Erster Sieg für Braunschweigs Fußballer: Zum Sieg gegrübelt
Eintracht Braunschweig gewinnt das Derby gegen Wolfsburg taktisch geschickt und hochmotiviert mit 2:0.
WOLFSBURG taz | Die Sache mit dem Fenster: Als Dieter Hecking und sein Trainerkollege Torsten Lieberknecht am Samstag vor die Fernsehkameras traten, hätte der eine es wohl gerne so fest verschlossen wie möglich, während der andere wenig gehabt haben dürfte gegen das, was da hereindrang: Draußen nämlich, vor dem Wolfsburger Stadion, feierten die Fans von Eintracht Braunschweig den Sieg ihrer Mannschaft: Am Ende einer spannenden Partie hatten sich die Rivalen mit 0:2 getrennt.
Moneten gegen Mut, Millionäre gegen Männer, das ist so die Art Bild, die gewählt wird, wenn ein finanzstarker Verein wie der VfL Wolfsburg über einen minderbemittelten Aufsteiger wie Eintracht Braunschweig stolpert. Doch zeigten sich in dem Spiel vor 30.000 Zuschauern noch feinere Unterschiede.
So ist der runderneuerte VfL Wolfsburg unter der Regie von Geschäftsführer Klaus Allofs und Trainer Hecking solider geworden, vernünftiger – die Resultate aber sind zum Jammern für einen Club, der derart viele brasilianischen Stars wie Diego, Naldo und Gustavo aufbieten kann. „Wir wollten heute kopflos durch die Wand“, sagte Hecking, dessen Mannschaft immer dann in Bedrängnis kommt, wenn Spielgestalter Diego einen schlechten Tag hat und Ivica Olić als einzige Spitze überfordert ist.
Dummerweise war nun beides der Fall gegen tapfere Braunschweiger, die nach einem Fehler im Wolfsburger Mittelfeld klug konterten und durch Karim Bellarabi (31.) mit 1:0 in Führung gingen. Trotz geringerer Zahl an Torschüssen und gewonnenen Zweikämpfen wurde die Eintracht am 8. Spieltag der Fußball-Bundesliga endlich die Last des ständigen Verlierens los.
Was zunächst an Lieberknechts taktischem Geschick lag: Er ärgerte die Wolfsburger mit einer Grundformation, die im Mittelfeld wenig zuließ, den VfL zu vielen Flanken zwang und vor dem eigenen Tor die Lufthoheit bewahrte. Vor allem aber war es dem Braunschweiger Trainer vor diesem Niedersachsen-Derby gelungen, alle moralischen Reserven zu mobilisieren, die des Teams und die seiner Anhänger.
Nach der 0:4-Heimpleite gegen den VfB Stuttgart hatte Lieberknecht noch den Eindruck erweckt, seine Ablösung sei nur eine Frage der Zeit. „Ich habe gegrübelt, das stimmt. Und ich grübele jetzt schon wieder“, sagte jener Mann, den die euphorischen Fans nun nach dem Schlusspfiff noch einmal zu einer ganz persönlichen Solo-Jubelarie zurück ins Stadion bestellten. „Wir waren fast 90 Minuten lang fehlerfrei und haben uns belohnt“, sagte ein gerührter Lieberknecht jetzt. „Es hat durchaus seine Berechtigung, dass wir in der Ersten Liga sind.“
„Wir wissen jetzt, dass wir nicht verzweifeln müssen“, meinte Eintracht-Torschütze Domi Kumbela, der erst in der Schlussphase eingewechselt worden war und nach einem Konter das 0:2 (86.) erzielt hatte. Fans, Trainer und Spieler feierten die Vorentscheidung so ausgelassen, als sei der Klassenerhalt bereits geschafft.
„Wir haben alles rausgeholt, was geht. Und dass es hier in Wolfsburg passiert – vielleicht war ein bisschen Romantik auch dabei“, sagte Braunschweigs Mittelfeldspieler Mirko Boland, bevor ihn sein Trainer erst zum Jubeln in die Kabine und danach zu zwei freien Tagen in den wohlverdienten Feierabend entließ.
Gegrübelt wird jetzt wohl in Wolfsburg – darüber, wie das alles passieren konnte. Die erste Heimniederlage des VfL in der laufenden Saison bedeutete eben auch den ersten Triumph für den ungeliebten Nachbarn.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!