Eskalation in Thailand: Wahlen in Gefahr
Zwei Sprengsätze detonieren an einem Protestcamp thailändischer Regierungsgegner. Langsam wird es fraglich, ob die Wahlen tatsächlich stattfinden.
BANGKOK taz | Es geschieht innerhalb weniger Minuten am Sonntagmittag: Unbekannte schleudern zwei Sprengsätze auf ein Protestcamp der Regierungsgegner am Siegesmonument, einem Verkehrsknotenpunkt in Thailands Hauptstadt Bangkok. Mindestens 29 Menschen werden verletzt, teilt das medizinische Notfallzentrum Erawan mit, davon sieben Menschen schwer.
Im Zuge der anhaltenden Proteste gegen die Regierung unter Premierministerin Yingluck Shinawatra nimmt die Gewalt fast täglich zu. Erst am Freitag hatte es während einer Kundgebung von Regierungsgegnern eine Explosion gegeben, in deren Folge ein Demonstrant getötet und Dutzende verletzt worden waren. Noch ist unklar, wer dahintersteckt. Allerdings dürfte der Regierung die Gewalt am wenigsten nützen. Yingluck kommt es darauf an, die Situation vor den für den 2. Februar geplanten Wahlen zu beruhigen.
Ob es angesichts der Eskalation zum Urnengang kommt, erscheint jedoch immer fraglicher. Die Protestbewegung um Suthep Thaugsuban hat wiederholt deutlich gemacht, dass sie weder an einem Kompromiss noch an Neuwahlen interessiert ist, bei denen das von der Opposition verhasste „Thaksin-Regime“ erneut gewinnen dürfte. Die Protestler halten Premierministerin Yingluck für eine Marionette ihres Bruders, des 2006 vom Militär entmachteten Regierungschefs Thaksin Shinawatra.
Anstelle der Regierung wollen Suthep und seine Anhänger einen demokratisch nicht legitimierten „Volksrat“ einsetzen. Unter dem Deckmantel angekündigter Reformen wollen Suthep und seine Unterstützer aus den Kreisen der alteingesessenen Bangkoker Elite, Technokraten und Militärs sicherstellen, dass das Thaksin-Lager politisch keinen Fuß mehr auf den Boden bekommt.
Verfahren gegen die Regierungspartei
Zudem drohen Yinglucks Partei Puea Thai nach Ansicht von Kritikern umstrittene juristische Verfahren: Die Antikorruptionsbehörde (NACC) hat entschieden, Ermittlungen gegen mehr als 300 Abgeordnete und Senatoren des inzwischen aufgelösten Parlaments einzuleiten. Bei den meisten handelt es sich um Mitglieder der Regierungspartei.
Die NACC beschuldigt sie, für eine Änderung der Verfassung gestimmt zu haben, die darauf abzielte, die Zahl der Senatsmitglieder auf 200 zu erhöhen, die direkt gewählt werden sollten. Offensichtlich befürchtet man eine weitere Machtkonsolidierung des Thaksin-Lagers. Derzeit besteht der 150-köpfige Senat aus 76 direkt gewählten und 74 ernannten Mitgliedern.
Bei einem Schuldspruch könnten die betreffenden Abgeordneten für fünf Jahre aus der Politik verbannt werden. Kritiker sprechen von dem Versuch, die Yingluck-Regierung durch einen „juristischen Putsch“ loszuwerden, wie er Ende 2008 gegen die damalige Thaksin-nahe Regierung stattgefunden hatte.
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