Entscheidung zwischen USA und China: Trudeaus Huawei-Dilemma
Die Festnahme der chinesischen Huawei-Managerin Meng Wanzhou setzt die kanadische Regierung von Justin Trudeau massiv unter Druck.
VANCOUVER taz | Am Samstag hat China von Kanada die sofortige Freilassung der festgenommenen Huawei-Managerin Meng Wanzhou gefordert. Laut der Staatsagentur Xinhua wurde der kanadische Botschafter in Chinas Außenministerium bestellt und Kanada mit „schwerwiegenden Konsequenzen“ gedroht. Welche genau, wurde nicht mitgeteilt. In jedem Fall ist es in diplomatischer Eklat, der das ohnehin angespannte bilateral Verhältnis auf eine harte Probe stellt.
Kanada hatte Meng, die zugleich die Tochter des Huawei-Konzerngründers ist, am 1. Dezember auf Verlangen der USA am Flughafen Vancouver festnehmen lassen. Die Amerikaner werfen Chinas Telekommunikationsausrüster Betrug vor. Huawei soll das US-Embargo gegen den Iran über eine Scheinfirma verletzt haben. Bei einer Auslieferung in die USA drohen Meng dort bis zu 30 Jahre Haft.
Kanadas Premier Justin Trudeau wollte eigentlich das Verhältnis zu China verbessern. Doch musste er dem Verlangen der Amerikaner nach Festnahme nachgeben. Das Auslieferungsabkommen mit den USA sieht vor, dass sich beide Staaten gegenseitig unterstützen. Kanadas Justizministerin hat bei der Frage, ob Meng ausgeliefert wird, das letzte Wort. Spätestens dann wird Trudeau entscheiden müssen, was ihm wichtiger ist: das Verhältnis zu China oder zu den USA.
Derzeit verhandelt ein Gericht in Vancouver, ob Meng gegen Kaution freikommt. Die Anhörung war am Freitag unterbrochen worden und soll Montag fortgesetzt werden. Käme Meng gegen Kaution frei, dürfte sie auf Monate oder gar Jahre in Vancouver bleiben. Dort besitzt sie bereits seit Jahren zwei Immobilien in bester Lage.
Kanadas Beziehungen zu China droht neuer Tiefpunkt
Den kanadisch-chinesischen Beziehungen droht ein neuer Tiefpunkt. Beide Länder sind sich nicht nur bei Themen wie Menschenrechte uneinig. Vor einem Jahr platzte auch Trudeaus Versuch, mit den Chinesen ein Freihandelsabkommen auszuhandeln. Und im Mai hatte die Regierung in Ottawa die Übernahme des kanadischen Baukonzerns Aecon durch chinesische Investoren blockiert – aus Furcht vor chinesischer Industriespionage.
Dieses Thema spielt auch im Zusammenhang mit dem Telekommunikationriesen Huawei eine Rolle. Die Amerikaner werfen Huawei eine Bedrohung der nationalen Sicherheit vor, angeblich, weil mit Hilfe von Huaweis Technik US-Firmen und Behörden ausspioniert wurden.
Die Amerikaner haben deshalb angeordnet, dass Huawei-Podukte nicht mehr in kritischen Systemen eingesetzt werden dürfen. Dem sind mittlerweile auch Australien und Neuseeland gefolgt.
Kanada teilte die US-Bedenken bisher nicht
Nicht jedoch Kanada. Dort ist Huawei an Forschungsprojekten beteiligt, hat staatliche Fördergelder erhalten und arbeitet mit lokalen Telekommunikationsfirmen an Projekten zur nächsten Mobilfunkgeneration (5G).
Die Amerikaner drängen, diese Kooperation einzuschränken. Mengs Verhaftung gibt dem eine neue Brisanz, die Trudeau möglichst schnell entschärfen möchte. Doch ein Auslieferungsverfahren kann in Kanada 6 bis 12 Monate dauern – oder auch länger. Bei dem deutschen Rüstungslobbyisten Karlheinz Schreiber dauerte es zum Beispiel zehn Jahre.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Müntefering und die K-Frage bei der SPD
Pistorius statt Scholz!
Kampf gegen die Klimakrise
Eine Hoffnung, die nicht glitzert
Krieg in der Ukraine
Biden erlaubt Raketenangriffe mit größerer Reichweite
Haldenwang über Wechsel in die Politik
„Ich habe mir nichts vorzuwerfen“
Rentner beleidigt Habeck
Beleidigung hat Grenzen
Zweite Woche der UN-Klimakonferenz
Habeck wirbt für den weltweiten Ausbau des Emissionshandels