Entwurf gegen Fachkräftemangel: Ein kleines bisschen Einwanderung
Das BMI legt einen Entwurf für die Einwanderung von Fachkräften vor. Doch Opposition und Gewerkschaft geht der nicht weit genug.
Momentan prosperiere die deutsche Wirtschaft, heißt es in dem Entwurf, der der taz vorliegt. Diese „erfreuliche Entwicklung“ trage zugleich dazu bei, „dass Betriebe und Unternehmen bereits heute Schwierigkeiten haben, für bestimmte Qualifikationen, Regionen und Branchen qualifizierte Fachkräfte zu finden“. Die Zahl der offenen Stellen liege derzeit bei 1,2 Millionen. Der Fachkräftemangel habe sich „zu einem Risiko für die deutsche Wirtschaft entwickelt“.
Neben Menschen, die einen Hochschulabschluss haben, soll deswegen nun auch Menschen mit einer qualifizierten Berufsausbildung die Einreise zu Erwerbszwecken ermöglicht werden. Demnach sollen Nicht-EU-Bürger*innen in Deutschland arbeiten dürfen, wenn sie eine „inländische qualifizierte“ oder eine „gleichwertige ausländische“ Berufsausbildung sowie ein konkretes Jobangebot haben und ausreichend Deutsch können.
In begrenzten Fällen sollen Teile der Qualifikation auch in Deutschland erworben werden können. Fachkräfte, die ihren Lebensunterhalt selbst bestreiten können, dürfen zudem für sechs Monate einreisen, um nach einem Job zu suchen.
Eine Neuerung gibt es auch bei der Ausbildungsduldung, durch die zum Beispiel abgelehnte Asylbewerber*innen unter Umständen nicht abgeschoben werden, während sie sich in einer Berufsausbildung befinden. Diese Regelung wird bisher regional sehr unterschiedlich ausgelegt. Immer wieder gibt es Berichte über Firmen, deren Auszubildende von Abschiebung bedroht sind. Der Paritätische Gesamtverband spricht von einem „Flickenteppich bei der Umsetzung“.
„Einwanderungsgesetz ohne Einwanderung“
Das soll nun vereinheitlicht und ausgeweitet werden: Künftig soll die Ausbildungsduldung auch für Assistenz- oder Helferausbildungen gelten. Für eigentlich ausreisepflichtige Menschen, die seit mindestens 18 Monaten einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung nachgehen, soll es zudem die Möglichkeit einer zweijährigen „Beschäftigungsduldung“ geben.
Vom Spurwechsel hingegen, den die SPD sich gewünscht hatte, findet sich in dem Entwurf nichts. Dieser hätte es abgelehnten Asylbewerber*innen ermöglicht, aus dem Asylrecht ins Einwanderungsrecht zu wechseln – und so doch noch auf eine Bleibeperspektive hoffen zu können. Wie das Innenministerium bestätigte, soll der Gesetzentwurf voraussichtlich am 19. Dezember vom Kabinett beschlossen werden.
Annelie Buntenbach, DGB
Unter anderem den fehlenden Spurwechsel kritisierte Annelie Buntenbach vom DGB-Vorstand scharf. Sie nannte den Entwurf „kurzsichtig und integrationsfeindlich“. Wer seinen Lebensmittelpunkt in Deutschland habe, brauche auch guten Zugang zum Arbeitsmarkt. „Mit dem angekündigten umfassenden Konzept hat diese Flickschusterei nichts zu tun.“
Auch die Oppositionsparteien im Bundestag kritisierten das Vorhaben. Von einem „halbherzigen Bekenntnis zur Fachkräfteeinwanderung“ sprach der FDP-Fraktionsvize Stephan Thomae und forderte ein Punktesystem. Die Linken-Politikerin Ulla Jelpke kritisierte, die Vergabe von Rechten dürfe eben „nicht von der ökonomischen Verwertbarkeit von Menschen abhängen“.
Die Grünen-Politikerin Filiz Polat sprach von einem „Einwanderungsgesetz ohne Einwanderung“: Es würden zwar „Einwanderungswege gezeichnet“, diese allerdings „so verbaut und unbegehbar gemacht“, dass „kaum jemand darüber kommen“ könne.
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