Erster Strafprozess nach Neonazi-Überfall: Gefängnis für Connewitz-Randalierer
Obwohl ihnen kein Steinwurf nachgewiesen werden kann, sind zwei Männer wegen schweren Landfriedensbruchs zu Haftstrafen verurteilt worden. Weitere Prozesse folgen.
Die Verteidigung hatte einen Freispruch gefordert. Amtsrichter Marcus Pirk war jedoch der Meinung, alle Beteiligten hätten ein „Riesenglück“ gehabt, dass nicht noch mehr passiert sei. Der Aufmarsch der 250 bis 300 Rechten durch den linksgeprägten Stadtteil Connewitz im Leipziger Süden sei aus seiner Sicht eine gezielte Provokation gewesen. Wären gewaltbereite Vertreter der linken Szene an dem Abend im Viertel gewesen, hätte es leicht Verletzte geben können.
Am Abend des 11. Januar 2016 war eine Gruppe aus schwarz gekleideten und größtenteils vermummten Personen randalierend und mit Schlagstöcken, Holzlatten und Äxten bewaffnet durch eine Straße in Connewitz gezogen. Gleichzeitig hatte in der Innenstadt die fremdenfeindliche „Legida“-Bewegung mit einer Demonstration ihren Jahrestag begangen. Es wird davon ausgegangen, dass sich deswegen auch ein Großteil der linken Szene in der Innenstadt aufhielt. Im Süden wurden insgesamt 25 Geschäfte und Bars demoliert und 18 Fahrzeuge beschädigt. Einige Randalierer zündeten Böller und Leuchtraketen, ein Dachstuhl geriet in Brand. Es entstand ein Sachschaden von rund 113.000 Euro.
Die Staatsanwaltschaft konnte Martin K. und Dennis W. zwar keine Beschädigung direkt nachweisen, ein solcher Vorwurf war aber auch nicht Bestandteil der Anklage. Verurteilt wurden sie, weil sie als Teil der Gruppe Solidarität mit den Straftätern gezeigt und ihnen Schutz geboten hätten, wie Staatsanwältin Sandra Daute erklärte. Nachdem ein Täter etwa aus der Gruppe ausgebrochen sei und ein Schaufenster zertrümmert hätte, habe er wieder in ihr untertauchen können. Unter den insgesamt 215 Festgenommen hatten sich auch bekannte Hooligans und Rechtsextreme befunden.
91 weitere Prozesse zu Connewitz sollen folgen
Am Donnerstag wurde vor Gericht noch Videomaterial gezeigt, in dem in Ansätzen zu erkennen war, wie Einzelne immer wieder aus dem Pulk heraus Ladengeschäfte angriffen. Zeugen hatten zum Beginn der Verhandlung vor etwa einer Woche ausgesagt, die Gruppe habe sehr geschlossen und insgesamt gewaltbereit gewirkt. Auf den Videos war auch die Festsetzung der Randalierer in einer Seitenstraße zu sehen. In dem Pulk hatte die Polizei auch die zwei Verurteilten festgestellt. Diese hatten sich mit keiner Silbe zu den Vorwürfen geäußert.
Nach Ansicht der Verteidigung, die einen Freispruch für beide forderte, habe nicht einmal ansatzweise nachgewiesen werden können, ob und wann die Männer Teil der randalierenden Gruppe gewesen seien. Es gebe keine DNA-Spuren, keine Handy-Daten oder Hinweise auf ihre Wege und Motive. Es könne nicht ausgeschlossen werden, dass sie zufällig in die Gruppe gerieten, die von der Polizei festgesetzt wurde. Wie vor Gericht aber noch einmal deutlich wurde, hatten sie sich aber auch nicht bei den Beamten gemeldet und über ein Missverständnis geklagt.
Der Prozess war der erste von insgesamt 92, die im Zusammenhang mit den Krawallen im Januar 2016 vor dem Leipziger Amtsgericht verhandelt werden. Insgesamt hat die Leipziger Staatsanwaltschaft 103 Anklagen gegen 202 Tatverdächtige an mehreren Amtsgerichten in der Region erhoben. Weitere Fälle wurden nach Dresden abgegeben. Ein erstes, noch nicht rechtskräftiges Urteil hatte das Landgericht Dresden gegen einen Mann erlassen, der sich im selben Prozess auch wegen anderer Straftaten verantworten musste.
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