Ermittlung gegen Hamburger Chef-Ankläger: Wurden Politgrößen geschont?

Mit zweierlei Maß ermittelt? Hamburgs Generalstaatsanwalt Jörg Fröhlich steht im Verdacht, SPD-Innensenator Andy Grote geschützt zu haben.

Andy Grote (SPD), Innen- und Sportsenator in Hamburg, mit einerm schwarzen Mund-Nasen-Schutz

Eine Maske hilft gegen vieles, aber nicht gegen Ermittlungen: Hamburgs Innensenator Andy Grote (SPD) Foto: Christian Charisius/dpa

HAMBURG taz | Gegen den Leiter der Hamburger Staatsanwaltschaft, Generalstaatsanwalt Jörg Fröhlich, hat die übergeordnete Justizbehörde ein Disziplinarverfahren eingeleitet. Wie sie am Freitagnachmittag mitteilte, sollen damit „die jüngst in den Medien erhobenen erheblichen Vorwürfe gegen den Generalstaatsanwalt in einem rechtlich geregelten Verfahren aufgeklärt werden“. Gegen Fröhlich steht der Vorwurf im Raum, er habe Innensenator Andy Grote (SPD) vor Ermittlungen geschützt.

Eine Woche zuvor hatte das Onlinemedium „t-online“ von Vorwürfen gegen Fröhlich berichtet: Es habe innerhalb der Staatsanwaltschaft den Verdacht gegeben, dass sich Grote möglicherweise der Vorteilnahme schuldig gemacht hat – während seiner Zeit als Bezirks­amtsleiter in Hamburg-Mitte soll er ­VIP-Karten vom FC St. Pauli angenommen haben. Da aber zur selben Zeit der Verein und der Bezirk wegen eines Stadion-Umbaus in Verhandlungen standen, könnte dies illegal gewesen sein.

Fröhlich soll demnach darauf gedrungen haben, die Ermittlung gegen Grote nicht weiter zu verfolgen. In einer internen Besprechung wenige Monate vor der Bürgerschaftswahl 2020habe Fröhlich vor einem „politischen Tsunami“ gewarnt. Die zuständige Staatsanwältin hatte wegen der im Raum stehenden Vorwürfe dafür plädiert, die Dienst- und Privaträume Grotes zu durchsuchen. Fröhlich habe dazu gedrängt, davon abzusehen: Der juristische Beurteilungsspielraum solle bitte zu Grotes Gunsten ausgelegt werden. Dabei halte Fröhlich selbst den Innensenator „nicht für ­integer“, wie „t-online“ aus einem internen Vermerk zitiert.

Nicht nur der SPD-Politiker könnte von Fröhlichs Intervention profitiert haben: Auch gegen Hamburgs Polizeipräsident Ralf-Martin Meyer gab es den Verdacht der Vorteilsnahme, ebenso gegen den früheren Wirtschaftssenator Frank Horch (parteilos). Vor dem Hintergrund, dass kürzlich zwei Hamburger Beamte wegen Vorteilsnahme in einem sehr ähnlich gelagerten Fall von der Staatsanwaltschaft verfolgt und auch gerichtlich verurteilt wurden, drängt sich der Eindruck auf, dass die Anklagebehörde mit zweierlei Maß gemessen hat.

Linke fordert Rücktritt

Hinzu sah die Staatsanwaltschaft zwar von Ermittlungen gegen die drei Genannten ab, ließ aber den FC St. Pauli sowie die Privaträume des früheren Geschäftsführers Andreas Rettig durchsuchen. Dagegen soll Fröhlich keine Einwände gehabt haben.

Ob Fröhlich damit ein Dienstvergehen begangen hat, werde nun geprüft. Die Justizbehörde kündigte am Freitag an, eine außenstehende Person solle unabhängig die Ermittlungen führen. Fröhlich selbst habe das Disziplinarverfahren beantragt.

Die Linksfraktion in Hamburgs Bürgerschaft hat bereits Grotes Rücktritt gefordert – es sei ja nicht die erste ­Affäre um den SPD-Mann.

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