piwik no script img

Erinnerung an Franco-DiktaturMadrid reißt Gedenktafeln ab

Die rechte Koalition im Stadtrat will eine Gedenkstätte, die die Anhänger Francos ehrt – und lässt Tafeln für die Opfer der Diktatur zerstören.

Die Erinnerung an die Diktatur wird höchst unterschiedlich begangen – hier am 44. Todestag Francos Foto: dpa

MADRID taz | Madrids Bürgermeister José Luis Martínez-Almeida hat die Gedenkstätte für Opfer der Franco-Diktatur am Friedhof der spanischen Hauptstadt zerstören lassen. Die Tafeln mit den Namen von 2.936 zwischen 1939 und 1944 an der Friedhofsmauer Erschossenen wurden entfernt und dabei beschädigt.

Martínez-Almeida, dessen Koalition aus seiner konservativen Partido Popular (PP) und den rechtsliberalen Ciudadanos (Cs) Dank Unterstützung der rechtsextremen Vox seit Juli die Geschicke der Stadt lenkt, will stattdessen eine neue Gedenkstätte errichten. Dort sollen auch die Name von Franco-Anhängern stehen, die nach dem Putsch gegen die spanische Republik im Jahr 1936 Opfer der Verteidiger der Demokratie wurden.

Das zerstörte Denkmal wurde im Mai von Martínez-Almeidas Vorgängerin Manuela Carmena von der linksalternativen Más Madrid mit Kosten von 300.000 Euro in Auftrag gegeben. Zwar gewann Carmena im Mai die Wahlen, doch das Bündnis der Rechtsparteien hält im Stadtrat eine Mehrheit. Kaum im Amt, ließ Martínez-Almeida die Bauarbeiten kurz vor Abschluss stoppen.

Die Stadtverwaltung will jetzt alle Opfer „gleichermaßen ehren, um neues Unrecht zu vermeiden“. Martínez-Almeida beruft sich auf ein nicht verbindliches Dokument der mittlerweile aufgelösten „Kommission für geschichtliche Erinnerung“. Dieses empfahl – nach Klage der Rechtsparteien – beiden Seiten des Bürgerkrieges zu gedenken, allerdings in zwei unterschiedlichen Gedenkstätten.

Klage wegen Amtsmissbrauch

Das fortschrittliche Madrid ist empört. „Es ist, als hätten sie unsere Opfer ein zweites Mal hingerichtet“, schimpft Tomás Montero, Vorsitzender der Vereinigung Erinnerung und Freiheit. Für ihn ist es eine Beleidigung, Demokraten und Putschisten gemeinsam zu ehren. Monteros Großvater wurde von den Franco-Faschisten erschossen. „Sie wollen den Teil der Geschichte löschen, den bereits Franco gelöscht hatte“, fügt er hinzu.

„Faschisten raus aus unseren Institutionen“, skandierten am Dienstag Hunderte vor dem Madrider Rathaus. Ein Opferverband hat gegen Martínez-Almeida Klage wegen „Amtsmissbrauchs“ eingereicht. „PP und Cs versuchen permanent, den Franquismus weiß zu waschen“, beschwert sich der Sprecher der sozialistischen Gruppe im Stadtrat, Ramón Silva.

„Die Erinnerung an die Opfer stört natürlich die Stadtregierung, die auf die Stimmen der Ultra-Rechten angewiesen ist“, erklärt seine Kollegin bei der stärksten Stadtratsfraktion Más Madrid, Rita Maestre. „Wir werden ihr Andenken lebendig halten“, fügt sie hinzu.

Die beiden konservativen Zeitungen Spaniens, La Razón und ABC, verteidigen den Abriss. Unter den knapp 3.000 erschossenen Demokraten, Linken, Gewerkschaftern und Republikanern befänden sich über 300 „Chequistas“, die keiner Ehrung würdig wären. „Chequistas“ nannten die siegreichen Franco-Faschisten die Spezialeinheiten der Republik, die faschistische Zellen aufspürten, ihre Mitglieder verhafteten und verhörten. La Razón und ABC stützen sich dabei auf franquistische Akten.

Links lesen, Rechts bekämpfen

Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

1 Kommentar

 / 
  • Es ist mir schleierhaft, wie Sie noch immer rechtsradikalen Parteien und Medien den Anschein von demokratischem Verhalten zubilligen können. Damit meine ich etwa den PP (bei Ihnen rechts konservativ) oder Cs (bei Ihnen rechts liberal) und die Zeitung Mundo, ebeso wie ABC oder La Razón, beide ultra rechts. Bei VOX handelt es sich um Auffangbecken alter faschistischer Franco Anhänger