Erholung der Tourismusbranche: Fair reisen und bio speisen
Berlins Stadtmarketing freut sich über mehr Gäste in der Stadt, sehnt sich aber zu lautstark nach dem guten, alten Billigflieger-Tourismus zurück.
D er Berliner Tourismus erholt sich, und das ist keine schlechte Nachricht. Denn erstens hängen viele Arbeitsplätze und Steuereinnahmen am Tourismus, und zweitens verfügt Berlin über so viele Zentren, dass es hoffentlich nie so kaputtgetrampelt werden wird wie Amsterdam oder Barcelona.
Was allerdings keine gute Nachricht ist: Berlins Tourismusgesellschaft Visit Berlin nimmt die Erholung der Branche als Steilvorlage, sich lautstark nach dem Rekordhoch 2019 vor Ausbruch der Coronapandemie zu sehnen. Das heißt konkret: sie machen sich Sorgen um den Luftverkehr in Deutschland, insbesondere um die Billiganbieter Easyjet und Ryanair, welche die Flughafengebühren des BER zu teuer finden.
Diese Sorge wirkt geradezu archaisch in einer Zeit, wo die Stadt verstärkt über Klimaneutralität nachdenkt – immerhin können die Berliner*innen im März einem Volksentscheid das Jawort geben, nach dem Berlin 2030 klimaneutral werden soll.
Dabei vermarktet Berlin sich ja durchaus auch als Ökostadt. Zwar gibt es noch keine Card Green wie in Hamburg, mit der Tourist*innen preiswert die Öffis benutzen können und gleichzeitig Vergünstigungen bei nachhaltigen Angeboten für Shopping, Freizeit und Gastronomie bekommen.
Der entscheidende Faktor An- und Abreise
Aber auch Visit Berlin hat die Zeichen der Zeit erkannt und wirbt mit zahlreichen Bio- und Ökohotels, für Restaurants mit dem neuen grünen Michelin-Stern für nachhaltige Gastronomie, mit Stadtspaziergängen und Fahrradtouren, es gibt sogar eine „Fairreisen“-Kampagne.
Aber was ist mit dem entscheidenden Faktor An- und Abreise? Der Fernbus ist bei weiter entfernten Zielen und knapp bemessener Zeit oft keine Option. Bleibt also nur der Nachtzug. Und da gibt es nach wie vor sehr wenige direkte von und nach Berlin.
Hier sollte Visit Berlin ansetzen und „mehr Drehkreuz“ fordern. Denn der Besuch im gediegenen Ökohotel oder -restaurant nutzt wenig, wenn es am Sonntagabend wieder mit dem Flieger zurückgeht.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Anschlag in Magdeburg
Vorsicht mit psychopathologischen Deutungen
Kochen für die Familie
Gegessen wird, was auf den Tisch kommt
Angriffe auf Neonazis in Budapest
Ungarn liefert weiteres Mitglied um Lina E. aus
Insolventer Flugtaxi-Entwickler
Lilium findet doch noch Käufer
Polizeigewalt gegen Geflüchtete
An der Hamburger Hafenkante sitzt die Dienstwaffe locker
Im Gespräch Gretchen Dutschke-Klotz
„Jesus hat wirklich sozialistische Sachen gesagt“