Erhöhte Energiepreise: Klimapolitik ist eine soziale Frage
Die Koalition will mit Energiegeld die höhere Belastung ausgleichen. Wer viel emittiert, zahlt viel. Das sollte schneller zur Umsetzung kommen.
D ie erste ernste Herausforderung ereilt die Ampel früher als vermutet. Die hohen Energiepreise plus die CO2-Abgabe verdeutlichen jetzt schon, welche Kostensteigerungen auf die privaten Haushalte zukommen. Energie ist ein Grundbedarf der Menschen. Nur bis zu einem gewissen Punkt lässt sie sich einsparen. Deshalb ist für ärmere Haushalte hier schnell das Ende der Fahnenstange erreicht. Der Klimaschutz wird damit auch hierzulande zu einer sozialen Frage.
Ein Ausgleich für die, die ohnehin aus finanziellen Gründen wenig reisen, weniger Auto fahren und weniger Konsumgüter kaufen, ist unumgänglich. Da muss sich die Ampel schnell etwas einfallen lassen. Der Zuschuss zu den Heizkosten für Wohngeldempfänger hilft nicht allen Betroffenen. Die EEG-Umlage wird zwar gestrichen. Doch die Kostensteigerung wird damit bei Weitem nicht aufgefangen. Da muss, wie es auch Verdi-Chef Frank Werneke fordert, mehr geschehen.
Nur ist der Vorschlag des Gewerkschafters auch wenig zielführend. Er will die Mehrwertsteuer auf Energie zeitweilig aussetzen. Davon würden auch all jene profitieren, die besonders gut verdienen und besonders viel Energie verbrauchen. Der Klimaschutz würde konterkariert. Im Koalitionsvertrag ist die bisher beste Lösung angelegt: das Energiegeld. Es ist sozial gerecht, weil diejenigen, die wenig CO2 emittieren, sogar finanzielle Vorteile erlangen können.
Wer viel Energie verbraucht, muss dagegen entsprechende Mehrbelastungen hinnehmen. Es ist schwer begreiflich, warum die Einführung von Wirtschaftsminister Robert Habeck auf das Ende der Legislatur vertagt wurde. Die technischen Probleme müssten sich doch schneller lösen lassen. Die aktuelle Entwicklung zeigt, was auf die Politik noch zukommt, will sie Akzeptanz für den Klimaschutz quer durch die Bevölkerung erreichen.
Insofern ist es eine glückliche Fügung, dass der Ärger bereits am Anfang der Regierungszeit als Altlast der großen Koalition entsteht und nicht erst kurz vor der nächsten Wahl. Jetzt ist noch Zeit, das Soziale stärker mit dem Klimaschutz zu verweben.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Elon Musk und die AfD
Die Welt zerstören und dann ab auf den Mars
Anschlag in Magdeburg
Der Täter hat sein Ziel erreicht: Angst verbreiten
Tarifeinigung bei Volkswagen
IG Metall erlebt ihr blaues „Weihnachtswunder“ bei VW
Anschlag in Magdeburg
„Eine Schockstarre, die bis jetzt anhält“
Bundestagswahl 2025
Parteien sichern sich fairen Wahlkampf zu
Nach dem Anschlag in Magdeburg
Rechtsextreme instrumentalisieren Gedenken