Erneuter Bio-Betrug in Italien: Mit Pestiziden geschmierte Kolben
1.500 Tonnen konventioneller Mais sollen als Bioware verkauft worden sein. Deutsche Kontrolleure warten derweil auf konkrete Infos aus Rom.
ROM/BERLIN taz | „Green War“: Unter diesem martialischen Titel hat die Staatsanwaltschaft in der mittelitalienischen Stadt Pesaro vergangene Woche stolze 1.500 Tonnen Mais aus der Ukraine und Moldau sowie 30 Tonnen Soja aus Indien, dazu Leinsamen und Weizen beschlagnahmt. Als Bioware waren die vor allem für den Verkauf als Futtermittel vorgesehenen Lieferungen in Italien deklariert worden, waren aber in Wirklichkeit stark pestizidbelastet. Zudem fanden Chemiker in der Ware gentechnisch veränderten Mais.
Gleich in fünf Regionen schlugen die Fahnder der Guardia di Finanza – der italienischen Finanzpolizei – zu, die gemeinsam mit der Antibetrugseinheit des Landwirtschaftsministeriums ermitteln. In den Regionen Marken, Emilia Romagna, Abruzzen, Molise und Sardinien wurden sie fündig. Zehn Firmen sollen an dem Betrugsring beteiligt gewesen sein, gegen 23 Personen leitete die Staatsanwaltschaft jetzt ein Verfahren wegen Bildung einer kriminellen Vereinigung und Betrugs ein.
Das Geschäftsmodell war recht simpel. Vor allem in der Ukraine und Moldau kauften die Importeure die falsche Bioware an; in die EU wurde sie über ein auf Malta tätiges, jedoch von Italienern geführtes Unternehmen geschleust; zwei Kontrollstellen in Fano an der Adriaküste und auf Sardinien sollen dann die falschen Biozertifikate geliefert haben.
Völlig bedeckt halten sich die Staatsanwaltschaft ebenso wie das Landwirtschaftsministerium jedoch bisher mit weiteren Details zu den Ermittlungen; so waren weder die Namen der verstrickten Firmen zu erfahren, noch auch gab es Informationen über den eventuellen Weiterexport etwa nach Deutschland. Letzterer gilt als wegen der Größe des deutschen Marktes als wahrscheinlich.
Betroffene Lieferungen
Dennoch haben die italienischen Behörden den deutschen Kontrollstellen bisher kaum etwas zu dem Fall mitgeteilt. „Wir haben beim Agrarministerium in Rom und italienischen Kontrollstellen nachgefragt, aber keine weiteren Informationen erhalten“, sagte der Geschäftsführer der Göttinger Gesellschaft für Ressourenschutz, Jochen Neuendorff. Er erwarte, dass die Italiener Listen betroffener Lieferungen weitergäben, damit diese überprüft und gegebenenfalls aus dem Verkehr gezogen werden könnten.
Neuendorff erinnerte daran, dass auch schon bei früheren Betrugsfällen der Informationsfluss aus Italien mangelhaft gewesen sei – allen voran bei dem Fall, der im Dezember 2011 bekannt wurde: Damals hatten sich mehrere italienische Firmen gefälschte Papiere für gleich 700.000 Tonnen angeblichen Biogetreides und Sojas besorgt. Auch damals war der Betrug möglich, weil ein Kontrollstelle aus Fano mitspielte. Und auch damals klagten deutsche Kontrolleure, sie hätten zu spät Lieferlisten aus Italien bekommen.
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