Erinnerung an Coronatote in Berlin: Gedenken statt schwurbeln
Das Köpenicker Bündnis für Demokratie ruft am Montag zum Gedenken der Coronatoten auf. Es ist auch als Zeichen gegen rechte Schwurbler gedacht.
277 Kerzen für 277 Coronatote. So viele Kerzen werden an diesem Montagabend auf den Treppen des Rathauses Köpenick stehen. So viele Menschen sind bislang im Bezirk Treptow-Köpenick an Corona gestorben. Es wird die dritte Montagsaktion in Folge sein, seit der ersten sind einige Kerzen dazugekommen.
„Die Idee hatte unser Bürgermeister Oliver Igel (SPD)“, sagt der SPD-Abgeordnete Lars Düsterhöft, der die wöchentlichen Veranstaltungen organisiert, zusammen mit dem bezirklichen Bündnis für Demokratie und Toleranz, dessen Vorsitzender er ist.
Lars Düsterhöft (SPD)
„Wir wollen damit an Aktionen anknüpfen, die es auch andernorts in Deutschland gibt, und angesichts der vielen Spaziergänger gegen die Corona-Maßnahmen den Fokus wieder auf diejenigen legen, um die es dabei geht.“
Bereits im vergangenen Winter hatten die Künstler Christian Y. Schmidt und Veronika Radulovic auf dem Arnswalder Platz in Prenzlauer Berg jede Woche Kerzen für die Coronatoten aufgestellt. Doch den KünstlerInnen war nach mehreren Monaten die Luft ausgegangen.
In diesem Winter findet das Kerzengedenken an mehreren Orten statt: Neben dem Köpenicker Rathaus wird auch auch vor der Alice-Salomon-Hochschule in Hellersdorf der Toten gedacht, von HochschulvertreterInnen und der bezirklichen Linken organisiert. Die Initiatoren haben damit eine andere Form gewählt, den unangemeldeten „Montagspaziergängen“ der Coronaverharmloser etwas entgegenzusetzen als beispielsweise in Pankow, Neukölln, Tegel oder vor der Gethsemanekirche in Prenzlauer Berg, wo Kundgebungen gegen „Schwurbler“ stattfinden.
„Unter den Coronatoten sind sowohl Menschen aus Pflegeheimen, aber auch jüngere, die mitten aus dem Leben gerissen wurden“, sagt der SPD-Abgeordnete Düsterhöft. „Nur eine kleine Minderheit trägt schon seit Beginn der Pandemie Verschwörungserzählungen und Fake News auf die Straße. Wir möchten mit unserer Kundgebung die große Mehrheit, die sich solidarisch verhält, sichtbar machen und zugleich an die Menschen erinnern, die während der Pandemie gestorben sind und die in vielen Familien und Freundeskreisen heute so sehr fehlen.“
Vor dem Köpenicker Rathaus hat es Düsterhöft zufolge bereits sieben „Spaziergänge“ gegeben mit Teilnehmerzahlen zwischen einigen 100 bis 1.000 gelegen, „darunter waren einschlägig bekannte Vertreter von AfD, NPD und der rechten Kleinpartei Der III. Weg, aber eben auch ganz normale Menschen“, In der vorigen Woche sei aufgrund der vielen Nazis eine „brenzlige Situation“ entstanden, so Düsterhöft, zumal die Polizei nur mit wenigen Kräften vor Ort gewesen sei.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
BSW in Koalitionen
Bald an der Macht – aber mit Risiko
Dieter Bohlen als CDU-Berater
Cheri, Cheri Friedrich
Kinderbetreuung in der DDR
„Alle haben funktioniert“
Stellungnahme im Bundestag vorgelegt
Rechtsexperten stützen AfD-Verbotsantrag
Selbstzerstörung der FDP
Die Luft wird jetzt auch für Lindner dünn
Stellenabbau bei Thyssenkrupp
Kommen jetzt die stahlharten Zeiten?