Europaparteitag der CSU: Arbeit statt Euphorie und Kampfeslust
Brav verabschiedet die CSU bei ihrem Europaparteitag das Wahlprogramm mit der Union. Und sie trommelt für Manfred Weber an der EU-Spitze.
In Nürnberg haben sich die Christsozialen am Samstag zu dem kleinen Parteitag zusammen gefunden, um das gemeinsame Wahlprogramm der Union zu verabschieden und sich auf die heiße Phase des Wahlkampfs einzustimmen. Ersteres dauert keine Minute, abgestimmt wird per Handzeichen, das Ergebnis ist einstimmig. Für Zweiteres sind CSU-Chef Markus Söder und Weber zuständig.
Es geht um viel, es geht um die Wurst, sagen sie im Saal „Brüssel“. Nein, nicht nur darum, wie viele Abgeordnete die CSU künftig ins Europaparlament schicken darf. Die Europawahl 2019 sei kein Schönheitswettbewerb für Debatten auf der Bundesebene, sagt Söder. „Diesmal geht es um die Frage: Bleibt dieses Europa eine Antwort auf die Globalisierung?“ Entweder verabschiede sich die EU mit dieser Wahl von der Weltbühne oder sie kehre kraftvoll zurück. Und natürlich geht es auch um eine Personalfrage, um das, was Söder als „historische Chance“ bezeichnet: die Frage, ob künftig ein Bayer an der Spitze der EU stehen wird.
Laut einer aktuellen Umfrage steht die CSU gar nicht so schlecht da. Die sieht sie bei 41 Prozent. Das liegt zwar nur ganz knapp über dem ernüchternden Ergebnis von 2014, doch die Messlatte hängt bei der CSU mittlerweile schon um einiges niedriger – bei den 37,2 Prozent, die die Partei bei dem Landtagswahldesaster noch holen konnte.
Weber braucht freilich nicht nur die Stimmen der Bayern für die Erfüllung seines Traums vom EU-Kommissionspräsidenten, sondern ein gutes Gesamtergebnis der Europäischen Volkspartei (EVP). Aber auch sie hat gute Chancen, stärkste Kraft im Europaparlament zu bleiben. Für ihn, sagt Söder, sei die Europawahl erst abgeschlossen, wenn eine stabile Kommission mit Manfred Weber an der Spitze gewählt worden sei. „Der Manfred lebt für Europa, der Manfred ist Europa.“
In Nürnberg nun schwören Söder und Weber ihre Partei auf einen klaren pro-europäischen Kurs ein. Eine Lehre aus dem Jahr 2014, als das Konzept eines zweigleisigen „Ja, aber …“-Wahlkampfs nicht aufgegangen war. Für das „Ja“ stand damals schon Weber, die Rolle des „Abers“ übernahm der EU-Skeptiker Peter Gauweiler.
„Ich persönlich und wir als CSU sind nicht bereit, Neinsagern, Nationalisten, Populisten und Extremisten diesen Kontinent zu überlassen“, sagt Söder inzwischen. Nach dem recht unentschlossenen Kurs, den die CSU, allen voran Söder selbst, vor der Landtagswahl im vergangenen Jahr gegenüber der AfD gefahren hat, ist die Kampfansage an die Rechtsradikalen in Europa mittlerweile unmissverständlich. Die Rechten setzten unter der Führung des italienischen Innenministers Matteo Salvini „zum Sturm auf Europa“ an, sagt auch Weber. Man dürfe den „rechten Dumpfbacken“ aber nicht auf den Leim gehen, „sie stehen für ein Europa des Egoismus“.
Gegen europäischen Mindestlohn
Weber spricht sich aber auch gegen „sozialdemokratische Umverteilungstöpfe“, etwa einen europäischen Mindestlohn, und für einen stärkeren Grenzschutz und einen besseren Datenaustausch zwischen den Polizeibehörden der EU-Mitgliedsstaaten aus. Und er verteidigt sein Votum bei der Abstimmung zum europäischen Urheberrecht. Er nehme die Sorgen der Gegner zwar ernst, aber die Reform des Gesetzes samt des umstrittenen Artikels 17 (ehemals 13) sei nötig, um die Rechte der Kreativen an ihrem Werk zu stärken und die großen Internetkonzerne in ihre Schranken zu verweisen. „Ich will kein Wild-Wild-West-Internet.“ Google und Co. hätten die europäischen Spielregeln zu akzeptieren, wenn sie hier Geld verdienen wollten.
In den Wirtschaftsbeziehungen zu China fordert Weber ein selbstbewussteres Auftreten der EU. Wenn in Europa die Übernahme kompletter Firmen durch chinesische Unternehmen erlaubt sei, müssten auch die Chinesen umgekehrt Firmenübernahmen akzeptieren – nicht nur im Rahmen eines Joint-Ventures mit einem chinesischen Partners. Außerdem müssten sich europäische Firmen auch an Ausschreibungen in China beteiligen dürfen.
Weber bedankt sich, der Parteitag endet, wie stets, mit Gesang. Drei Hymnen später eilen die Delegierten hinaus ins Wochenende. Manfred Weber steht noch auf der Bühne und unterhält sich mit ein paar Parteifreunden, da hat sich Saal schon fast geleert.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Anschlag in Magdeburg
Vorsicht mit psychopathologischen Deutungen
Lohneinbußen für Volkswagen-Manager
Der Witz des VW-Vorstands
Polizeigewalt gegen Geflüchtete
An der Hamburger Hafenkante sitzt die Dienstwaffe locker
Kochen für die Familie
Gegessen wird, was auf den Tisch kommt
Rekordhoch beim Kirchenasyl – ein FAQ
Der Staat, die Kirchen und das Asyl
Preise fürs Parken in der Schweiz
Fettes Auto, fette Gebühr