piwik no script img

Erste schwedische MinisterpräsidentinAndersson kann es schaffen

Jan Feddersen
Kommentar von Jan Feddersen

Schweden hat seine Ministerpräsidentin. Wichtiger ist aber: Gelingt es ihr, rechte Bündnisse zu verhindern?

Magdalena Andersson wird Erste schwedische Ministerpräsidentin Foto: Erik Simander/TTNews/reuters

D ass Magdalena Andersson tatsächlich seit Mittwoch Schwedens Ministerpräsidentin ist, wird nicht nur in Skandinavien mit besonderer Erstauntheit zur Kenntnis genommen: Wie bitte – Schweden erst jetzt mit einer Frau an der Regierungsspitze?

In allen anderen nordeuropäischen Staaten ist es fast eine Banalität, wenn eine Frau den Kampf um höchste politische Ma­cht gewinnt. Völlig normal ist in Finnland, Dänemark, Island und vor allem in Norwegen, dass eine Frau eben die Leitlinien einer Regierung profiliert und durchsetzt.

Eine Frau im Amt zu haben, gilt in Nordeuropa weder als links, feministisch oder emanzipiert – in Norwegen amtierte bis vor Kurzem eine Regierungschefin, die ungefähr so neoliberal operierte wie einst Margaret Thatcher, obendrein unterstützt vom rechtspopulistischen Block im Parlament. Feministisch ist in Schweden allenfalls, dass eben auch in den erweiterten Führungen der anderen, liberalen, linken, konservativen bis rechtspopulistischen Parteien Frauen recht gleichberechtigt schalten und walten.

Wichtiger als die Geschlechtererwägung ist in Schweden indes die Frage: Rettet Magdalena Andersson, eine gewiefte, wie Olaf Scholz in der nun vormaligen Bundesregierung Finanzpolitikerin, die ton- und tatsachenangebende Sozialdemokratie vor dem Trend zur Kleinpartei?

Andersson hat keine eigene Mehrheit

Kann es mit ihr an der Spitze gelingen, die nahenden, weil als möglich signalisierten Allianzen von Bürgerlichen mit den Rechtspopulisten zu verhindern? Das Staatsbudget des nächsten Jahres ist bereits ein Thema, das die Opposition als gemeinsames Ziel anpeilt, und Andersson hat keine eigene Mehrheit, hier zu kontern.

Bürgerliche Po­li­ti­ke­r*in­nen in Schweden sind klug genug zu wissen, dass alle Fantasie wider die Mitte-links-Partei verwehen wird, sollte Andersson den Fehler machen und nur den grün-roten Bildungsbürgerschichten dienen. Sondern sie muss auch jenen nützlich sein, die keine akademischen Abschlüsse vorweisen können. Anderssons bisherige Politik lässt darauf schließen, dass sie genau das verstanden hat.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Jan Feddersen
Redakteur für besondere Aufgaben
Einst: Postbote, Möbelverkäufer, Versicherungskartensortierer, Verlagskaufmann in spe, Zeitungsausträger, Autor und Säzzer verschiedener linker Medien, etwa "Arbeiterkampf" und "Moderne Zeiten", Volo bei der taz in Hamburg - seit 1996 in Berlin bei der taz, Meinungs- und Inlandsredaktion, Wochenendmagazin taz mag, schließlich Kurator des taz lab und der taz Talks.. Interessen: Vergangenheitspolitik seit 1945, Popularkulturen aller Arten, politische Analyse zu LGBTI*-Fragen sowie zu Fragen der Mittelschichtskritik. RB Leipzig-Fan. Und er ist seit 2011 mit dem in Hamburg lebenden Historiker Rainer Nicolaysen in einer Eingetragenen Lebenspartnerschaft, seit 2018 mit ihm verheiratet. Lebensmotto: Da geht noch was!
Mehr zum Thema

0 Kommentare

  • Noch keine Kommentare vorhanden.
    Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!