Angriff auf Iran-Mahnwache: Tags schlafen als Schutz

Unbekannte greifen die Mahnwache vor der iranischen Botschaft an. Die Veranstalter erheben Vorwürfe gegen den Objektschutz. Polizei weist das zurück.

Polizeiauto und Campingwagen-Mahnwache vor der iranischen Botschaft in Berlin

Protestcamp vor der iranischen Botschaft in Berlin Foto: Christophe Gateau/dpa

BERLIN taz | Die Mahnwache in Form eines Wohnwagens befindet sich auf der anderen Straßenseite der iranischen Botschaft. Der Wagen ist mit Bildern und Zeichnungen geschmückt, die kämpfende iranische Frauen zeigen. Eine schneidet sich die Haare ab, eine andere hält eine Angel, an der ein Mullah über einer Schlucht zappelt.

Auch die alte iranische Nationalflagge, die einen Löwen und die Sonne zeigt, Hauptembleme des Irans zur Zeit des Schahs, hängt an dem Wagen. Die Fahne, die am Mast der Botschaft hängt, hat kein Wappen im eigentlichen Sinne, sondern ein Enblem.

In der Nacht zu Sonntag haben Unbekannte den Wohnwagen angegriffen. Drei Männer, die sich zu dieser Zeit in dem Wagen aufhielten, wurden nach Angaben der Polizei verletzt. Zwei seien im Krankenhaus behandelt worden. Die Ermittlungen würden nun beim polizeilichen Staatsschutz des Landeskriminalamts (LKA) geführt, weil es möglicherweise einen politischen Hintergrund gebe.

Beamte des Objektschutzes hätten nichts unternommen

Die Männer der Mahnwache hätten laut um Hilfe geschrien, als sie verprügelt wurden

Seit dem Überfall geben sich die Journalisten in dem Wohnwagen sprichwörtlich die Klinke in die Hand. Auch am Montag war das so. Nik Jafarzadeh, Sprecher der Mahnwache, die eine Gruppe namens Iranische parlamentarische Monarchie organisiert hat, gibt ein Interview nach dem anderen. Er habe keinen Zweifel, das dass iranische Terrorregime dahinter stecke, sagt Jafarzadeh und deutet auf die Botschaft auf der anderen Straßenseite.

Die Polizei hatte zunächst mitgeteilt, dass Mitarbeiter des Zentralen Objektschutzes gegen 1.15 Uhr gesehen hätten, wie drei Männer Transparente und Fahnen von dem Wohnwagen gerissen haben. Ihre Gesichter sollen sie mit Tüchern verdeckt haben. Der Mitarbeiter habe die Beamtinnen und Beamten des zuständigen Polizeiabschnitts alarmiert und die Männer aufgefordert, das zu lassen.

Jafarzadeh schüttelt den Kopf angesichts dieser Darstellung. Die Beamten des Objektschutzes hätten zunächst überhaupt nichts unternommen. Die ­Männer der Mahnwache hätten laut um Hilfe geschrien, als sie von den Angreifern verprügelt worden seien. Zehn Minuten habe der Kampf vor dem Wohnwagen gedauert, dann erst sei die Polizei gekommen.

Immer wieder Bedrohungen

Drei der vier Männer aus dem Wohnwagen erlitten Verletzungen. Jafarzadeh bestätigt in diesem Punkt die Darstellung der Polizei. Ein 37-Jähriger soll mit einem Holzstab am Rücken getroffen worden sein, zudem soll er getreten worden sein. Ein 63-Jähriger soll mit einem spitzen Gegenstand – vermutlich einem Messer – am Zeh verletzt worden sein. Ein 55-Jähriger habe sich eine Schürfwunde zugezogen.

Der vierte Mann – ein 34-Jähriger – sei nach ersten Ermittlungen unverletzt geblieben, sagte der Polizeisprecher. Die Verdächtigen sollen mit einem Auto geflohen sein. Der 34-Jährige habe berichtet, aus dem Fahrzeug heraus mit einer Schusswaffe bedroht worden zu sein. Einsatzkräfte hätten vor Ort noch nach Tätern gesucht, aber keine Verdächtigen mehr gefunden.

Mit einem roten Porsche seien die Angreifer geflüchtet, einer habe noch eine Pistole auf einen der Männer von der Mahnwache gerichtet, der sich die Autonummer habe aufschreiben wollen, bestätigt Ja­farzadeh.

Seit dem 17. Oktober gibt es die Mahnwache. Immer wieder habe es in dieser Zeit Bedrohungen und Beleidigungen auf offener Straße gegeben, sagt Jafar­zadeh. „Man hat uns gedroht, uns hier zu begraben.“ Aus Angst vor Angriffen seien immer zwei bis drei Personen vor Ort, erzählt Jafar­zadeh. Und nun, wo der Angriff wirklich passiert ist? Man werde in Zukunft tags schlafen, um nachts wachsam zu sein, sagt Jafarzadeh.

Polizei weist Vorwürfe zurück

Die Polizeipressestelle teilte am Montag auf Nachfrage der taz mit, den Vorwürfen der Veranstalter werde „natürlich“ gründlich nachgegangen. Das Auslesen der Protokolle der Einsatzleitzentrale habe ergeben, dass der unmittelbar vor der iranischen Botschaft eingesetzte Objektschutzbeamte um 1.16 Uhr Polizeikräfte zur Unterstützung angefordert habe. Also eine Minute, nachdem er bemerkt gehabt habe, dass sich Unbekannte an dem Wohnwagen zu schaffen machten. Parallel habe der Beamte „unmittelbar selbst agiert“, indem er die Personen „deutlich“ aufforderte, die Sachbeschädigung an dem Fahrzeug zu unterlassen.

Drei Minuten später, um 1.19 Uhr, so die Pressestelle weiter, seien die ersten beiden Einsatzwagen eingetroffen, hätten aber keine Tatverdächtigen mehr vor Ort feststellen können. Zwei Minuten später seien weitere Einsatzwagen eingetroffen und hätten den Nahbereich ohne Erfolg abgesucht.

Insgesamt habe der Angriff nach den der Polizei vorliegenden bisherigen Erkenntnissen nur wenige Minuten gedauert. „Wir haben volles Verständnis dafür, dass Personen, die angegriffen werden und sich in solchen Ausnahmesituationen befinden, Zeit mitunter ganz anders wahrnehmen können“, hieß es. Das lehre auch die Erfahrung.

Die Frage der taz nach einem Polizeischutz für die Mahnwache als Konsequenz aus dem Angriff ließ die Pressestelle unbeantwortet. Dazu werde man sich zeitnah äußern.

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