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EurokolumneKein Währungskrieg, nirgends

Die Finanzminister der G-20-Staaten haben den Währungskrieg offiziell abgeblasen. Doch standen wir wirklich kurz vorm Abgrund und sind nun gerettet?

Wie jetzt? Harmonie der Währungen? Bild: ap

E in interessantes Wort schwirrte vergangene Woche durch die Medien: „Währungskrieg“. Die Weltbank fürchtete, dass er demnächst ausbrechen könne, die Europäische Zentralbank wiegelte eher ab und die Finanzminister der G-20-Staaten verkündeten nach eingehenden Beratungen: Wenn es nach ihnen gehe, sei der Krieg abgeblasen. Sind wir jetzt gerettet?

Der „Währungskrieg“ ist nicht die erste militärische Metapher, die benutzt wird, um das Treiben auf den Finanzmärkten zu beschreiben. Der US-Starinvestor Warren Buffet hat Kreditderivate einmal „Massenvernichtungswaffen“ genannt, und schon Lenin befand, immer wieder gern zitiert: „Wer die Kapitalisten vernichten will, muss ihre Währung zerstören.“

Die Realität sieht eher langweilig aus

taz
Ulrike Herrmann

ist taz-Wirtschaftskorrespondentin und ausgebildete Bankkauffrau. In ihrer Lehrzeit hat sie die erste große Aktienblase erlebt – in den 1980ern.

An dieser Stelle wechseln sich jeden Woche unter anderem ab: Gesine Schwan, Rudolf Hickel, Jens Berger.

Metaphorisch ist der „Währungskrieg“ also enorm aufgeladen, während die Realität eher langweilig wirkt. Wer nur den Eurokurs betrachtet, würde niemals auf den Gedanken verfallen, dass plötzlich Drama herrscht. Der Dollar steht bei 1,34 zum Euro – wie schon vor genau einem Jahr. Damals hatte jedoch niemand den Einfall, einen „Währungskrieg“ auszurufen. Was also ist in der Zwischenzeit geschehen?

Das Stichwort heißt Japan. Dort hat der neue Premier Shinzo Abe die Druckerpresse angeschmissen. Mit einer Flut von Yen will er eine künstliche Inflation erzeugen, um sein Land aus der sogenannten Deflationsfalle zu befreien. Seit Jahren sinken die Preise und die Löhne in Japan, was die Binnennachfrage lahmen lässt. Daher stagniert die Wirtschaft, was Preise und Löhne erneut nach unten drückt. Das Land ist in einer Deflationsspirale gefangen.

Japan verfolgt zwar vor allem binnenwirtschaftliche Ziele, aber natürlich bleiben externe Folgen nicht aus. Wenn ein Land plötzlich seine Geldmenge erhöht, dann sinkt der Kurs. Denn sobald mehr Yen im Umlauf sind, ist der einzelne Yen im Vergleich zum Euro oder zum Dollar weniger wert.

In Japan laufen die Notenpressen heiß

Für ausländische Kunden ist dies erfreulich, weil sie nun umgerechnet weniger für japanische Waren zahlen müssen. Genau diesen Effekt fürchten Europäer und Amerikaner: Indem die Japaner ihre Notenpresse anwerfen, versuchen sie nicht nur, ihre Binnenwirtschaft zu päppeln – gleichzeitig verbilligen sie ihre Exporte. Es scheint also tatsächlich ein „Währungskrieg“ zu toben, bei dem die Beute „Weltmarkt“ heißt.

Bevor jedoch alle mental zu den Waffen greifen, lohnt erneut ein Blick auf die Kurse. Es stimmt zwar, dass der Yen in den vergangenen Wochen dramatisch abgewertet hat: Im November stand er noch bei 102 zum Euro, jetzt ist er schon bei 124. Trotzdem ist der Yen immer noch deutlich höher bewertet als vor ein paar Jahren: Anfang 2008 lag er bei 165 zum Euro. Obwohl Japan die Notenpresse anwirft, gelingt es nicht, die Auswirkungen zu kompensieren, die die US-Finanzkrise und die Eurokrise auf den Yenkurs hatten.

Die eigentlichen Soldaten sind nicht die Nationalstaaten

Ein „Währungskrieg“ ist also nirgends zu sehen. Allerdings sollte man nicht umgekehrt annehmen, dass auf den Finanzmärkten jemals Frieden oder Normalität herrschte. Die Neoliberalen glauben zwar gern, dass die Finanzmärkte gegen ein Gleichgewicht tendieren, bei dem sich Angebot und Nachfrage zu einem „natürlichen“ Kurs finden. Auch die G 20 werden in Moskau eine Erklärung verabschieden, die dies sinngemäß behauptet. Aber das ist Unsinn. Die Währungskurse werden permanent und systematisch verzerrt – durch die Spekulation.

Dies ist der Fehler an der Metapher „Währungskrieg“: Sie unterstellt, dass die Nationalstaaten die Hauptakteure wären. Tatsächlich sind die Währungsmärkte eher ein großes „Kasino“, bei dem die Regierungen und Notenbanken nur einen kleinen Teil der Chips halten.

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Ulrike Herrmann
Wirtschaftsredakteurin
Der Kapitalismus fasziniert Ulrike schon seit der Schulzeit, als sie kurz vor dem Abitur in Gemeinschaftskunde mit dem Streit zwischen Angebots- und Nachfragetheorie konfrontiert wurde. Der weitere Weg wirkt nur von außen zufällig: Zunächst machte Ulrike eine Banklehre, absolvierte dann die Henri-Nannen-Schule für Journalismus, um anschließend an der FU Berlin Geschichte und Philosophie zu studieren. Sie war wissenschaftliche Mitarbeiterin der Körber-Stiftung in Hamburg und Pressesprecherin der Hamburger Gleichstellungssenatorin Krista Sager (Grüne). Seit 2000 ist sie bei der taz und schreibt nebenher Bücher. Ihr neuester Bestseller heißt: "Das Ende des Kapitalismus. Warum Wachstum und Klimaschutz nicht vereinbar sind - und wie wir in Zukunft leben werden". Von ihr stammen auch die Bestseller „Hurra, wir dürfen zahlen. Der Selbstbetrug der Mittelschicht“ (Piper 2012), „Der Sieg des Kapitals. Wie der Reichtum in die Welt kam: Die Geschichte von Wachstum, Geld und Krisen“ (Piper 2015), "Kein Kapitalismus ist auch keine Lösung. Die Krise der heutigen Ökonomie - oder was wir von Smith, Marx und Keynes lernen können" (Piper 2018) sowie "Deutschland, ein Wirtschaftsmärchen. Warum es kein Wunder ist, dass wir reich geworden sind" (Piper 2022).
Ulrike Herrmann
Wirtschaftsredakteurin
Der Kapitalismus fasziniert Ulrike schon seit der Schulzeit, als sie kurz vor dem Abitur in Gemeinschaftskunde mit dem Streit zwischen Angebots- und Nachfragetheorie konfrontiert wurde. Der weitere Weg wirkt nur von außen zufällig: Zunächst machte Ulrike eine Banklehre, absolvierte dann die Henri-Nannen-Schule für Journalismus, um anschließend an der FU Berlin Geschichte und Philosophie zu studieren. Sie war wissenschaftliche Mitarbeiterin der Körber-Stiftung in Hamburg und Pressesprecherin der Hamburger Gleichstellungssenatorin Krista Sager (Grüne). Seit 2000 ist sie bei der taz und schreibt nebenher Bücher. Ihr neuester Bestseller heißt: "Das Ende des Kapitalismus. Warum Wachstum und Klimaschutz nicht vereinbar sind - und wie wir in Zukunft leben werden". Von ihr stammen auch die Bestseller „Hurra, wir dürfen zahlen. Der Selbstbetrug der Mittelschicht“ (Piper 2012), „Der Sieg des Kapitals. Wie der Reichtum in die Welt kam: Die Geschichte von Wachstum, Geld und Krisen“ (Piper 2015), "Kein Kapitalismus ist auch keine Lösung. Die Krise der heutigen Ökonomie - oder was wir von Smith, Marx und Keynes lernen können" (Piper 2018) sowie "Deutschland, ein Wirtschaftsmärchen. Warum es kein Wunder ist, dass wir reich geworden sind" (Piper 2022).
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4 Kommentare

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  • WW
    Wolfgang Werkmeister

    20.2.13 Zu einem Währungskrieg darf es nicht kommen. Dies hätte fatale Folgen für alle betroffenen Nationen.Wenn eine Währung, wie der Euro zu stark, sprich zu teuer wird, verzerrt dessen Aufwertung den Wettbewerb im globalen Warenhandel. Das Gleichgewicht im Handel zwischen zwei verschiedenen Währungsgebieten gerät in Unordnung, wenn die Waren in einem der beiden Währungsgebiete über die Politik künstlich verteuert werden. Raubeinkapitalismus pur. Die Güter in Ländern wie Deutschland oder in den südeuropäischen Olivenländern, die mit dem aufgewerteten Euro plötzlich teurer bezahlt werden müssen, geraten preislich in Nachteil. So kann ein künstlich zu stark gehaltener Euro den Menschen im eigenen Währungsgebiet schaden. So stellt sich die Eurokrise einmal aus einer anderen Sicht, denn nicht nur ein zu schwacher, sondern auch ein zu starker Euro kann eine Krise auslösen, wenn sich das Gleichgewicht destabilisiert. Wir haben es derzeit mit einem Währungskrieg zu tun, in dem sich jene Länder künstlich Vorteile verschaffen, die ihre Notenpresse trotz der inflationären Gefahren stärker in Gang halten, als andere. Allen voran Japan und die USA. Kann ein Währungsgebiet wie Euroland, in dem mit dem teurer gewordenen Euro bezahlt werden muss, aufgrund seiner starken Währung preislich mit den Mitbewerbern anderer Währungen nicht mehr mithalten, droht wirtschaftlicher Niedergang. Wir haben es derzeit mit einer Art Krieg zu tun, der auf dem Schlachtfeld der Währungen ausgetragen wird und in der Folge die Wirtschaft der betroffenen Länder tangiert. So könnten zusätzlich zur vorherrschenden Arbeitslosigkeit in einigen südeuropäischen Ländern, aber auch im Herzen Europas, viele tausend Arbeitsplätze auf dem Spiel stehen, wenn der Abwertungskrieg fortgesetzt wird. Erste Entlassungswellen schwappen bereits über die EU. Die Gewinner einer Abwertungsschlacht sind Japan und die USA, denn deren Waren verbilligen sich künstlich zugunsten ihrer Wirtschaft. Auch ein zu starker Euro kann schaden. Eurokrise mal ganz anders betrachtet. Krisen kennen im Raubeinkapitalismus viele Gesichter. Wolfgang Werkmeister, Buchautor, Eschborn

  • F
    FRITZ

    Liebe Frau Herrmann,

     

    in Ihrer wirtschaftwissenschaftlichen Weisheit möchten Sie vielleicht noch ausführen, wie wir den Unterschied zwischen Währungshandel und Währungspekulation definieren. Währungshandel brauchen wir ja zur Preisfindung (darum geht es ja bei der ganze Debatte: dass verhindert werden soll, dass die Währungspreise nicht mehr auf dem Markt, sondern in der Notenpresse gemacht werden). Währungs"spekulation" finden Sie aber nicht so dolle.

     

    Also: Butter bei die Fische: was ist Spekulation, was Handel?

     

    Und wenn Sie da keine trennscharfe Abgrenzung finden (wovon ich ausgehe), was ist dann die Antwort? Goldstandard und feste Wechselkurse? Topp Idee. (Hatte, glaube ich, schon mal jemand.)

     

    Resigniert kopfschüttelnde Grüße

    F

  • W
    Wolf

    Raus aus der EU, raus aus der Währungsunion, weg vom dreckigen Euro.

    Keinesfalls weitere Steuergelder für die Geldwäscher/Mafiosis in Zypern.

     

    Mit ESM, Fiskalpakt, Rettungspaketen haben wir unendlichen Generationen eine nicht tragbare Last

    aufgebürdet.

     

    Politiker, die für den EU-Wahnsinn gestimmt haben sollten sich auf ihren Gesundheitszustand untersuchen lassen.

     

    Die sehr hohen und weitläufigen Pensionslasten für die EU mit allen ihren unnötigen Nebenbehörden werden wir bald nicht bezahlen können.

     

    Es kann nur noch einen Weg geben, den richtigen und von der Masse der Bevölkerung getragenen, wieder hin zur eigenverantwortlichen staatlichen Souveränität ohne dieses Abzocker-Europa.

    Alles andere ist sozial- und wirtschaftlicher Selbstmord und ein Verbrechen am Volk !

     

    Deshalb wählen wir nicht CDU/CSU, nicht SPD, nicht FDP, nicht Grüne und nicht Linke.

    Alles Parteien, die uns den Alptraum Europa als Diktat aufgezwungen haben !

     

    Habe einen interessanten Artikel gefunden und es soll beii lifegen noch weitere zu dem Thema geben:

     

    "EU steht womöglich kurz vor der Währungsreform

     

    Die Länder der Europäischen Union stehen auf Grund der desolaten Staatsverschuldung womöglich vor einer konzertierten Währungsreform mit Abspaltung einzelner Länder aus dem Euro-Verbund. Bezogen auf das BIP würden vermutlich lediglich Estland, Rumänien, Polen und Bulgarien ihre Schuldenprobleme lösen können - der ehemalige Westen hingegen steht praktisch vor dem Kollaps. Zu diesem Ergebnis gelangt eine Analyse von LifeGen.de die wir in Kürze an dieser Stelle vorstellen."

    Quelle: lifegen 2010-02-13

  • G
    Gomera-Bill

    Würde Deutschland aus der Euro-Zone ausscheiden, müssten wir ca. 1,8 Billionen Euro zahlen. Rund 2 Billionen haben wir bereits an Staatsschulden. Manche meinen, wir wären jetzt erpressbar. Wir sollten den Mut aufbringen, den Spiess umzukehren. Die Empfängerländer wissen genau, wie man dem Nettozahler Angst macht. Ende der Euro-Zone passt derzeit genau in diese Landschaft einer Abwertungsrally.