Erfolgreicher Eilantrag: Baustopp für Fehmarnbelttunnel
Wegen schützenswerter Riffe wird der Weiterbau des Fehmarnbelttunnels vorläufig unterbrochen. Das erwirkte das Bundesverwaltungsgericht.
Mit dieser sogenannten Zwischenverfügung reagierte das Gericht auf einen Eilantrag des Aktionsbündnisses gegen eine feste Fehmarnbeltquerung und weiterer Tunnelgegner. Die Empfehlung, die Baggerarbeiten entlang der Tunneltrasse im Bereich der sensiblen Riffe zu stoppen, gilt bis zu einer endgültigen Entscheidung über den Eilantrag. Diese soll dem Gericht zufolge „zeitnah“ erfolgen.
In der Vergangenheit seien Planfeststellungsbehörden vergleichbaren Bitten des Bundesverwaltungsgerichts stets nachgekommen, hieß es. Andernfalls müsse das Gericht förmlich darüber beschließen, ob die Arbeiten im Bereich der vorgenannten Riffe bis zu einer Entscheidung über den Antrag des Aktionsbündnisses ruhen.
Der etwa 18 Kilometer lange Straßen- und Eisenbahntunnel soll voraussichtlich ab 2029 die deutsche Ostseeinsel Fehmarn und die dänische Insel Lolland verbinden. Die derzeitige 45-minütige Reisezeit zur Überquerung des Fehmarnbelts mittels Fähre würde sich laut Angaben der Planer durch die unterirdische und wetterunabhängige Passage auf etwa zehn Minuten reine Fahrzeit reduzieren.
Anne Böhnke-Henrichs, Nabu-Meeresschutzexpertin
Der Bau des Absenktunnels wurde am 28. April 2015 vom dänischen Parlament gebilligt. Auf deutscher Seite hing die Baugenehmigung wegen rechtlicher Einwände lange in der Schwebe. Am 3. November 2020 wies das Bundesverwaltungsgericht Klagen gegen den Tunnel letztinstanzlich ab. Der erste Spatenstich auf dänischer Seite erfolgte am 1. Januar 2021, auf deutscher Seite am 29. November 2021.
Der Rechtsanwalt des Aktionsbündnisses, Wilhelm Mecklenburg, spricht nun von einem überraschenden und nicht zu unterschätzenden Erfolg. In dem Urteil vom November 2020 waren die Riffe nämlich ausgeklammert geblieben. Sie waren erst nach Abschluss der Planungen entdeckt worden. Für diese sollte das Land ein ergänzendes Verfahren einleiten. Diese Planungen sehen eine Ausgleichsfläche für die Riffe an anderer Stelle vor. Dagegen richteten sich die derzeitige Klage und der Eilantrag des Aktionsbündnisses sowie des Naturschutzbundes Nabu und von zwei Firmen.
Die Kompensationsmaßnahmen für die Zerstörung der Riffe waren vom schleswig-holsteinischen Amt für Planfeststellung Verkehr (APV) im Planänderungsbeschluss festgelegt worden. Die Kläger bezeichnen sie als „unzureichend und fehlerhaft festgesetzt“. Laut Nabu müsste eine Fläche von 36 Hektar Riffe ersetzt werden, dem Plan zufolge würden aber nur knapp 17,5 Hektar ausgeglichen, zudem teilweise mit schlechteren Standortbedingungen.
In den Riffbiotopen sehen Umweltschützer in der hoch belasteten Ostsee Lebensräume von besonderer Bedeutung. Im Fehmarnbelt liegen laut Bundesamt für Naturschutz die artenreichsten Riffe in der südlichen Ostsee. Mit wichtigen Funktionen: Komme es durch Sauerstoffmangel zu einem Massensterben bodenlebender Arten in der Ostsee, wanderten die Arten über den Fehmarnbelt wieder ein. „Die Riffe im Fehmarnbelt sind wichtige ökologische Trittsteine für die gesamte Ostsee“, sagte Nabu-Meeresschutzexpertin Anne Böhnke-Henrichs: „Der Fehmarnbelt ist das ökologische Herz der Ostsee.“
Arbeiten an Land laufen weiter
Bündnissprecher Hendrick Kerlen wirft dem Land Versäumnisse beim erforderlichen Monitoring vor. Dies sei bei besonders geschützten, als „FFH-Lebensräume“ qualifizierten Biotoptypen vorgeschrieben. Auch Riffe gehören dazu. Dieses Monitoring sei wohl nur unzureichend erfolgt, anderenfalls hätten die Riffe im Trassenbereich nicht übersehen werden können. Für den Vorhabenträger, die dänische Planungsfirma Femern A/S, seien Riffe im Trassenbereich ohnehin ein Ärgernis, weil deren Schädigung oder Vernichtung aufwändig durch künstliche Riffe kompensiert werden müssten.
Femern A/S kündigte nach der Gerichtsentscheidung an, das weitere Vorgehen „gemeinsam mit unseren Anwälten und in enger Abstimmung mit dem APV“ zu besprechen. „Welche Auswirkungen ein möglicher vorläufiger Baustopp in diesen kleinen Bereichen haben könnte, können wir zum aktuellen Zeitpunkt noch nicht sagen. Alle anderen Arbeiten, sowohl landseitig als auch seeseitig, laufen wie geplant weiter.“ Es bleibe weiterhin „übergeordnetes Ziel“, den Fehmarnbelttunnel 2029 zu eröffnen.
Landeswirtschaftsminister Bernd Buchholz reagierte entspannt auf die aktuelle Entwicklung. „Klar ist für das Land, dass es bis zur Eilentscheidung des Senats keine weiteren Arbeiten in den strittigen Bereichen geben wird“, sagte der FDP-Politiker. Doch selbst wenn das Aktionsbündnis eine Verzögerung des Bauablaufs bewirken sollte, werde die Klage weder eine substanzielle Veränderung des Projekts selbst noch des Zeitplans mit sich bringen.
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