Erdrutsch in Kolumbien: Ein Ort vom Schlamm weggerissen

Massen aus Geröll und Wasser haben alles zerstört. Über 60 Menschen starben, weitere 40 wurden verletzt. Dem Unglück vorausgegangen waren schwere Regenfälle.

Rettungskräfte verschaffen sich in Salgar einen Überblick. Bild: reuters

SALGAR afp | Ein massiver Erdrutsch hat im Nordwesten Kolumbiens mehr als 60 Menschen in den Tod gerissen. Nach Behördenangaben überraschten die Schlammmassen am frühen Montagmorgen (Ortszeit) die meisten Menschen der Gemeinde Salgar im Schlaf. Mindestens 62 Menschen starben und 40 weitere wurden verletzt. Viele Kinder hätten ihre Eltern verloren, sagte Kolumbiens Staatschef Juan Manuel Santos bei einem Besuch des Unglücksorts.

Die Bürgermeisterin der knapp 18.000 Einwohner zählenden Gemeinde Salgar, Olga Osorio, sagte dem Radiosender RCN, Massen aus Geröll und Wasser hätten in einer Schlucht „alles mit sich gerissen“. Die zu Salgar gehörende Ortschaft Santa Margarita sei praktisch „von der Landkarte getilgt“. Laut Medienberichten hatten die Schlammmassen auch die Zufahrtstraße von Santa Margarita sowie eine Brücke zerstört, das normalerweise schon schwer zu erreichende Bergdorf war von der Außenwelt abgeschnitten.

Dem Erdrutsch waren heftige Regenfälle vorausgegangen, die einen Fluss in der Region über die Ufer steigen ließen. Luftaufnahmen zeigen eine breite Schlammlawine, die auf ihrem Weg Häuser und Bäume mit sich riss. Nach Behördenangaben waren von den Zerstörungen in dem bergigen Gebiet etwa 30 Familien betroffen. Die Einwohner seien von der Trinkwasser-, Strom- und Gasversorgung abgeschnitten.

Die 66-jährige Consuelo Arredo sagte, sie und ihre Familie seien durch die Wucht des Erdrutsches aus dem Schlaf gerissen worden. „Wasser und Äste blockierten die Tür“, berichtete sie. „In einem verzweifelten Versuch ist es meinem Sohn dennoch gelungen, sie aufzureißen, und wir konnten uns retten.“

Präsident verspricht Entschädigungen

Präsident Santos machte sich bei einem Flug über dem Katastrophengebiet ein Bild von der Lage und traf sich mit örtlichen Behördenvertretern. „Keiner kann Ihnen die Toten zurückbringen, das bedauern wir zutiefst“, erklärte Santos. „Aber wir müssen diese Katastrophe überstehen und nach vorn schauen, mit Kraft und Mut.“

Der Staatschef sagte jeder betroffenen Familie eine Entschädigung in Höhe von 16 Millionen Pesos (5800 Euro) zu. Außerdem kündigte er Verbesserungen bei der Infrastruktur an, um derartige Unglücke in Zukunft zu verhindern. Um die Kinder, die durch das Unglück zu Waisen wurden, werden sich die Behörden kümmern.

Auch Ex-Präsident und Oppositionsführer Álvaro Uribe besuchte das Unglücksgebiet, das in der Nähe seines Heimatortes liegt. „Ich traf eine Frau, die ihren drei Tage alten Enkel im Arm hielt. Seine Eltern werden vermisst“, sagte er im Radiosender RCN.

Spenden für die Opfer

Nach Einbruch der Dunkelheit wurde die Suche nach weiteren Verschütteten unterbrochen, sie sollte am frühen Dienstagmorgen weitergehen. Zuvor hatten mehr als 150 Rettungskräfte mit Spürhunden die Trümmerberge abgesucht, wie Rotkreuz-Sprecherin Ana Carolina Gutiérrez sagte. Trinkwasser sei unterwegs, in der rund 100 Kilometer entfernten Stadt Medellín würden Lebensmittelspenden und Decken für die Opfer des Erdrutsches gesammelt.

Auf dem Friedhof von Salgar versammelten sich bis zum späten Abend Menschen, um die dort aufgebahrten Todesopfer zu identifizieren. Andere Bewohner begannen mit den Aufräumarbeiten. Sie schaufelten massenhaft Schlamm aus ihren Häusern. Kipplaster trafen vor Ort ein, um Trümmer abzutransportieren.

Sein tropisches Klima und seine bergige Landschaft machen Kolumbien anfällig für Erdrutsche. Vor fünf Jahren hatten heftige Regenfälle Überflutungen und Erdrutsche ausgelöst, bei denen fast 1400 Menschen getötet und mehr als 100.000 Häuser zerstört wurden.

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