Entwicklung für Bremen-Nord: Der Norden bleibt abgehängt
Mit einem Strukturkonzept versucht der Senat seit eineinhalb Jahren Bremen-Nord voranzubringen. Das klappe gut, findet man zumindest im Rathaus.
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Dabei passiere viel, sagt Martin Prange, Senatsbeauftragter für den Bremer Norden. Vor wenigen Wochen habe der Senat die Gelder für den geplanten Berufsschul-Campus auf dem BWK-Gelände in Blumenthal freigegeben. „Das ist eine massive Besserstellung für den Stadtteil“, so Prange. Auch dass die Gewoba die Wohnungen in der Lüssumer Heide Anfang des Jahres dem privaten Konzern Vonovia abgekauft hat, sei ein Fortschritt.
Des Weiteren werde der Ringschluss der Autobahn 281 wie geplant 2024 vollzogen sein. So steht es auch in einer Senatsantwort aus dem März auf eine Anfrage der CDU, in der die Fraktion „endlich konkrete Maßnahmen“ gefordert hatte. „Bis auf einige wenige Verkehrsprojekte haben die im ISEK aufgeführten Vorschläge Eingang gefunden in die Maßnahmenplanungen der Ressorts“, sagte der Senat dazu.
Ein neues Programm zur Förderung kleiner Quartiere sei ebenso auf den Weg gebracht, sagt Prange. Ein Fortschritt, denn: „Gerade in Burglesum treten soziale Probleme sehr kleinteilig auf.“ Arme und reiche Gegenden treffen hier unmittelbar aufeinander, etwa im Alwin-Lonke-Quartier, das Teil des Förderprogramms ist.
Martin Prange, Bremen-Nord-Beauftragter beim Senat
Oder in der Grohner Dühne: Rechne man diese heraus, stünde Vegesack sozialstrukturell wie Oberneuland dar, sagt Prange. „Hier prallen verschiedene Lebensumstände aufeinander.“ Was genau mit den bewilligten 170.000 Euro passieren soll, erarbeite gerade das Sozialressort.
Auch in Sachen Kitaplätze erfülle man das Soll, sagt Prange: Der angestrebte Betreuungsschlüssel von 98 Prozent bei den Drei- bis Sechsjährigen und 50 Prozent bei den jüngeren sei in Burglesum erfüllt, in Blumenthal sogar übererfüllt. Lediglich in Vegesack hänge man ein wenig hinterher. Einziger Haken: Die geschaffenen Plätze können nicht komplett genutzt werden – „weil das Personal fehlt“, so Prange.
Der Kitaausbau ist eine staatliche Pflichtaufgabe, keine Strukturpolitik, kritisiert Rainer Bensch (CDU), Bürgerschaftsabgeordneter aus Bremen-Nord. Die Schaffung des Berufsschulcampus sei zwar ein Signal, und sowieso parteiübergreifender Konsens, so Bensch. Aber andere Erfolge? „Da ist gar nichts gelaufen.“ Der ISEK sei ein „Beruhigungsprogramm“, sagt er, wirft der Regierung politisches Versagen vor und fordert ein Sonderinvestitionsprogramm.
„Warum verlagert man nicht gezielt Behörden nach Bremen-Nord, die es ohnehin schon gibt?“ Dass Teile des Finanzamtes stattdessen sogar aus dem Norden abgezogen worden seien, sei „intern logisch, aber strukturpolitisch eine Farce“.
Auch eine Stärkung der finanziell maroden Jacobs-Universität, etwa durch die Schaffung eines Medizinstudiengangs, müsse in Erwägung gezogen werden. Für Bensch steht fest: „Die Jacobs-Uni darf als letzter großer Arbeitgeber nicht geopfert werden.“ Des Weiteren fordere er eine schnelle und unbürokratische Förderung Bremer Start-ups, diese könnte man in Bremen-Nord verorten.
Die tatsächliche Wirkung des Strukturkonzepts ist umstritten
Auch der Wirtschafts- und Strukturrat Bremen-Nord kritisierte zuletzt das „Fehlen einer konkreten Strategie für eine nachhaltig erfolgreiche Entwicklung des Bremer Nordens“. Maja Tegeler ist da anderer Meinung. Für die Fraktionssprecherin der Linkspartei für Bremen-Nord steht das Thema „im Fokus der Regierung“. Blumenthal sei unter anderem durch das La-Strada-Festival kulturell aufgewertet worden; am Vegesacker Bahnhof sei der Bebauungsplan für das umliegende Gelände auf dem Weg.
Auch den geplanten Berufsschul-Campus begrüßt Tegeler. Ungelöst sei dagegen der Umgang mit der Jacobs-Universität. „Jetzt wird es darauf ankommen, ob und wie die Universität eine Anbindung an die öffentliche Hochschule bekommt.“ Wie eine Lösung für die Privat-Uni aussehen kann, sei noch unklar, sagt Prange.
Selbst Tegeler bezweifele aber, dass die Bemühungen des Senats auf das ISEK zurückzuführen seien. Es bündele verschiedene Punkte, werde aber „höher bewertet, als es real ist“. Das Konzept habe zwischen den Stadtteilen eine Diskussion darüber befördert, wie der Norden voran gebracht werden könne, findet indes Prange.
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