Erdöldrosselung der Opec Plus: Bitte kein weiteres Drama
Mitten in der Energiekrise drosseln die erdölexportierenden Länder und Verbündete ihre Lieferungen. Doch ein massiver Preistreiber ist das nicht.
W as für eine Ohrfeige für Europa und die USA. Mitten in der größten Energiekrise kappen die erdölexportierenden Länder und ihre Verbündeten (Opec plus) ihre Erdöllieferungen um zwei Millionen Barrel pro Tag. Allen voran für die Europäer*innen bedeutet das zu den ohnehin massiv gestiegenen Gas- und Strompreisen nun auch noch höhere Benzinkosten.
US-Präsident Joe Biden ist erbost und wirft den Ölländern vor, sich mit dem Aggressor Russland verbündet zu haben. Von einem „feindseligen Akt“ ist im Weißen Haus die Rede. Dabei waren sowohl Biden als auch Kanzler Olaf Scholz noch vor wenigen Wochen zu Besuch in Saudi-Arabien, um die saudischen Prinzen von einem solchen Schritt abzuhalten. Ohne Erfolg. Die Empörung des US-Präsidenten mag nachvollziehbar sein, zumal seine Partei vor den wichtigen Mid-Term-Wahlen steht. Hohe Benzinpreise kommen nie gut an. Die Reaktion ist dennoch völlig überzogen.
Die Drosselung ist vor allem auf eine sich massiv eintrübende Weltkonjunktur zurückzuführen. Schon vor diesem Beschluss haben einige der Ölstaaten sehr viel weniger gefördert, als die abgesprochenen Quoten ihnen gestattet haben. Chinas Festhalten an seiner Zero-Covid-Strategie, die weiter ganze Landesteile zum Stillstand bringt, anhaltende Lieferkettenprobleme, weshalb in Betrieben immer wieder die Maschinen still stehen, und die hohe Inflation in fast allen Ländern der Welt – all das führt dazu, dass Unternehmer und Haushalte sich wegen fehlender Planbarkeit mit Investitionen und Ausgaben zurückhalten. Entsprechend geht auch der Ölverbrauch zurück.
Zum Preishoch im August war der Ölpreis denn auch deutlich gefallen. Das bekam nur hierzulande kaum einer mit, weil der US-Dollar zum Euro deutlich gestiegen ist. Erdöl wird in Dollar gehandelt. Die Benzinpreise werden hoch bleiben. Einen massiven Preistreiber stellt die jüngste Drosselung aber nicht dar. Unnötig also, ein weiteres Drama in diesen ohnehin konfliktreichen Zeiten zu schaffen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Müntefering und die K-Frage bei der SPD
Pistorius statt Scholz!
Kampf gegen die Klimakrise
Eine Hoffnung, die nicht glitzert
Krieg in der Ukraine
Biden erlaubt Raketenangriffe mit größerer Reichweite
Rentner beleidigt Habeck
Beleidigung hat Grenzen
Donald Trump wählt seine Mannschaft
Das Kabinett des Grauens
Unterwanderung der Bauernproteste
Alles, was rechts ist