Eröffnung der Special Olympics in Berlin: Schönes Durcheinander
Tausende Athleten und Athletinnen feierten den Beginn der Special Olympics World Games in Berlin. Einiges läuft nicht nach Plan, aber das ist gut so.
Berlin taz | Wir sind viele, wir sind laut und wir gehören dazu. Das ist ihre Botschaft und sie ist im Berliner Olympiastadion, das passend dazu in buntesten Farben erstrahlt, hautnah zu spüren.
Am Samstagabend sind die Special Olympics World Games eröffnet worden. Es ist die größte inklusive Sportveranstaltung der Welt für Menschen mit geistiger oder mehrfacher Behinderung. Mit über 50.000 jubelnden Zuschauern auf den Rängen und Tribünen feiern etwa 6.500 Athleten und Athletinnen den Beginn ihrer Wettkämpfe in Berlin.
Über zwei Stunden wird die Parade der Delegationen von inklusiven DJ-Teams mit Musik begleitet. Die untergehende Sonne über Berlin unterstreicht die Schönheit dieses Abends.
Die Delegationen der Länder nehmen nach einer kurzen Strecke auf der Laufbahn mitten im Stadion Platz. Manche tragen Ohrenschutz, manche tanzen, manche sitzen und staunen. Von dort können sie die Veranstaltung verfolgen oder aktiv dabei sein: als DJ oder Redenhalterin.
Welche Regeln brauchen wir?
Als die Flamme des olympischen Feuers in das Stadion getragen wird, gehen die Athleten aus Sicht der Veranstalter häufiger in die völlig falsche Richtung. Mehrere Athletinnen oder Athleten laufen scheinbar willkürlich durch das Stadion und werden von freiwilligen Helfern wieder eingereiht. Die Herausforderung: Finde den nächsten Fäckelläufer für den Staffellauf zwischen lauter Musik, Tausenden Menschen und fliegenden Kameras.
Als die deutsche Basketballikone Dirk Nowitzki mit der Athletin Hanna Joy Atkinson spricht, redet diese frei heraus und ohne Vorlage. Der NBA-Champion Nowitzki erinnert sie an den Text, der offenbar geplant war. Andererseits sind die Gefühle in Atkinsons Gesicht so unmittelbar, so nah. Es braucht eigentlich keinen Text vom Blatt.
Der Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier ist neben vielen anderen Politiker:innen zu diesem Fest gekommen. Dem rbb sagt er, dass auch der Teil der Gesellschaft von Teilhabe profitiere, der keine Behinderung hat.
„Ich will gewinnen, doch wenn ich nicht gewinnen kann, so will ich mutig mein Bestes geben“
Übersetzt auf die Eröffnung im Olympiastadion, könnte das ein Anreiz sein. Menschen ohne Behinderung mögen verleitet sein, von Fehlern zu sprechen, wenn jemand in die „falsche“ Richtung läuft. Aber: Braucht es wirklich eine feste Ordnung, wer, wann, wohin läuft? Bedeutet Inklusion vielleicht auch, dass wir Normen so umgestalten, dass sie von allen verstanden werden? Und wie schwer muss und darf Sprache sein, wenn sie alles erfassen und trotzdem verständlich bleiben will?
Ein Vorbild für alle
Die Veranstalter der Special Olympics stellen sich diesen Fragen. Das ist mutig. Sie geben den Sportlern eine Bühne, sich zu zeigen. Sie schaffen es, ein Bild mehr zu umrahmen, als es selbst zeichnen zu wollen. Das ist den Menschen an diesem Abend angemessen und würdig.
Spürbar ist die Lebensfreude der Athletinnen mit geistiger Behinderung. Für sie scheinen Träume in Erfüllung zu gehen. Sie verzaubern das Stadion mit ihrer Energie. Das ist beeindruckend. Das macht Gänsehaut. Und es ist noch beeindruckender, wenn man bedenkt, was diese Menschen teils erleiden: In vielen Ländern erleben Menschen mit Beeinträchtigung kaum Wertschätzung. Trotzdem scheint es an diesem Tag nur Dankbarkeit zu geben, für das was ist.
Davon kann und sollte jede Gesellschaft lernen.
Punkt 23.08 Uhr eröffnet Frank-Walter Steinmeier die Special Olympics World Games offiziell. Kurz zuvor haben zwei Athleten und eine Athletin noch den Eid der olympischen Weltspiele verkündet. Von nun an gilt für eine Woche der Eid der Special Olympics: „Ich will gewinnen, doch wenn ich nicht gewinnen kann, so will ich mutig mein Bestes geben.“
Leser*innenkommentare
unbedeutend
Es war ein schöne Auftaktveranstaltung. Leider machen sich die ersten öffentlich-rechtlichen Sender einen sehr schmalen Fuß bei dieser riesigen Sportveranstaltung, wahrscheinlich gab es wieder irgend einen Viertliga-Kick, der wichtiger war. Anstatt bunter Banner und Sonntagsreden hätten ARD und ZDF hier die Möglichkeit gehabt mal was zur Wahrnehmung im Sinne des öffentlich-rechtlichen Auftrags beizutragen, stattdessen das Standardprogramm und Beiträge die man mit der Lupe suchen muss, während man sonst gar nicht genug Journalisten und Ausrüstung zu Sportveranstaltungen schickt. Chance im eigenen Land vertan muss da leider das Fazit lauten.