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Entwicklung von Corona-ImpfstoffDas Impf-Monopoly

Ingo Arzt
Kommentar von Ingo Arzt

Das globale Rennen um einen Corona-Impfstoff mag für Effizienz sorgen. Trotzdem stinkt es zum Himmel, dass Pharmakonzerne damit Gewinne machen.

Spritze mit Curevacs Corona-Impfstoff in der ersten Phase der klinischen Studie Foto: Ulmer/imago

C orona wird für die Pharmaindustrie ein Riesengeschäft: Sollten 7,7 Milliarden Menschen mit wahrscheinlich 2 Impfdosen immunisiert werden und eine Dosis zwischen 2 und 9 Euro kosten (die Zahlen kursieren), dann macht das bis zu 140 Milliarden Euro Umsatz. Fett.

Ist das verwerflich? Wenn damit die Pandemie beendet wird und die Ökonomien nicht nochmal ins Bodenlose stürzen? Bisher liegt der globale wirtschaftliche Schaden laut IWF bei unglaublichen 10.200 Milliarden Euro. Dahinter stehen Hunderte Millionen zerstörter Existenzen.

Weltweit haben sich Gesellschaften darauf geeinigt, dass Gesundheit eine Ware ist, mit der sich Geld verdienen lässt. So wird das nun auch mit Impfstoffen gegen die Pandemie sein. Erst den Kapitalismus abschaffen und anschließend Corona beenden, das wird so nicht klappen.

Die Staaten der Welt kaufen derzeit Milliarden Impfdosen vorab, deren Wirksamkeit nicht erwiesen ist – sollten sie nicht geeignet sein, werden die Pharmakonzerne trotzdem Geld für die ­Chargen bekommen. Und das ist sinnvoll. Denn der Markt versagt in der Coronakrise komplett. Kein Unternehmen würde so schnell entwickeln, testen und noch vor einer Zulassung produzieren, wenn nicht die öffentliche Hand die Kosten übernehmen würde.

Eigentlich ist das ein cleveres System: Der Konkurrenzdruck sorgt für Geschwindigkeit, derzeit werden weltweit elf Wirkstoffe in großem Stil erprobt. Die öffentlichen Gelder sorgen dafür, dass auch genug bei dem Impf-Monopoly mitmachen und sich gegenseitig antreiben.

Und trotzdem stinkt das Spiel zum Himmel. Denn es stellt sich eine simple Frage: Warum um alles in der Welt sollen Pharmakonzerne mit den Impfungen am Ende Gewinn machen dürfen, wenn fast das komplette Risiko für Entwicklung und Produktion öffentlich finanziert wird? Die geförderten Konzerne werden auch so auf Jahre von den Forschungen, Patenten und Fabriken profitieren, die sie gerade geschenkt bekommen. Impfungen zum Selbstkostenpreis, keinen Cent mehr, so müsste es heißen.

Passieren wird das allerdings nicht. Denn es gibt keine Weltregierung. Die Staaten koordinieren sich nicht, sie konkurrieren. Sie wetteifern um einen möglichst schnellen Zugang zu Impfstoffen, weil im Jahr 2021 nicht plötzlich genug für alle da sein wird. Es wird Engpässe geben, und da funk­tio­niert der Markt dann wieder: Mit knappen Gütern lassen sich hohe Preise erzielen. Darauf verzichtet kein Konzern der Welt. Dicke Gewinne sind der Preis des Endes der Pandemie.

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Ingo Arzt
ehem. Wirtschaftsredakteur
Beschäftigte sich für die taz mit der Corona-Pandemie und Impfstoffen, Klimawandel und Energie- und Finanzmärkten. Seit Mitte 2021 nicht mehr bei der taz.
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8 Kommentare

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Kommentarpause ab 30. Dezember 2024

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  • ... Die EU hat weniger Impfstoffe bestellt im Verhältnis zur Einwohnerzahl als z.B. Großbritannien. Ob Deutschland oder die hiesigen Apotheken zusätzliche Bestellungen machen, oder wie das überhaupt ablaufen soll, ist für mich nicht nachvollziehbar.

  • Der Aufbau der Produktionskapazitäten zur Herstellung von Impfstoffen kostet nun mal auch Geld. Normalerweise kann man die über 10 bis 20 Jahre abschreiben. Wenn die nun aber für eine hoffentlich nicht so bald wiederkehrende Situation sehr kurzfristig hochgefahren werden und daher nur kurze Zeit in Gebrauch sind, muss man die Kosten auf eine kürzere Dauer umlegen. Diejenigen, die schon über abgeschriebene Anlagen verfügen, können natürlich denselben Preis nehmen, der für die neuen Anlagen gerade kostendeckend ist, und damit einen Gewinn machen.



    Gilt für Mundschutz analog. Gäbe es da Preisregelungen, hätten wir immer noch keine ausreichende Versorgung.

    Im Vergleich zu Medikamenten wie z.B. Remdesivir sind Impfstoffe sowie fast gratis.

    Bedauerlich finde ich eigentlich, dass man sich nicht als Privatperson an dem Aufbau zusätzlicher Kapazitäten beteiligen konnte, mit der Gegenleistung einer früheren Versorgung mit den den dort zusätzlich hergestellten Impfstoffen. Die EU hat ja offenbar deutlich weniger bestellt im Verhä

  • Was für ein Unsinn! Die Herstellung eines Impfstoffes kostet ja nun mal tatsächlich Geld. 2 - 9 € für eine Dosis liegt schon fast im Bereich des Selbstkostenpreises (Masern z. B. ca. 13 €).



    Und ja - die teilnehmenden Unternehmen dürfen damit durchaus Geld verdienen. Schon weil man für eine weltweite Impfung jeden privaten Hersteller braucht. Und für Umme hat die taz sehr wahrscheinlich diesen dämlichen Artikel auch nicht bekommen. Und das obwohl das Geld bei den Impfstoffherstellern mit Sicherheit besser angelegt ist als beim Ingo.

  • Gute Idee! Weiter so.

  • Ein sozialistischer Bruderstaat liefert doch bereits, mutig sein und mit machen, impfen lassen Herr Arzt. Sie brauchen nicht mal auf das kapitalistische und vergiftete Angebot der imperialistischen Pharmakonzerne warten. Keine Mark den korrupten Pharma Geschäftemacher. Rotfront an die Impffront... wir werden für die Volksgesundheit siegen.

  • 4G
    4813 (Profil gelöscht)

    Ach bitte, wenn ich als vom Unternehmen bezahlter Mitarbeiter eine Erfindung mache, etwas Neues entdecke, werde ich damit auch Gewinn machen - auch wenn die Sache komplett vom Unternehmen finanziert wird.



    Warum soll die Firma, die es schafft einen Impfstoff zu entwickeln, der Leben rettet, keinen Bonus bekommen?

  • Ja, das stinkt. Genauso wie: Rendite mit Miete. Rendite mit Ausbeutung (-> Fleischindustrie, Gemüseanbau, aus aktuellem Anlass). Rendite mit Umweltzerstörung, auch noch staatlich gefördert (ach so, heisst Entschädigung).

    Ich bin ja nicht gegen Kapitalismus. Aber wenn sich Kapitalisten so rüpelhaft behehmen, dann bin ich eben gegen Kapitalisten.

  • Wenn man hinter Skandale und Verbrechen kommen wollte, hieß es in früheren Zeiten: „Chercher la femme!“ Heute müßte das geflügelte Wort wohl lauten: „Chercher l‘argent!“