Erderhitzung zerstört Gletscher: Grönlandeis bekommt immer größere Risse
Viele Gletscherspalten wachsen immer weiter, die Gletscher schrumpfen schneller. Schuld sind die steigenden Temperaturen in der Arktis.
Gletscherspalten sind keilförmige Risse, die entstehen, wenn Gletscher sich ungleichmäßig bewegen. Das ist ganz normal, denn Eis fließt mit unterschiedlichen Geschwindigkeiten: An der Oberfläche eines Gletschers und in seiner Mitte ist es schneller als an den Rändern oder tieferen Schichten. So entstehen Spannungen, die das Eis zum Aufbrechen bringen.
Weil die Menschheit immer weiter CO₂ in die Atmosphäre bläst, steigen in Grönland die Temperaturen. Hohe Temperaturen sorgen für schneller fließendes Eis an der Oberfläche und an den Rändern von Gletschern. So steigen die Spannungen im Eisschild und die Gletscherspalten reißen weiter. So weit die Theorie.
Tatsächlich gemessen hat bisher nur eine Studie die Ausbreitung von Spalten im grönländischen Eisschild zwischen 1985 und 2009. Zu erwarten wäre aber, dass sich Gletscherspalten viel schneller bilden. Die Studie von Chudley und Co. ist die erste, die Größe und Tiefe von Gletscherspalten in Zeiträumen von höchstens fünf Jahren nachvollziehen konnte.
Spalten bringen Gletzscher zum Schmelzen
Die Forscher*innen haben dafür 8.000 3D-Oberflächenkarten des Eisschilds analysiert, die sie aus hochauflösenden Satellitenbildern erstellt hatten. In einigen Sektoren wuchsen die Risse zwischen 2016 und 2021 um 15 bis 25 Prozent. Betrachtet man den gesamten grönländischen Eisschild, hielten sich Wachstum und Schrumpfen die Waage.
Den Forscher*innen zufolge liegt das daran, dass ein besonders schneller Gletscher langsamer als üblich war. Der hat aber seitdem wieder Fahrt aufgenommen, die Zeit des Gleichgewichts sei deswegen wahrscheinlich vorbei.
Mit ihren Erkenntnissen können die Studienautor*innen helfen, den Eisverlust Grönlands genauer vorherzusagen, erklärt Ian Howat, Direktor des Byrd Polar & Climate Research Center an der US-amerikanischen Ohio State University und Mitautor der Studie: „Wenn Gletscherspalten wachsen, nähren sie die Mechanismen, die dafür sorgen, dass sich die Gletscher des Eisschilds schneller bewegen, Wasser und Wärme in das Innere des Eisschilds treiben und das Kalben von Eisbergen in den Ozean beschleunigen.“
Diese Prozesse könnten wiederum den Eisfluss beschleunigen und zur Bildung von mehr und tieferen Gletscherspalten führen – „ein Dominoeffekt, der den Eisverlust in Grönland beschleunigen könnte“, so Howat.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Gegen den Trumpismus
Amazon-Boykott, jetzt!
Linkenkandidat Sören Pellmann
Roter Rettungsschirm im Gegenwind
Demos gegen rechts am Wochenende
Mehr als eine halbe Million auf der Straße
Kampf um Kanzleramt
Er wird weichen müssen
Wagenknecht und Migration
Wäre gerne eine Alternative zur AfD
Talkshowgast Alice Weidel
Rhetorisches Rollkommando