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Erik Peter über den Streit eines linken Hausprojekts mit der GEZ42 Menschen und’ne kaputte Glotze

Es krisselt Foto: Robert Anders/CC

Die 17,50 Euro Rundfunkbeitrag im Monat gehören für viele zu den ärgerlicheren Ausgaben. Die einen wollen zu Recht nicht dafür zahlen, dass sich AfD-Rassist Alexander Gauland in einer Trash-Talk-Sendung wie „Hart aber fair“ produzieren kann. Andere haben erst gar keinen Fernseher, kommen um die Haushaltsabgabe aber dennoch nicht herum. Glücklich schätzen können sich dagegen die Bewohner der Kohlfurter Straße 40 in Kreuzberg. Die 42 im Haus gemeldeten Personen zahlen jeweils nur ihren Anteil von etwa 42 Cent. Als Wohngemeinschaft teilen sie sich einen Beitrag.

Doch was schön für die Bewohner des linken Hausprojektes ist, ärgert die GEZ. Die will nämlich nicht akzeptieren, dass es sich bei dem mehrstöckigen Gebäude nur um eine WG handeln soll. Und weil der Beitragsservice von ARD, ZDF und Deutschlandradio immer wieder versucht, mehr als einen Beitrag zu kassieren, ist die Hausgemeinschaft vor Gericht gezogen. „Es geht um die Anerkennung einer bestimmten Wohnform, die aus Hausbesetzungen der 1980er Jahre entstanden ist“, so Bewohnerin Anne Schneider.

Die Auseinandersetzung dreht sich um die Frage, was eine Wohngemeinschaft ist. „Ein Zimmer mit Bett, Schrank und Schreibtisch“, schrieb die GEZ vor drei Jahren, zudem gebe es „Gemeinschaftsräume wie Küche, Bad und gegebenenfalls sonstige Aufenthaltsräume, die gemeinsam genutzt werden“. Schneider sieht genau das erfüllt. Die Tür zu ihrer WG sei das Eingangstor zur Straße. Gekocht wird in mehreren Gemeinschaftsküchen, alle Türen sind offen, die Bewohner teilen sich einen Briefkasten. Von separaten Wohnungen mit gemeinsamen Aufenthaltsräumen könne nicht die Rede sein.

Bis zu diesem Frühjahr hatte die GEZ das scheinbar akzeptiert, nun jedoch murrt sie erneut. Ihr neuester argumentativer Versuch: Eine WG könne nicht größer als zehn Personen sein. Wie sie darauf kommt, ist ihr Geheimnis. Schneider sieht in dem Versuch, die maximale WG-Größe zu bestimmen, eine „Unverschämtheit“. Das Einigungsangebot der GEZ, sich auf vier Gebühren zu einigen, lehnen sie ab. Also klagen sie. Auf das Urteil dürfen auch andere gespannt sein. Schneider spricht von acht Hausprojekten in Berlin, die ähnlich offen strukturiert sind – und sich ebenfalls um die Gebühren streiten.

„Wir spenden unser Geld lieber an Refugee- und Knastgruppen als an die GEZ“, sagt Schneider. Die „eine Glotze im Haus“ ist gerade ausgefallen.

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