Europäischer Emissionshandel: Allianz fürs Klimageld
Forscher:innen fordern eine Anpassung der deutschen CO₂-Preise – und Maßnahmen zum sozialen Ausgleich. Sonst drohten hohe Kosten für Ärmere.
CO₂-Preise gibt es auf nationaler und europäischer Ebene. Die Idee: Unternehmen müssen zahlen, um CO₂ ausstoßen zu dürfen. Der europäische Emissionshandel umfasst bisher energieintensive Industriekonzerne, Kraftwerksbetreiber und den innereuropäischen Flugverkehr.
Weil damit fossiles Tanken oder Heizen nicht einbezogen ist, hat Deutschland für diese Bereiche selbst einen Preis eingeführt. 2027 will die EU ihren Emissionshandel aber entsprechend ausweiten, die Systeme werden also integriert. In Deutschland gilt für eine Tonne CO₂ bisher ein fester Preis – 45 Euro sind es für das Jahr 2024. Bis 2027 soll der Wert steigen. Danach soll sich der Preis auf dem Zertifikatemarkt bilden, also nicht mehr politisch festgelegt werden.
Swantje Fiedler, Forum Ökologisch-Soziale Marktwirtschaft
Um einkommensschwache Haushalte und Unternehmen im Falle solcher Preissteigerungen zu entlasten, müsse die Bundesregierung unter anderem das versprochene Klimageld einführen, sagt Studienautorin Fiedler. „Ein Klimageld wird aber nicht ausreichen“, so die Forscherin. Einkommensschwache Menschen könnten von sozial angepassten Leasingmöglichkeiten für E-Autos auf dem Land oder von einem Sozialticket für den Nahverkehr profitieren, ergänzt Maria Loheide, sozialpolitische Vorständin der Diakonie.
ADAC ist pro Klimageld
Unterstützung für die Forderung des Klimagelds erhalten die Verbände auch vom ADAC – einen schnelleren Anstieg des CO₂-Preises in Deutschland sieht der Automobilclub jedoch kritisch. „Eine schnellere Anhebung würde viele Haushalte in diesen wirtschaftlich schwierigen Zeiten treffen“, sagt ADAC-Verkehrspräsident Gerhard Hillebrand.
Wie stark der CO₂-Preis steigen und wo ein nationaler Mindestpreis ab 2027 liegen müsste, lassen die Autor:innen der Studie des FÖS und des Öko-Instituts offen. Swantje Fiedler aber verweist auf eine vorherige Untersuchung des Thinktanks Agora Energiewende, der einen Mindestpreis von 120 Euro pro Tonne CO₂ vorschlägt. Nur mit deutlichen Steigerungen würden wirklich Anreize zum CO₂-Sparen gesetzt und genug Geld eingenommen – dieses Geld wiederum werde für Rückinvestitionen in klimafreundliche Infrastruktur gebraucht, so die Forscher:innen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Haftbefehl gegen Netanjahu
Sollte die deutsche Polizei Netanjahu verhaften?
Deutscher Arbeitsmarkt
Zuwanderung ist unausweichlich
#womeninmalefields Social-Media-Trend
„Ne sorry babe mit Pille spür ich nix“
Stellungnahme im Bundestag vorgelegt
Rechtsexperten stützen AfD-Verbotsantrag
Rechtspopulistinnen in Europa
Rechts, weiblich, erfolgreich
Buchpremiere von Angela Merkel
Nur nicht rumjammern