Ergebnisse bei der Bundestagswahl: Der Norden ist rot
In den norddeutschen Bundesländern sind SPD und Grüne noch stärker als im Bund und die CDU stürzt noch tiefer.
Nicht nur im Bund, auch in den einzelnen Bundesländern werden die Ergebnisse der Bundestagswahl nun analysiert. Die taz nord hat sich die Zahlen in Schleswig-Holstein, Niedersachsen, Hamburg und Bremen angeschaut und sich umgehört, wie die dortigen Politiker*innen die Ergebnisse vor Ort aufgenommen haben.
Alles rot in Schleswig-Holstein
Ups, alles rot: Mit 28 Prozent der Zweitstimmen und acht gewonnenen Direktmandaten wird die SPD stärkste Kraft in Schleswig-Holstein. „Es ist über zwei Jahrzehnte her, dass wir so viele Direktmandate gewonnen haben“, freute sich die Landesparteichefin Serpil Midyatli. Einen Sieg fuhr auch ihr Amtsvorgänger Ralf Stegner ein, der in Pinneberg antrat – dem sogenannten „Kanzlerwahlkreis“, weil in den vergangenen Jahrzehnten dort stets die Partei gewann, die am Ende die Kanzler*in stellte. „Die Wahl beweist, dass Schleswig-Holstein kein konservatives Land ist“, sagte Midyatli. Diesen Schwung wolle die Partei mitnehmen für die Landtagswahl im Frühjahr 2022.
Frust dagegen bei der CDU, traditionell stärkste Kraft im Land, die nun zwölf Prozentpunkte verlor und nur noch an der Westküste zwei Direktmandate gewann. „Es gibt nichts daran vorbeizureden, dass dieses Ergebnis für uns enttäuschend ist“, sagte Landeschef und Ministerpräsident Daniel Günther. Die Grünen gewannen über sechs Punkte hinzu und wurden mit 18 Prozent drittstärkste Kraft vor der FDP (12,5 Prozent). Die AfD landete bei knapp sieben Prozent (-1,4). Die Linke kam nur noch auf 3,6 Prozent (-2).
Klatsche für die CDU in Niedersachsen
Wie im Bundestrend, nur einen Zacken deutlicher: So lässt sich das Bundestagswahlergebnis in Niedersachsen zusammenfassen. Mit 33,1 Prozent liegt die SPD hier vorne – die CDU kommt auf 24,2 Prozent. Das ist eine ziemliche Klatsche für die Christdemokraten unter Bernd Althusmann, die frühzeitig auf Laschet gesetzt hatten. Das Ergebnis: Minus 10,7 Prozentpunkte. Deutlich dazu gewonnen haben die Grünen (+7,4) sowie die SPD (+5,7). Die Grünen landeten bei 16,1 Prozent – das ist fast doppelt so viel wie beim letzten Mal, aber eben doch ein Stückchen unter den 20+ Prozent, von denen man geträumt hatte. Der Rest: FDP 10,5 (+1,2), AfD 7,4 (-1,7), die Linke stürzt ab auf 3,3 (-3,7).
Doppelt so grün in Bremen
Deutlicher Wahlsieger sind die Grünen, die mit 20,8 Prozent ihren Anteil der Zweitstimmen fast verdoppelt haben. Spitzenkandidatin Kirsten Kappert-Gonther behält ihren Platz im Bundestag ebenso wie die SPD-Politikerin Sarah Ryglewski, die das Direktmandat in ihrem Wahlkreis Bremen-Stadt gewann. Auch ihr Parteigenosse Uwe Schmidt aus Bremerhaven behält sein Mandat. Die Partei hat ebenfalls zugelegt: Von 26,8 Prozent klettert die SPD auf 31,5 Prozent.
Verloren hat die AfD: Sie kam nur noch auf 6,9 Prozent (-3,1). Ähnlich hoch waren die Verluste der CDU: Ihr Stimmenanteil lag 2017 bei 25,1 Prozent, jetzt bei 17,3. Ihr Spitzenkandidat Thomas Röwekamp zieht dennoch wieder über den Listenplatz in den Bundestag ein. Wiebke Winter, Klima-Expertin in Laschets „Zukunftsteam“, hat hingegen keinen Sitz bekommen.
Wahlverliererin ist auch in Bremen die Linke. Ihr Stimmenanteil halbierte sich beinahe auf 7,7 Prozent. Deshalb wird die bisherige Abgeordnete Doris Achelwilm im neuen Bundestag nicht mehr vertreten sein. Die FDP ist mit 9,3 Prozent stabil geblieben.
Historisches Debakel für Hamburgs CDU
Im Bund war’s heftig, in Hamburg brutal: Die Elb-CDU hat mit 15,2 Prozent ihr bei weitem schlechtestes Bundestags-Ergebnis aller Zeiten eingefahren. Mit 12 Prozentpunkten weniger als 2017 und weniger als halb so vielen Stimmanteilen wie 2013 bleibt die Partei unter Landeschef Christoph Ploß im freien Fall. Die SPD holte sich mit 29,7 Prozent Platz eins zurück (+6,2) und rettet so den im Wahlkreis unterlegenen Staatsminister Niels Annen über die Landesliste. Die Grünen hievten dank starker 24,9 Prozent (+9) auch die künftig jüngste Abgeordnete Emilia Fester (23) in den Bundestag.
Die FDP legte auf 11,4 Prozent zu und schickt wieder zwei Abgeordnete nach Berlin. Die Linke hingegen wird nach einem Einbruch von 12,2 auf 6,7 Prozent künftig nur noch von Spitzenkandidatin Žaklin Nastić vertreten. Die AfD kam auf genau fünf Prozent (-2,8), was ebenfalls für einen Sitz reicht.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Interner Zwist bei Springer
Musk spaltet die „Welt“
Deutsche Konjunkturflaute
Schwarze Nullkommanull
Nach dem Anschlag von Magdeburg
Wenn Warnungen verhallen
Kaputte Untersee-Datenkabel in Ostsee
Marineaufgebot gegen Saboteure
BSW-Anfrage zu Renten
16 Millionen Arbeitnehmern droht Rente unter 1.200 Euro
Psychiater über Kinder und Mediennutzung
„Die Dinos bleiben schon lange im Schrank“