Erster deutscher ISS-Chef Alexander Gerst: Mit Käsespätzle ins All
Astronaut Alexander Gerst fliegt am Mittwoch für einige Monate auf die Internationalen Raumstation ISS. Er ist der post-heroische Mann im Weltraum.
Für die halbjährige Reise in den Weltraum brauche man, sagte mir Alexander Gerst in einem Interview, keine Koffer wie für den Urlaub zu packen. Um Nahrung, Waschzeug und Kleidung kümmere sich die Raumfahrtagentur. Sein einziges Gepäck sei ein kleiner Beutel mit Fotos und Andenken von seiner Familie.
Am Mittwochmittag fliegt Gerst mit seinem kleinen Beutel zum zweiten Mal in den Kosmos. In den kommenden Monaten wird er als erster deutscher Kommandant der Internationalen Raumstation ISS die Welt 2.566-mal umrunden. Die Mission „Horizons“ soll wissenschaftliche Erkenntnisse in den Bereichen der Biologie, Medizin, Werkstofftechnik und Physik erbringen. Der Rückflug ist für den 12. Dezember geplant.
Alexander Gerst, der am am 3. Mai 1976 im baden-württembergischen Künzelsau geboren wurde, hat Geophysik studiert und wurde, nachdem er sich in einem Auswahlverfahren der ESA gegen 8.407 andere Bewerber durchgesetzt hatte, 2010 offiziell zum Astronauten ernannt. Inzwischen hat man einen Asteroiden nach ihm benannt, er hat das Bundesverdienstkreuz erhalten, und die Kanzlerin hat ihm per Videobotschaft eine gute Reise in den Weltraum gewünscht.
Alexander Gerst hat das Zeug zu Everybody’s Darling: Er sieht gut aus, ist eloquent, zeigt Gefühle, hat ein sympathisches Lächeln, sorgt sich um den Planeten Erde und isst im Weltraum am liebsten seine schwäbischen Heimatgerichte Käsespätzle und Maultaschen, die von den Weltraumköchen eigens nach seinem Geschmack kreiert worden sind. Gerst ist, anders als viele seiner Haudegen-Vorgänger, der post-heroische Mann im Weltraum, der via Twitter und Facebook seinen Kosmonauten-Alltag mit den Menschen auf der Erde teilt.
„Astro-Alex“, so sein digitaler Name, hat inzwischen 1.09 Millionen Follower auf Twitter. Vor ein paar Tagen zwitscherte er: „Letzte Nacht gewaltiges Gewitter über Baikonur, unzählige Blitze in den Wolken über mir. Stand 2 Stunden lang draußen & habe beobachtet, wie es über die dunkle Steppe zieht, Richtung Startplattform. Vielleicht letzter Regen für 1/2 Jahr. Werde diesen Planeten vermissen.“ Dieser ins Kitsch neigende Ton hat ihn zum Schwiegermuttertraum gemacht: „Beim Sonnenaufgang aus dem Orbit“, verriet Gerst via Twitter bei seinem letzten Weltraumaufenthalt, habe er „jedes Mal eine Träne im Auge“. Nun ja, die Sonne geht aus der ISS-Perspektive 16-mal am Tag auf.
Aber seien wir nicht zu kritisch. Gersts Anliegen sind durchaus erstrebenswert. So sagte er 2016 im Interview mit der taz: „Wenn man alle Teilnehmer einer Klimakonferenz nur für einen Tag in der Raumstation fliegen lassen würde und sie von oben sehen könnten, wie viel Regenwald schon weg und wie zerbrechlich unsere Atmosphäre ist, würden sie die Verantwortung, die in ihren Händen liegt, vermutlich noch intensiver wahrnehmen und nachhaltigere Entscheidungen treffen.“ In letzter Konsequenz kann dieser Satz nur eines bedeuten: Schickt Donald Trump endlich in das Universum.
Leser*innenkommentare
mowgli
Zitat: “In letzter Konsequenz kann dieser Satz nur eines bedeuten: Schickt Donald Trump endlich in das Universum.“
Da war wohl wieder der Wunsch der Vater des Gedanken. Ich fürchte nur, man hat sehr viel leichter Zugang zu einer Klimakonferenz als zu einer Raumstation.
Wenn Gerst unter 8.408 Menschen ausgewählt wurde, dann war das sicherlich nicht nur sein „Verdienst“. Wenn der Mann nur halb so „postheroisch“ ist wie hier besungen, hat er sich seinen Startplatz nicht gegen 8.407 andere Leute erkämpft, sondern vor allem gegen sich selbst. Wahrscheinlich war es genau das, was ihn qualifiziert hat.
So eine Mission ist immer noch kein Alltag. Sie ist unglaublich teuer, ausgesprochen riskant und vor allem ist sie Teamarbeit. Weder auf dem Boden noch im Orbit kann man dafür aggressive Ego-Shooter brauchen. Die würden einfach viel zu teuer werden.
Demokratie wird leider nur selten von Leuten gemacht, die sich der Tragweite ihrer Entscheidungen bewusst sind. Sie geht häufig genug auf das Konto von Laien, die weder inhaltlich noch im Umgang mit (Eigen-)Verantwortung „geschult“ sind. Im Ergebnis landen dann Leute wie Trump im Weißen Haus oder auf Klimakonferenzen.
Würde man die in eine Raumkapsel sperren und Richtung ISS schießen, wäre das Vorhaben schon vor dem Start gescheitert. Einfach deswegen, weil diese Leute nicht zum Realismus fähig sind. Weder in Bezug auf die eigenen Fähigkeiten, noch im Bezug auf die Fähigkeiten anderer.
Ich denke, man muss Gersts Satz abwandeln: Wenn man alle Teilnehmer einer Klimakonferenz in der Raumstation fliegen lassen KÖNNTE, würden sie sicher sehr viel nachhaltiger entscheiden. Aber nicht, weil so ein Flug Menschen total verändert, sondern weil sie vorher schon vernünftig waren – genau wie die, die sie entsandt haben.
Tump käme unter solchen Voraussetzungen dann ganz sicher nie in eine Raumkapsel. Schade eigentlich. Er wird uns wohl auch künftig immer mal wieder an unser eigenes Versagen erinnern.
Mardersperger
Es fliegen aber auch die Maus und der Elefant von der Sendung mit der Maus mit. Meine Kinder sind schon sehr aufgeregt was die 3 aus dem Weltraum zu berichten haben! Ich auch! Gute Reise und eine tolle Zeit da oben! Kommt gesund wieder!