piwik no script img

Ethnologische Ausstellung im „Schloss“Urmutter Ngonnso soll zurück

Bei der Eröffnung der Ethnologischen Abteilung im Humboldt Forum mahnt die nigerianische Schriftstellerin Chimamanda Ngozi Adichie Rückgaben an.

Gute Miene: Hartmut Dorgerloh (HF), Frank-Walter Steinmeier, Chimamanda Adichie, Monika Grütters Foto: Britta Pedersen/AP/DPA

Berlin taz | Anlässlich der Eröffnung der Ethnologischen Sammlungen im Humboldt Forum protestierten am Mittwoch vor dem Lustgarten rund 150 Menschen gegen die Ausstellung von Raubkunst und forderten die Rückgabe von Objekten. Unter den DemonstrantInnen befand sich auch eine sechsköpfige Delegation vom Volk der Nso aus Nordwest-Kamerun. Sie fordern die Rückgabe von Ngonnso, einer Holzstatue aus dem 19. Jahrhundert, die die Gründerin der Nso repräsentiert.

Die Statue sei 1902/03 von den deutschen Kolonialisten gestohlen worden, sagte die Sprecherin der Gruppe, Njobati Sylvie Vernyuy, der taz. In Kamerun sei sie bis heute „kulturell sehr wichtig“ und werde bei Ahnenkulten verehrt, seit über 40 Jahren forderten die traditionellen Führer der Nso ihre Rückgabe. Doch die Stiftung Preußischer Kulturbesitz (SPK) habe auf entsprechende Anfragen immer erwidert, Ngonnso sei rechtmäßiger Besitz Berlins, allenfalls sei man bereit, sie für eine gewisse Zeit auszuleihen.

Das Thema Kolonialismus und Raubkunst war zeitgleich im Schloss bei der feierlichen Eröffnung mit Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier ebenfalls Thema. Steinmeier sagte laut Redemanuskript, das Unrecht der deutschen Kolonialzeit sei bis heute nicht umfassend aufgearbeitet und von Politik wie Gesellschaft lange verdrängt worden. Dies gelte auch für Ethnologische Museen und die Herkunft ihrer Objekte. „Das heißt auch, dass wir das Gespräch suchen müssen: mit den Ländern und Regionen, aus denen diese Artefakte stammen“, so Steinmeier.

Den Kamerunern vor der Tür reicht dies nicht. „Es wird immer von Dialog geredet, aber das ist nicht ehrlich. Wir wollen Ngonnso zurück, so schnell wie möglich“, so Vernyuy draußen. Drinnen beim Festakt fand auch Chimamanda Ngozi Adichie deutliche Worte. Die weltbekannte und vielfach ausgezeichnete nigerianische Schriftstellerin, die in Nigeria und den USA lebt, sagte in ihrer Rede: Wenn die europäischen Staaten ihr eigenes Reden von Rechtsstaatlichkeit und Demokratien ernst nehmen, müssten sie geraubte Objekte und Kunstwerke zurückgeben. Dies beträfe gewiss nicht alle Objekte hiesiger Museen, aber viele.

Auch Ngonnso sei geraubt, so Adichie, niemand gebe freiwillig seine Götter her. „Das sind Wunden, die sind teilweise nicht zu sehen. Aber wir tragen sie in unseren Herzen.“

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

0 Kommentare