Eskalation im Nahost-Konflikt: Raketen gegen Bomben
Die Hamas hat ihre Raketenangriffe auf israelische Städte ausgeweitet. Unterdessen bombardierte Israel mehr als 270 Ziele im Gazastreifen. Die Opferzahl steigt.
TEL AVIV/BRÜSSEL dpa | Bei der israelischen Offensive gegen Extremisten im Gazastreifen sind am ersten Tag nach palästinensischen Angaben mindestens 25 Menschen getötet worden. Etwa 130 seien verletzt worden, berichteten Sanitäter und Sicherheitsleute in der Nacht zum Mittwoch.
Die radikalen Palästinenserorganisationen Hamas und Islamischer Dschihad setzten unterdessen ihren Raketenbeschuss Israels fort. Die Angriffe wurden sogar auf die israelischen Großstädte Tel Aviv und Jerusalem ausgeweitet. Extremisten hätten mehr 150 Raketen auf Israel abgefeuert, schrieb die Zeitung Times of Israel am frühen Mittwochmorgen. Seit Beginn der Offensive habe Israel mehr als 270 „Terrorziele“ im Gazastreifen angegriffen, sagte der Sprecher der Streitkräfte, Brigadegeneral Moti Almoz am Dienstagabend nach Angaben des Onlineportals Ynet.
Palästinenserpräsident Mahmud Abbas kündigte als Reaktion auf den eskalierten Nahost-Konflikt für Mittwoch ein Krisentreffen seiner Regierung an. Das berichtete der israelische Rundfunk. Ägyptens Präsident Abdel Fattah al-Sisi habe Abbas am Telefon zugesichert, sein Land werde sich für einen Waffenstillstand zwischen Israel und der radikalislamischen Hamas einsetzen, hieß es weiter. Die Arabische Liga forderte den UN-Sicherheitsrat in New York auf, eine Dringlichkeitssitzung wegen der Lage in Nahen Osten abzuhalten, schrieben die israelische Zeitung Haaretz und die palästinensische Nachrichtenagentur Wafa am Dienstag.
Bei einem israelischen Luftangriff auf den Gazastreifen sind nach Angaben palästinensischer Medien in der Nacht zum Mittwoch mindestens sechs Menschen in einem Haus in Beit Hanun getötet worden. Der Schlag habe sich gegen ein führendes Mitglied des militärischen Arms des Islamischen Dschihad gerichtet. Der Mann und fünf Familienmitglieder seien getötet worden, berichteten Haaretz online und die palästinensische Nachrichtenagentur Maan.
„Die Samthandschuhe ausziehen“
Auslöser der jüngsten Runde der Gewalt waren die Entführung und die Ermordung von drei jüdischen Teenagern am 12. Juni sowie der mutmaßliche Rachemord an einem palästinensischen Jugendlichen in der vergangenen Woche. Israel ist seit der Entführung massiv gegen die Infrastruktur der Hamas im Westjordanland vorgegangen und hat Hunderte Mitglieder der Organisation festgenommen.
Nach Angaben des israelischen Militärsprechers Arye Shalicar hat die Armee die Mobilisierung von bis zu 40.000 Reservesoldaten bewilligt. Ministerpräsident Benjamin Netanjahu kündigte an, im Kampf gegen die Hamas sei es an der Zeit, „die Samthandschuhe auszuziehen“.
Israel will mit der Operation „Zuk Eitan“ (Fels in der Brandung) den ständigen Raketenbeschuss seiner Ortschaften unterbinden. Nach palästinensischen Angaben wurden auch ranghohe Hamas-Aktivisten getötet, darunter der Marinekommandeur Raschid Jassin. Seit Beginn der israelischen Luftoffensive seien von palästinensischer Seite etwa 130 Raketen auf israelische Ortschaften abgefeuert worden.
Die EU reagierte extrem beunruhigt auf die eskalierende Gewalt in Nahost. „Wir verfolgen die sich rasch verschlechternde Lage im Süden Israels und im Gazastreifen mit schwerer Besorgnis“, erklärte ein Sprecher der EU-Außenbeauftragten am Dienstagabend in einer in Brüssel veröffentlichten Mitteilung. „Die EU verurteilt das willkürliche Feuer auf Israel durch militante Gruppen im Gazastreifen scharf.“ Doch auch die wachsende Anzahl ziviler Opfer, insbesondere Kinder, durch israelisches Gegenfeuer verurteile die EU. Alle Seiten müssten „äußerste Zurückhaltung“ walten lassen und alles an eine sofortige Waffenruhe setzen.
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