Europäische Allianz der Ultrarechten: Nation als Einheit von Blut und Geist
Die NPD-Jugend veranstaltet ein Treffen rechtsextremer Parteien. Zum Bedauern der Veranstalter kann der ukrainische „Rechte Sektor“ nicht kommen.
BERLIN taz | Andy Knape spart nicht an großen Tönen. „Die Veranstaltung des Jahres“ werde der „Europa-Kongress“, bekundet der Bundeschef der NPD-Jugend Junge Nationaldemokraten (JN). „Ein Symbol des Schulterschlusses der europäischen Nationalen.“ Für Samstag lädt die JN zu ihrem Kongress.
Laut der Mobilen Beratung Thüringen soll er in einer „Erlebnisscheune“ in Kirchheim stattfinden. Mit dabei sind führende Vertreter der extremen Rechten Europas: die Goldene Morgenröte aus Griechenland, die tschechische Arbeiterpartei, die Partei der Schweden oder auch Nick Griffin, Chef der British National Party.
Ursprünglich hatte die JN auch mit einem anderen prominenten Gast gerechnet: der Swoboda-Partei, dem „Rechten Sektor“ aus der Ukraine – zuletzt Mitkämpfer gegen Janukowitsch auf dem Maidan in Kiew, inzwischen an der neuen Regierung beteiligt. Daraus werde nun nichts, räumte JN-Vorstandsmitglied Michael Schäfer ein. Den Rednern sei die Ausreise verweigert worden. „Schade“, so Schäfer.
Die Absage ist fürwahr ein Dämpfer für die Rechtsextremen: In der Szene wird der Rechte Sektor derzeit gefeiert. In ihrer aktuellen Ausgabe lässt die NPD-Postille Deutsche Stimme (DS) die „Kiewer Aktivistin“ Olena Semenyaka über Swoboda schwärmen: Auf dem Maidan seien aus den „Ultranationalisten“ die „nationalen Helden“ geworden. Der Rechte Sektor, erst mit nur einigen Zelten auf dem Platz, sei heute eine „große Partisanenbewegung“.
Ein begeisterter Holger Apfel
Die Kontakte der NPD in die Ukraine sind nicht neu. Schon im Mai 2013 besuchte eine Swoboda-Delegation um den Kiewer Parlamentsabgeordneten Mychajlo Holowok die NPD-Fraktion im sächsischen Landtag. Der damalige Fraktionsvorsitzende und NPD-Bundeschef Holger Apfel war begeistert: Swoboda sei „eine der bedeutendsten europäischen Rechtsparteien“.
Und: „Ich sehe gute Voraussetzungen der Zusammenarbeit“ im „gemeinsamen Bestreben nach einem Europa der Vaterländer als Gegenmodell der EU-Diktatur der Brüssler Eurokraten.“ Die seien „nichts anderes“ als „willfährige Erfüllungsgehilfen des internationalen Finanzkapitals“. Die Swoboda-Delegation schreckte der Tonfall nicht. Ihr Chef Oleg Tjagnibock spricht selbst von der „Nation“ als „Einheit von Blut und Geist“, wettert gegen eine „russisch-jüdische Mafia“.
Bei dem Treffen im sächsischen Landtag versprach Apfel, dass seine NPD nach der Europawahl Ende Mai die Kontakte zur Allianz der Europäischen Nationalen Bewegung, einem Zusammenschluss rechtsextremer Parteien, intensivieren werde. Auch dort mit dabei: Swodoba.
EU verhandelt mit Swoboda
Das Europäische Parlament warnte bereits im Dezember 2012 in einer Resolution vor Swoboda: Die Partei stehe mit ihrer „rassistischen, antisemitischen und ausländerfeindlichen Auffassung im Widerspruch zu den Grundwerten und Grundsätzen der EU“. Die Empfehlung des Parlaments: keine Assoziationen, keine Koalitionen. Nur: In Kiew verhandelt die EU derzeit wie selbstverständlich mit Swoboda. In einer Antwort der Bundesregierung auf eine Linken-Anfrage heißt es, die EU-Delegation lade „regelmäßig“ alle Vertreter der Opposition zu Gesprächen ein. Auch die Swoboda.
Und auch die deutsche Regierung scheut den Kontakt nicht. So traf ihr Botschafter in Kiew im April 2013 den Swoboda-Fraktionschef Oleg Tjagnibok. Auch wurden Parteimitglieder seit 2012 zu drei Konferenzen der Konrad-Adenauer-Stiftung eingeladen, 2013 auch zu zwei „Studienreisen“ nach Berlin. Die Politologin Ludmila Lutz-Auras warnt vor der fehlenden Distanz. Diese habe dafür gesorgt, dass die gesellschaftliche Akzeptanz für die Rechtsaußen in der Ukraine gestiegen sei. Es sei befremdlich, dass sich die Regierung und das Europa-Parlament „selbst nicht mehr an die eigenen Empfehlungen“ hielten.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Interner Zwist bei Springer
Musk spaltet die „Welt“
Historiker Traverso über den 7. Oktober
„Ich bin von Deutschland sehr enttäuscht“
Nach dem Anschlag von Magdeburg
Wenn Warnungen verhallen
Kaputte Untersee-Datenkabel in Ostsee
Marineaufgebot gegen Saboteure
Elon Musk greift Wikipedia an
Zu viel der Fakten
Aufregung um Star des FC Liverpool
Ene, mene, Ökumene