Entwürfe für Braunschweigs Lichtparcours: Dürfen wir das?

Im Sommer wird Braunschweig wieder zu einem Schauplatz für aufwendige Lichtkunst. Erstmals geht es inhaltlich auch um Nachhaltigkeit und Umweltschutz.

Eine Computeranimation zeigt einen Mond aus Plastikmüll über einem Fluss, an dem Leute stehen und den Mond anschauen.

Die Lichtparcours-Idee der Gruppe Luzinterruptus: Mond aus Plastikmüll, hier in einer Visualisierung Foto: Luzinterruptus

„Dürfen wir das?“ Das fragte sich Braunschweigs Kulturdezernentin Anja Hesse angesichts des 6. Lichtparcours, der im Sommer 2024 wieder ein temporäres Kunstvergnügen im öffentlichen Raum der Stadt bieten soll.

Dürfen wir? Nicht nur der nahe Krieg, auch das Nachdenken über Klima-Folgen unseres Konsumverhaltens, rare Energieressourcen, Wasserknappheit oder Plastikmüll in den Weltmeeren, kurz: unseren ökologischen Fußabdruck, hat längst in die Kunst Einzug gehalten. Beim künstlichen Licht im öffentlichen Raum fällt schnell das vernichtende Urteil – Lichtverschmutzung. So kennt mittlerweile wohl je­de:r den Zusammenhang von Insekten-, Vogel- oder anderem Artensterben und exzessiver nächtlicher Illumination. Was also tun?

Verzichten wollte Hesse auf einen letzten Lichtparcours vor ihrem Ruhestand nicht, also hat sie inhaltlich nachjustiert. Ging es bei den fünf vorherigen Ausgaben, zwischen 2000 und 2020 im Vierjahresturnus veranstaltet, primär um künstlerische Qualitäten im Zusammenspiel von Licht, Topografie, Wasser, Grün und Architekturen, bezieht das kommende Event Aspekte der Nachhaltigkeit und Ressourceneffizienz ein.

Das Procedere aber bleibt gleich: Ein Auswahlgremium hat 15 Künst­le­r:in­nen und Teams – sowie neuerlich Studierende der TU Braunschweig – zu Projektentwürfen eingeladen. Diese teils aufwendigen Modelle, Versuchsaufbauten und Simulationen werden ausgestellt und sollen Sponsoren überzeugen, eine Realisierung zu finanzieren.

bis 11. 6., Kunstverein Braunschweig.Weiter Infos: www.lichtparcours.de

Ist nur dystopische Krisenkunst entstanden? Mitnichten. Es scheint, auch trübe Themen können zum ästhetischen Spektakel auflaufen. Der größte und technisch wohl aufwendigste Vorschlag besteht aus einem nächtlich beleuchteten Mond aus Plastikmüll, 12 Meter Durchmesser, aufgehängt an einem Baukran über einer Wasserfläche: Die spanische Gruppe Luzinterruptus möchte darauf aufmerksam machen, dass der echte Mond immer weniger sichtbar werden wird.

Verdrängt, wenngleich sozialpsychologisch, wird auch das Rotlichtmilieu unserer Städte: Jan Philip Scheibe widmet der einschlägig legendären Braunschweiger Bruchstraße ein großes, rot blinkendes Monument, leider nicht am Ort selbst postiert, sondern vor einer Schauruine samt Teich im nahen Bürgerpark.

Die benachbarte Wasserlandschaft haben aber auch andere Künst­le­r:in­nen ins Auge gefasst – es könnte also nicht nur thematisch kollidieren, wenn Tobias Rehberger mit seinem Unterwasser-LED-Teppich samt leisem Sound unser Unterbewusstsein aufwühlen möchte; oder Alona Rodeh zwei dieser peinlichen Braunschweiger Tretboote in Schwanenform ein automatisiertes Wasserballett aufführen lässt.

Absolut minimalistisch hingegen ist die Projektion einer großen Öllache: Studierende der Architekturbezogenen Kunst möchten sie am Okergestrande der Universität ihr schillerndes Unwesen treiben sehen.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.