Entwurf des Bundeshaushalts für 2022: Mehr Schulden durch Krieg

Der Entwurf für den Bundeshaushalt 2022 steht. Für Zuschüsse zu den Energiekosten muss die Ampel-Regierung wohl zusätzliche Kredite aufnehmen.

Finanzminister Christian Lindner

Mittlerweile ist ein sogenannter Ergänzungshaushalt im Gespräch: Finanzminister Christian Lindner Foto: Kay Nietfeld/dpa

BERLIN taz | Möglicherweise wird die Bundesregierung dieses Jahr noch einmal mehr Schulden aufnehmen als geplant – wegen des russischen Krieges gegen die Ukraine. Eigentlich wollten SPD, Grüne und FDP 2022 mit knapp 100 Milliarden Euro neuer Kredite auskommen. Doch mittlerweile ist ein sogenannter Ergänzungshaushalt im Gespräch, der zum Beispiel Ausgleichszahlungen an Haushalte und Unternehmen für die steigenden Energiekosten beinhalten könnte.

Eine „höhere Nettokreditaufnahme“ im Bundeshaushalt 2022 sei möglich, hieß es am Montag aus dem Bundesfinanzministerium. So hatte Finanzminister Christian Lindner (FDP) einen Tank-Rabatt ins Gespräch gebracht. Wenn jeder Liter Benzin und Diesel beispielsweise mit 20 Cent staatlich bezuschusst würde, kostete das etwa eine Milliarde Euro pro Monat. Statt fossile Energie zu subventionieren, plädierte der grüne Finanzpolitiker Sven-Christian Kindler dafür, Privathaushalten mit niedrigen und mittleren Einkommen ein zusätzliches Energiegeld als Unterstützung auszuzahlen. Finanzpolitisch wäre der Effekt derselbe: Geld, das die Regierung nicht über Steuern einnimmt, muss sie sich leihen.

Über den Entwurf des Bundeshaushalts 2022 will das Kabinett an diesem Mittwoch entscheiden. Im Plan stehen bisher Ausgaben von 458 Milliarden Euro, 100 Milliarden davon finanziert über neue Schulden. Der Ergänzungshaushalt soll im Laufe des Frühjahrs hinzukommen, wenn die Regierung weiß, was sie genau machen will. Wegen der Coronapandemie ist die Schuldenbremse im Grundgesetz dieses Jahr noch ausgesetzt.

2023 soll diese Regel eigentlich wieder eingehalten werden. Bei den Grünen wird allerdings diskutiert, ob das realistisch erscheint. Denn um das zu schaffen, müsste die Regierung ihre Ausgaben schnell um etwa ein Viertel verringern. Angesichts der anhaltenden Coronaprobleme und der Folgen des Krieges kann man das für schwierig halten.

Wie viel Geld für welchen Bereich?

Krisen und Herausforderungen haben den Anteil der Schulden an den Bundesausgaben während der vergangenen Jahre ohnehin stark steigen lassen. So will die Ampel zusätzlich zum normalen Haushalt 2022 ein Sondervermögen für die Bundeswehr einrichten. Die dafür vorgesehenen 100 Milliarden Euro stammen ebenfalls aus zusätzlichen Krediten. Sie lassen die Verschuldung des Bundes in diesem Jahr auf mindestens 200 Milliarden Euro wachsen. Und aus 2021 hat die Regierung bereits 60 Milliarden Euro Kredite ins laufende Jahr umgebucht, die in den Klima- und Transformationsfonds fließen. Dieser Teil des Haushalts dient dazu, mittelfristig die Klimapolitik zu finanzieren.

Konkret sind im Haushaltsentwurf für 2022 nochmals rund 24 Milliarden Euro Mehrausgaben wegen Corona enthalten, etwa Hilfen für Unternehmen. Die Verkehrsinvestitionen sollen während der kommenden fünf Jahre in Richtung 20 Milliarden Euro jährlich zunehmen – der größte Teil für Schienenverkehr, der Straßenbau bekommt weniger.

Für den Bau von Sozialwohnungen stellt die Koalition dieses Jahr zwei Milliarden zur Verfügung, ab 2025 dann schon 3,5 Milliarden. Insgesamt 50 Milliarden Euro sind jährlich für Investitionen eingeplant – viel mehr als früher. Bei der Entwicklungshilfe will die Regierung mehr oder weniger die Zusage einhalten, 0,7 Prozent der Wirtschaftsleistung zur Verfügung zu stellen. Dieser Posten wächst allerdings nicht annähernd so schnell wie das Militärbudget.

Von den im Koalitionsvertrag angepeilten großen Sozialreformen ist bisher nichts zu sehen. Weder die Kindergrundsicherung noch das Bürgergeld stehen im Entwurf für dieses Jahr. Ob sie nächstes Jahr kommen, ist unklar. Die Aussichten für diese potenziell teuren Vorhaben sind angesichts der finanziellen Gesamtlage nicht gut.

Den Beginn der Rückzahlung der Coronaschulden seit 2020 hat die Regierung auf 2028 hinausgeschoben. Dann sollen jedes Jahr elf Milliarden zurückfließen – 30 Jahre lang. Trotz der zusätzlichen Kredite halten sich die deutschen Staatsschulden noch einigermaßen in Grenzen. Dieses Jahr werden sie bei gut 70 Prozent der Wirtschaftsleistung liegen.

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