Ermittlungen gegen Chamenei-Kritiker: Groteske Ermittlungen
Staatsanwaltschaft will zügig klären, ob der Ruf „Tod Chamenei“ auf einer Demonstration gegen das iranische Terrorregime strafbar ist.
Unter dem Motto „Frauen, Leben, Freiheit“, die am 25. Oktober vor der iranischen Botschaft stattgefunden hatte, soll der Mann laut Slowik durch ein Megafon gerufen haben, der sogenannte Revolutionsführers Ali Chamenei sei „ein Mörder und Kindermörder“. Auch „Tod Chamenei“ habe der Mann gerufen.
Ein Dolmetscher habe das den anwesenden Polizisten so übersetzt. Nach dem Legalitätsprinzip sei die Polizei verpflichtet gewesen, gegen den Mann ein Ermittlungsverfahren einzuleiten. Wer eine Person als Mörder bezeichne, ohne dass diese wegen Mordes verurteilt sei, „erfüllt den Verdacht der üblen Nachrede“, so die Polizeipräsidentin. „Wir haben da keinen Ermessensspielraum“.
Zeitnahe Befassung
Das Verfahren befindet sich inzwischen bei der Staatsanwaltschaft. Deren Sprecher, Sebastian Büchner, bestätigte den Eingang am Montag gegenüber der taz. Die zuständige Dezernentin habe eine zeitnahe Befassung angekündigt. Anders als die Polizei habe die Staatsanwaltschaft bei der Bewertung des Sachverhalts durchaus einen Spielraum, sagte Büchner.
Geklärt werden müsse, ob ein öffentliches Interesse an einer Strafverfolgung des Mannes bestehe und ob die Äußerungen von der Versammlungsfreiheit und dem Recht auf freie Meinungsäußerung gedeckt seien.
In der Sitzung des Innenausschusses hatte der Innenpolitiker Benedikt Lux (Grüne) nachgehakt. An Innensenatorin Iris Spranger (SPD) gewandt, fragte Lux: „Teilen Sie die Auffassung, dass unter Chameneis Verantwortung unschuldige Menschen zu Tode kommen?“ Sprangers Antwort: „Ja“.
Mit dem 23-jährigen Madschidresa Rahnaward war am Montag im Iran die zweite offizielle Hinrichtung im Zusammenhang mit den Protesten gegen das Terror-Regime erfolgt. In einer spontanen Reaktion rief das Komitee zur Unterstützung der politischen Gefangenen Iran-Berlin am Nachmittag zu einer Kundgebung vor der iranischen Botschaft in Berlin auf.
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