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Entwurf zum ProstitutionsgesetzFlatrate-Sex und Gang-Bang verboten

Künftig sollen sich Prostituierte registrieren müssen, und bestimmte Praktiken werden verboten. Der Hurenverband warnt vor Moralisierung per Gesetz.

Müssen sich wohl bald anmelden: Prostituierte in einem Hamburger Bordell Bild: reuters

BERLIN taz | Prostituierte sollen sich künftig bei den Behörden registrieren lassen. Die Betreiber von Bordellen müssen sich einer Zuverlässigkeitsprüfung unterziehen. Flatrate-Sex und Gang-Bang-Partys sollen verboten werden. Das sieht die Reform des Prostitutionsgesetzes vor, auf die sich die Koalitionsparteien am Donnerstag einigten. Die SexarbeiterInnen lehnen die Pläne jedoch ab.

Bundesfrauenministerin Manuela Schwesig (SPD) erklärte, mit der Neuregelung werde es „erstmalig klare Regelungen für die legale Prostitution in Deutschland geben, die dem Schutz der Frauen dienen.“ Über weitere Punkte wie ein Mindestalter in der Prostitution von 21 Jahren verhandeln SPD und Union noch. Die Union möchte das Mindestalter für die Prostitution von 18 auf 21 Jahre heraufsetzen.

Mit den bisher beschlossenen Punkten wird für Prostituierte eine verbindliche Pflicht zur Registrierung eingeführt. Die Huren müssten sich dann in den Kommunen an- und abmelden. Welche Behörde vor Ort genau dafür zuständig ist, müssten die Bundesländer entscheiden, sagte eine Sprecherin des Bundesfrauenministeriums.

Die Anmeldepflicht schade den Frauen, rügte Fabienne Freymadl, politische Sprecherin des Berufsverbandes erotische und sexuelle Dienstleistungen (BesD). In dem Verband sind SexarbeiterInnen organisiert.

Gerade nebenberuflich arbeitende Prostituierte wollten sich nicht registrieren lassen, weil es immer das Risiko gebe, dass die Daten weitergegeben und die Frauen mit ihrer stigmatisierten Tätigkeit geoutet werden, sagte Freymadl. Wenn eine Frau bei einem Date einen Übergriff erlebe, könne sie sich aber künftig nicht mehr an die Polizei wenden, wenn sie nicht behördlich registriert sei.

Kritisch sieht der Berufsverband auch die geplante „Erlaubnispflicht“ und „Zuverlässigkeitsprüfung“ für Bordellbetreiber. Laut der geplanten Neuregelung kann Bordellbetreibern, die etwa eine Vorstrafe haben, der Betrieb untersagt werden. Allerdings soll es eine Ausnahme von der Erlaubnispflicht geben, wenn einzelne Personen in der eigenen Wohnung der Prostitution nachgehen.

Es sei jedoch unklar, wie man „Bordell“ überhaupt definiere, sagte Freymadl. Auch eine Wohnung, die drei Frauen für die Sexarbeit anmieten, könnte möglicherweise als Bordell bezeichnet werden.

Das Verbot von Flatrate-Sex und sogenannten Gang-Bang-Parties zeige zudem, wie moralisch die Debatte geführt werde, erklärte die Verbandssprecherin weiter. Denn mit dem Verbot bestimmter Geschäftsmodelle und Praktiken, die in der öffentlichen Wahrnehmung als besonders erniedrigend gelten, bekämpfe man nicht die Zwangsprostitution, die sich ohnehin nicht an solche Verbote halte.

Flatrate-Angebote sind ein „Werbetrick“

Beim sogenannten Flatrate-Sex bezahlen Männer eine Pauschale, dürfen sich dafür mehrere Stunden in einem Bordell aufhalten und soviel Sex haben wie sie wollen. Das sei eine „Werbekiste“, erklärte Freymadl. In der Regel komme es dabei nur zu ein- oder zweimaligen Sexkontakten mit Orgasmus. Mehr schafften die meisten Männer nicht. Dieses Geschäftsmodell habe den Vorteil für die Frauen im Bordell, dass ihr Einkommen planbarer sei, als wenn der Mann nur für jede sexuelle Praxis einzeln bezahlt.

Auch der sogenannte Gang-Bang ruft nach Meinung der Verbandssprecherin in der Öffentlichkeit ein falsches Bild hervor. Hier hat eine Prostituierte mit mehreren Männern gleichzeitig oralen, vaginalen oder analen Sex. In relativ kurzem Zeitraum verdient die Sexarbeiterin damit verhältnismäßig viel Geld. In der Öffentlichkeit gilt diese Praxis als erniedrigend für die Frau.

Wenn der Kontakt freiwillig sei, handele es sich dabei aber nur um eine bestimmte Praxis, betonte Freymadl. Es ergebe keinen Sinn, die Komplexität in der Branche einzuschränken, um damit die Zwangsprostitution zu bekämpfen, die grundsätzlich und unabhängig von jeder Praxis eine schwere Menschenrechtsverletzung und Straftat sei.

Sexarbeit als Freiberuf

Der Berufsverband fordert, die Prostitution als normale freiberufliche Tätigkeit anzuerkennen und damit auch das Prostitutionsverbot in Sperrbezirken abzuschaffen.

Die noch strittigen Punkte zur Reform des Prostitutionsgesetzes sollen im Frühherbst geklärt werden. Umstritten ist nach wie vor der Wunsch der Union, dass Freier von Zwangsprostituierten bestraft werden. Kritiker befürchten, dass dann noch weniger Kunden Hinweise auf Zwangsprostitution geben, wenn sie ungewollt an solche Frauen geraten.

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8 Kommentare

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  • An diesem Beispiel zeigt sich mal wieder, dass die Regierung nicht in der Lage ist, die Folgen ihrer Forderungen zu bedenken.

     

    Durch Gesetze wie die hier geplanten, treibt man viele Frauen in die Illegalität - und das ist nun wirklich kein Vorteil, oder?

     

    Diese Kurzsichtigkeit sieht man mittlerweile leider bei sehr vielen Gesetzesvorhaben. Ohne nachzudenken werden nachfolgende Generationen mit hohen Kosten belastet, Arbeitsplätze vernichtet oder Unterbringung in personell unzureichend ausgestatteten Kitas forciert. Armes Land.

  • So was nennt man glaube ich "Flatrate-Politik"... Flat im Sinne von "platt"... den wirklichen Opfer von Menschenhandel hilft es in keiner Weise: sie werden auch in Zukunft nicht aussagen, um sich nicht selber ans Messer zu liefern. Blinder Aktionismus, unqualifiziert bis zum gehtnicht mehr und einfach nur dumm....

  • Hier wird "Moral" mit "Schutz von Frauen" begründet. "Gang Bang" und "Flatrate Sex" sind sicherlich nicht förderungswürdig. Dass sie aber Prostituierte mehr erniedrigen würden als andere sexuelle Praktiken, halte ich für ein Gerücht. Es ist eher die gesellschaftliche Moral, die solche zweifelhafte Parties nicht will.

    Wenn jemand wirklich Frauen hätte schützen wollen, dann wäre die Kondompflicht eingeführt worden. Freier, die kein Kondom verwenden hätten damit bestraft werden können.

    Also werden mal wieder unter dem Deckmantel des Schutzes von Frauen Moralvorstellungen durchgesetzt.

  • 1G
    10025 (Profil gelöscht)

    Der BesD, dessen Pressemitteilung hier fast ungeändert abgedruckt wurde, repräsentiert keineswegs "die SexarbeiterInnen". Da drin sind grad mal ein paar Hundert prostituierte Frauen versammelt, viele davon selbst Bordellbetreiberinnen, und außerdem wahrscheinlich auch Freier. Wie wäre es, wenn die taz mal selbst recherchiert und Aussagen kritisch einbettet? Nennt sich Journalismus.

  • Wenn Prostitution ein normales Arbeitsfeld sein soll, so ist es nur richtig und billig, dass diese Arbeit wie jede andere Arbeit auch registriert wird.

    Wie sollen sonst steuerliche Abgaben generiert werden?

    Ich selbst gehe nicht zu Prostituierten, muss jedoch egal was ich einkaufe oder wohin ich auch gehe (z.B. Yoga Kurs), für das was ich bekomme eine nicht zu unterschätzende Summe an steuerlich relevanten Abgaben zum Gehalt des Anbieters obendrauf zahlen. Das ist auch bei der Prostitution richtig, zumindest, wenn sie zum anerkannten Beruf werden soll.

    Wenn wir nicht in diesem blöden Billigkapitalismus leben würden, so wäre es nur logisch einen staatlich festgelegt Mindestbetrag für Sexleistungen einzuführen.

     

    Gesetzesbruch und Gewalt wird außer im Sexgewerbe ansonsten nicht dadurch bekämpft, dass man wie z.B. bei Kinder- oder Zwangsprostitution wegschaut, sprich keine Kontrollen, Registrierung oder andere erfolgsversprechende Maßnahmen ergreift um dies einzudämmen.

    Im Artikel steht:

    "Das Verbot von Flatrate-Sex und sogenannten Gang-Bang-Parties zeige zudem, wie moralisch die Debatte geführt werde, erklärte die Verbandssprecherin weiter. Denn mit dem Verbot bestimmter Geschäftsmodelle und Praktiken, die in der öffentlichen Wahrnehmung als besonders erniedrigend gelten, bekämpfe man nicht die Zwangsprostitution, die sich ohnehin nicht an solche Verbote halte."

    Diese Aussage ist sichtbarer Lobbyismus, wofür auch immer, sicherlich nicht für das Recht unterdrückter Frauen.

    Es sei denn mit Komplexität ist die "Vielschichtigkeit von persönlicher individueller Entfaltung" gemeint. (Ha, ha, ha)

  • Die Meldepflicht für Prostituierte bewirkt insbesondere zwei Dinge:

     

    1. Die Besteuerung der Damen wird sichergestellt.

    2. Ein Ausstieg aus der Prostitution ist damit praktisch ausgeschlossen.

     

    Der mieseste Zuhälter ist eben immer noch der Staat.

    • @Rainer B.:

      ,

      nicht, dass ich Ihnen im Abgang nicht zustimmen wollen würde, aber Steuern (und obligatorisch eigene Rentenvorsorge) sollten auch jene 'freiberuflich' tätigen ArbeiterInnen im Weinberg des HErrn zu zahlen haben, oder nicht?

      "Gerade nebenberuflich arbeitende Prostituierte wollten sich nicht registrieren lassen" – warum wohl?! Wer ließe sich schon gern ein ad libitum sehr einträglich zu betreibendes 'Hobby'-Business neben dem Bezug von ggf. Transferleistungen, Unterhaltszahlungen, etc. vermiesen!

      Nur, welcher Mehrwertsteuer-Satz sollte für derlei Dienstleistungen auf absatzfähigen Rechnungen gelten? ; )

      • @addizzy:

        Es ist ja nicht so, dass Prostitution nicht längst besteuert würde. Im Prinzip gibt's ja für Prostituierte zwei Varianten. Entweder sie sind nichtselbständig, oder sie arbeiten selbständig. Nichtselbständige werden bislang meist pauschal besteuert. Die Steuer bezahlt der Bordellbetreiber nach Person und/oder Kontakten. Die Prostituierte kann dabei "anonym" arbeiten, weil sie selbst als Steuerschuldner gar nicht in Erscheinung tritt. Viele arbeiten nur zeitweilig, oder nebenher und sind an einer Selbständigkeit als Prostituierte gar nicht interessiert. Das sind aber i.d.R. nicht die Frauen, die eines intensiven staatlichen Schutzes bedürfen. Deren Position verschlechtert sich durch eine Meldepflicht erheblich, wogegen die Wirksamkeit dieser Maßnahme gegen Zwangsprostitution wohl kaum greifen können. Es macht einfach keinen Sinn, Prostituierte in die Selbständigkeit zu zwingen. Das führt nur zu Scheinselbständigkeiten und damit einer Verschleierung der eigentlichen Probleme, die es ja unbestreitbar gibt.