Erster Queerbeauftragter Berlins: Ein unscharfes Aufgabenfeld
Das Land Berlin hat mit Alfonso Pantisano seinen ersten Queerbeauftragten. Lob kommt von Verbänden, die Grünen kritisieren.
„Alfonso wird von uns als streitbare Person, die anpackt, geschätzt“, bewertet Christopher Schreiber, Pressesprecher des Lesben- und Schwulenverbands (LSVD) Berlin-Brandenburg, die Besetzung.
Bis Anfang des Jahres war Pantisano Mitglied des LSVD-Bundesvorstands. Als SPD-Politiker war er außerdem bisher persönlicher Referent der SPD-Chefin Saskia Esken und zuvor in ähnlicher Funktion für Berlins Innensenatorin Iris Spranger (SPD) tätig. Durch seine Parteiarbeit bei SPDqueer Berlin war er zudem Mitglied des SPD-Landesvorstands, dieses Amt hat er aber mit seiner Ernennung zum Queerbeauftragten abgelegt.
Dieser Text stammt aus der wochentaz. Unserer Wochenzeitung von links! In der wochentaz geht es jede Woche um die Welt, wie sie ist – und wie sie sein könnte. Eine linke Wochenzeitung mit Stimme, Haltung und dem besonderen taz-Blick auf die Welt. Jeden Samstag neu am Kiosk und natürlich im Abo.
Das Aufgabenfeld der neu geschaffenen Stelle sei noch recht unklar, so Schreiber vom LSVD. So sei etwa unklar, ob die Stelle ein eigenes Budget erhalte. Bisher heißt es von der Senatsverwaltung für Arbeit und Soziales, Pantisano werde Repräsentationsfunktionen übernehmen und einen Runden Tisch zu Gewalt gegenüber queeren Menschen einrichten, der regelmäßig tagen solle.
Community außen vor
„Die Angst, die Hand des Partners in der Öffentlichkeit zu halten, ist immer da, in der ganzen Stadt. Das ist eine Ungerechtigkeit, die ich beseitigen will“, sagte Pantisano am Dienstag. Außerdem soll er die Queerbeauftragten der Berliner Bezirke koordinieren, bei diesen für „fachpolitische Vorhaben des Senats“ werben und das von der Regierungskoalition geplante Regenbogenhaus begleiten.
Während verschiedene queere Verbände positiv auf die Neuerungen in Berlin reagieren, kritisierten die queerpolitischen Sprecher:innen der Grünen-Fraktion im Abgeordnetenhaus, der Senat nehme der queeren Community eine wichtige Chance. So sei weder das Profil der Stelle mit der Community erarbeitet noch die Position öffentlich ausgeschrieben worden.
„Wir hoffen, dass der Beauftragte nicht nur die Punkte des schwarz-roten Koalitionsertrages abarbeitet“, sagte Sebastian Walter gegenüber der taz. Vielmehr müssten die Interessen der queeren Community beachtet werden. Pantisano widerspricht der Kritik: „Ich bin alles andere als ein Parteisoldat, ich habe meine Partei sofort kritisiert, wenn es um die Anliegen der queeren Community ging!“
Bisher hatte es in Berlin lediglich auf Bezirksebene Diversity- und Queerbeauftragte gegeben. Der Stadtstaat ist erst das zweite Bundesland, das einen Queerbeauftragten einsetzt, in Rheinland-Pfalz gibt es die Stelle schon seit 2016.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Rechtspopulistinnen in Europa
Rechts, weiblich, erfolgreich
Buchpremiere von Angela Merkel
Nur nicht rumjammern
Stellungnahme im Bundestag vorgelegt
Rechtsexperten stützen AfD-Verbotsantrag
#womeninmalefields Social-Media-Trend
„Ne sorry babe mit Pille spür ich nix“
Landesparteitag
Grünen-Spitze will „Vermieterführerschein“
Die Wahrheit
Herbst des Gerichtsvollziehers