Dort wollen Oppositionelle erneut demonstrieren.

Anleihen an die Revolution: Auch am dritten Tag nach der Wahl demonstrieren die Oppositionellen im Iran für eine neue Wahl. Bild: reuters

TEHERAN ap/rtr/afp | Als Reaktion auf die anhaltenden Proteste hat die iranische Regierung die Pressefreiheit für ausländische Medien drastisch eingeschränkt. "Kein Journalist hat die Erlaubnis, in der Stadt zu berichten, Filme zu drehen oder Bilder zu machen", sagte ein Vertreter des zuständigen Kulturministeriums am Dienstag in Teheran. Ausländischen Journalisten wurde verboten, über "nicht genehmigte" Demonstrationen zu berichten.

Von ihren Büros aus dürften Journalisten aber weiter berichten, erklärte das Kulturministerium weiter. Zugleich kündigte ein Vertreter an, ausländischen Medienvertretern werde die Akkreditierung entzogen. Westliche Berichterstatter, darunter auch deutsche Journalisten, haben wiederholt über die schlechten Arbeitsbedingungen in Teheran geklagt. Die Bundesregierung hatte die Regierung in Teheran erst am Montag aufgefordert, die Pressefreiheit zu achten.

Am Dienstag drohten erneut schwere Zusammenstöße zwischen den gegnerischen Lagern. Trotz eines Verbots kündigte die Opposition für den Nachmittag eine weitere Kundgebung in der Innenstadt von Teheran gegen die offizielle Wiederwahl Mahmud Ahmadinedschads an. Kurz darauf riefen regierungsnahe Gruppen zu einer Gegendemonstration auf.

Der islamische Wächterrat hatte zuvor angekündigt, umstrittene Stimmen bei der Präsidentenwahl im Iran neu auszuzählen. Ein Sprecher des Gremiums, Abbas Ali Kadchodaei, kündigte allerdings am Dienstag an, es würden nur die Wahlurnen, deren Ergebnisse strittig seien, neu ausgezählt.

Der oberste geistliche Führer des Irans, Ayatollah Ali Chamenei, hatte das Expertengremium islamischer Rechtsgelehrter am Montag nach den Protesten der Opposition mit der Überprüfung der Wahlergebnisse beauftragt. Der unterlegene Reformkandidat Mir Hossein Mussawi zeigte sich aber skeptisch, dass der Wächterrat das seiner Ansicht nach gefälschte Wahlergebnis annullieren werde.

Tödliche Unruhen

Bei Zusammenstößen nach der Großdemonstration in Teheran gegen die umstrittene Wiederwahl des iranischen Präsidenten Mahmud Ahmadinedschad sind nach Angaben des staatlichen Rundfunks sieben Menschen getötet worden. Sie seien bei einem Schusswechsel ums Leben gekommen, nachdem mehrere Menschen am Montagabend versucht hätten, "eine militärische Einrichtung anzugreifen", hieß es am Dienstag im iranischen Radio.

Es war die erste Bestätigung für einen Zwischenfall nach der Großkundgebung am Asadi-Platz, bei der hunderttausende Anhänger des nach offizieller Lesart unterlegenen Reformkandidaten Mussawi friedlich demonstriert hatten.

Der iranische Exilpolitiker Mehran Barati-Novbari sprach im rbb-inforadio indes von deutlich höheren Zahlen von Toten und Verletzten, als von der Teheraner Regierung angegeben: Man könne die Namen von 22 Toten landesweit sowie von 136 Verletzten nennen.

Als sich die Menge nach Einbruch der Dunkelheit aufzulösen begann, versuchte eine Gruppe Demonstranten, das Gebäude einer mit den Revolutionsgarden in Verbindung stehenden Freiwilligenmiliz am Rand des Platzes in Brand zu stecken und zu stürmen. Daraufhin gaben Personen in dem Gebäude Schüsse auf die Demonstranten ab.

Will nach eigenen Worten jeden Preis zahlen: Mussawi am Montagabend bei seinem ersten öffentlichen Auftritt nach der Wahl. Bild: reuters

Mehrere Reformer festgenommen

Derweil sind im Iran mehrere Reformer festgenommen worden. Der frühere Vizepräsident Mohammed Ali Abtahi sei am Dienstagmorgen abgeführt worden, teilte sein Büro mit. Abtahi hatte im Wahlkampf den gemäßigten Reformkandidaten Mehdi Karubi unterstützt.

Bereits am Montag war nach Angaben aus Oppositionskreisen der prominente Reformer Said Hadschjarian festgenommen worden. Die amtliche Nachrichtenagentur Fars meldete, mehrere Menschen mit "anti-revolutionären" Absichten seien verhaftet worden. Bei ihnen seien Material zum Bau von Sprengsätzen und Waffen gefunden worden.

"Gegen den Betrug aufstehen!"

Mir Hossein Mussawi gab sich bei der Kundgebung unnachgiebig und forderte zum weiteren Widerstand gegen die nach Meinung der Opposition gefälschte Wahl auf. Bei seinem ersten öffentlichen Auftritt seit der Wahl vom Freitag sagte er zur Menge: "Wir müssen unsere Rechte, die mit Füßen getreten wurden, zurückgewinnen. Wir müssen diese Lüge beenden und gegen den Betrug aufstehen!"

Er selbst sei bereit, dafür jeden Preis zu zahlen. "Sonst bleibt nichts übrig vom Vertrauen der Menschen in die Regierung und das herrschende System."

Mussawi sagte, er habe nur geringe Hoffnung, dass der Wächterrat das gefälschte Wahlergebnis annullieren werde. Die Demonstranten antworteten mit Sprechchören: "Lang lebe Mussawi!" Ayatollah Ali Chamenei hatte das Expertengremium islamischer Rechtsgelehrter am Montag mit einer Überprüfung der Wahlergebnisse beauftragt. Mussawi kündigte für Dienstag eine weitere Demonstration im Norden Teherans an.

Obama "tief besorgt angesichts all der Gewalt"

US-Präsident Barack Obama äußerte sich angesichts der Gewalt im Iran tief besorgt. Es sei Sache der Iraner, über ihre Führung zu bestimmen. Aber "ich bin bin tief besorgt angesichts all der Gewalt, die ich im Fernsehen gesehen habe", sagte Obama. Die demokratischen Abläufe wie freie Meinungsäußerung und das Recht auf friedliche Proteste seien universelle Werte, die respektiert werden müssten, sagte Obama.

Er könne zwar nicht beurteilen, ob die Wahl gefälscht worden sei, fuhr der US-Präsident fort. Aber er könne erkennen, dass sich bei den Menschen, die so voller Hoffnung und der Demokratie verpflichtet gewesen seien, ein Gefühl des Betrugs einstelle. Die Untersuchung der Vorwürfe der Wahlfälschung dürfe jedoch nicht zu Blutvergießen oder der Unterdrückung Andersdenkender führen, erklärte Obama. "Die Welt sieht zu."

Der Präsident betonte auch erneut, dass er für eine diplomatische Einbindung des Irans steht. Dies sei für die nationale Sicherheit der USA von entscheidender Bedeutung. Es gehe darum, ein nukleares Wettrüsten im Nahen Osten zu verhindern.

Ahmadinedschad zu Gipfeltreffen in Russland eingetroffen

Ahmadinedschad traf am Dienstag trotz der Massenproteste gegen seine umstrittene Wiederwahl in der Heimat zu einem Gipfeltreffen in Russland ein. Er wollte in Jekaterinenburg im Ural an einer regionalen Sicherheitskonferenz teilnehmen. Ursprünglich hatte Ahmadinedschad seine Ankunft auf dem Gipfeltreffen der Shanghai Cooperation Organisation (SCO) bereits für Montag angekündigt. In letzter Minute verschob er seine Reise jedoch – offenbar wegen der Massenproteste.

Demonstranten waren im ganzen Land auf die Straße gegangen: In der Millionenstadt Isfahan, im konservativen Maschad und im südlichen Schiras sowie in Ahvaz protestierten am Montag tausende Iraner, wie Augenzeugen der Nachrichtenagentur AP erklärten.

In Schiras feuerte die Polizei Warnschüsse ab, um mehrere Demonstrationen aufzulösen. Der Polizeichef der Provinz Fars, Ali Moajeri, erklärte, seine Männer hätten das Recht, zu schießen. "Ab jetzt werden wir hart vorgehen."

Am späten Abend verlagerten sich die Proteste der Gegner von Präsident Mahmud Ahmadinedschad in Teheran erneut auf Balkone und Hausdächer: "Tod dem Diktator" und "Allahu Akbar" (Gott ist groß) waren die Rufe, die die zweite Nacht in Folge in der ganzen Hauptstadt zu hören waren.

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