Erneute Hinrichtung in Iran: Im toten Winkel der Ablenkung
Das iranische Regime nutzt die außenpolitische Lage, um innenpolitisch hart durchzugreifen. Wir sollten die Eingesperrten nicht vergessen.
E rneut ist ein Teilnehmer der „Frau, Leben, Freiheit“-Bewegung in Iran hingerichtet worden: Der Kurde Reza Rasaei wurde im Dizel-Abad-Gefängnis staatlich ermordet. Rasaei war im Zuge der Protestbewegung festgenommen worden. Berichten zufolge erlitt er in Haft schwere Folterungen, um ein falsches Geständnis aus ihm zu erpressen, das später vor Gericht als einziges „Beweismittel“ gegen ihn dienen sollte.
Mit Rasaei sind bislang mindestens zehn Personen im direkten Zusammenhang mit den Protesten „Frau, Leben, Freiheit“ hingerichtet worden. Diese Exekutionen reihen sich in eine Hinrichtungswelle ein, die Menschenrechtsorganisationen zufolge seit über einem Jahr anhält. Mindestens 300 Menschen wurden nach Angaben von Iran Human Rights in diesem Jahr hingerichtet. Das Regime weiß genau, wann es seine Hinrichtungsmaschinerie hochfahren kann: wenn die Welt nicht mehr ins Inland schaut.
Während die Weltgemeinschaft, Medien und Politik gerade ausschließlich auf die außenpolitischen Eskalationen des Regimes und einen drohenden neuen Krieg im Nahen Osten blickt, schauen nur die wenigsten auf die Menschenrechtsverbrechen im Inland. Beides hängt jedoch miteinander zusammen. Seit Jahrzehnten kann beobachtet werden, wie das Regime im Inland brutaler wird, wenn es außenpolitisch eskaliert.
Dies zeigte sich schon im April, als die Islamische Republik zum ersten Mal Israel direkt angriff. Gleichzeitig wurde die Sittenpolizei verstärkt auf den Straßen Irans platziert und unzählige Frauen wurden in die berüchtigten Vans gezerrt. Während der Scheinwahlen wurden weniger Menschen hingerichtet, weil die Aufmerksamkeit der Welt wieder dem Inland galt. Nun sorgt sich die internationale Gemeinschaft um einen weiteren Krieg im Nahen Osten – zum Vorteil des Regimes, denn im toten Winkel der Ablenkung kann es wieder massiv hinrichten.
In den Gefängnissen der Islamischen Republik sitzen unzählige Menschen, denen das gleiche Schicksal droht wie Reza Rasaei. Es wäre ein Verbrechen an ihnen, wenn wir sie vergessen.
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