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Ermittlungen gegen RAFAnklage gegen Daniela Klette erwartet

Staatsanwaltschaft will im November Anklage gegen die mutmaßliche frühere RAF-Terroristin erheben. Ak­ti­vis­t*in­nen protestieren gegen Zeugenbefragung.

Stacheldraht ist vor der Justizvollzugsanstalt Vechta Foto: Jörn Hüneke / dpa

BERLIN taz | Eigentlich sind Zeu­g*in­nen­be­fra­gun­gen in Polizeirevieren alltägliche Routine. Doch die Vorladung von Ariane Müller findet in der linken Solidaritätsbewegung große Aufmerksamkeit. Müller soll an diesem Freitag im Polizeirevier in der Friesenstraße über ihre Beziehungen zu Daniela Klette befragt werden.

Ende Februar 2024 hatte die Verhaftung des mutmaßlichen RAF-Mitglieds Klette für einen mehrtägigen Ausnahmezustand in Berlin gesorgt. Auf der Suche nach zwei weiteren Personen, nach denen wegen angeblicher RAF-Mitglied seit den 1980er Jahren gefahndet wird, waren in mehreren Stadtteilen Häuser und Grundstücke durchsucht worden.

Klette ist in der Justizvollzugsanstalt für Frauen im niedersächsischen Vechta inhaftiert. In den letzten Monaten gab es dort drei Solidaritätskundgebungen, die jeweils Ariane Müller angemeldet hatte. Daraufhin war die langjährige Nachtkrankenschwester in einer Bremer Klinik entlassen worden. Auch ihren ehemaligen Arbeitsplatz durfte die langjährige Gewerkschafterin nicht mehr betreten. Im Gespräch mit der taz fühlt sich Müller an die 1970er Jahre erinnert, als schon „die Einforderungen bürgerlicher Grundrechte für die Gefangenen der RAF“ kriminalisiert wurden. Daran habe sich auch 50 Jahre später wenig geändert, sagt sie.

„Zunächst wurde gegen meinen Willen und ohne mein Wissen mein Namen in die Öffentlichkeit getragen, weil ich eine Kundgebung vor der JVA Vechta angemeldet habe. Dann bekam ich durch die Entlassung faktisch Berufsverbot. Jetzt geht die Repression weiter“, sagt Müller. Mittlerweile darf sie Daniela Klette nicht mehr im Gefängnis besuchen. Die schon erteilte Erlaubnis wurde widerrufen.

Bewachte Besuche

„Es gab keinen Streit und keine Auseinandersetzung mit dem Gefängnispersonal. Aber da die Besuche bewacht werden, war klar, dass sich durch die wiederholten Besuche eine Vertrautheit zwischen mir und Daniela Klette hergestellt hat. Das soll wohl unterbunden werden“, so Müller.

Über ihren Umgang mit der Vernehmung beim BKA will sie auf Anraten ihres juristischen Beistands Adrian Wedel im Vorfeld keine Angaben machen. Erst nach dem Ende der Befragung wolle sie eine Erklärung abgeben, kündigte Müller an.

Parallel zur Vernehmung hat die Gruppe „Solidarität mit Daniela Klette“ eine Kundgebung unter dem Motto „Weg mit den Zeu­g*in­nen­vor­la­dung von Polizei BKA und Staatsanwaltschaft Verden“ angemeldet. Sie soll am Freitag um 11.30 Uhr vor dem Polizeirevier in der Friesenstraße 16 beginnen.

Großer Raumbedarf

Die Staatsanwaltschaft Verden wird die Ermittlungen gegen die mutmaßliche frühere RAF-Terroristin Daniela Klette bald abschließen. Mit einer Anklage wird spätestens Ende November gerechnet, wie das niedersächsische Justizministerium bestätigte. Das Landgericht Verden muss dann entscheiden, ob die Anklage zugelassen wird.

Im Hintergrund laufen allerdings längst die Vorbereitungen für einen möglichen Prozess. Insbesondere ein Problem treibt die Behörden um: In der Stadt mit etwas mehr als 28.000 Einwohnern fehlt es an Räumlichkeiten. Schon seit Monaten läuft die Suche. Noch sei keine abschließende Lösung gefunden worden, sagte die Sprecherin des Ministeriums. Die Ermittler gehen von einer großen Anzahl an Nebenklägern, Zeugen und Sachverständigen aus. Niedersachsens Justizministerin Kathrin Wahlmann (SPD) rechnet mit einem hohen Bedarf an Plätzen.

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