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Entscheidung über AbschaltdatumSchweizer AKW dürfen mehr als 60 Jahre laufen

Die Schweiz legt das Abschaltdatum für zwei Meiler fest. Die Ärzteorganisation IPPNW fordert, auch den Reaktor nahe der deutschen Grenze abzuschalten.

Ein Pferd grast vor AKW Goesgen in der Schweiz Foto: Peter Klaunzer/picture alliance

Göttingen taz | Die Schweiz bleibt vorerst Atomkraftland. Vier AKW sind dort in Betrieb, sie decken rund ein Drittel des Strombedarfs ab. Für zwei Reaktoren gibt es jetzt ein Abschaltdatum: Die Meiler Beznau I und II, die rund zehn Kilometer südwestlich der baden-württembergischen Gemeinde Waldshut-Tiengen liegen, sollen bis 2032 und 2033 laufen. Das teilte der Betreiber Axpo mit. Sie sind seit 1969 beziehungsweise 1971 in Betrieb und hätten bei ihrer Abschaltung 63 (Beznau I) und 62 (Beznau 2) Jahre auf dem Buckel.

Vor siebeneinhalb Jahren – und noch unter dem Eindruck der Atomkatastrophe in Fukushima – hatten die Schweizerinnen und Schweizer in einer Volksabstimmung beschlossen, dass keine neuen Atomkraftwerke mehr gebaut werden dürfen. Im Gegenzug sollen die damals noch fünf laufenden – und ursprünglich für einen 40-jährigen Betrieb ausgelegten – AKW so lange am Netz bleiben dürfen, wie sie sicher sind. Darüber entscheiden allerdings allein die Betreiber und Behörden. Als erstes und bislang einziges AKW wurde 2019 das Kraftwerk Mühleberg abgeschaltet. Im August dieses Jahres aber schlug die Schweizer Regierung vor, neue AKW grundsätzlich zu ermöglichen.

Außer den beiden Reaktoren in Beznau laufen in der Schweiz noch die AKW Gösgen und Leibstadt. Für diese haben die Betreiber noch keine Restlaufzeiten festgelegt. Gegen einen Weiterbetrieb von Leibstadt, das wie Beznau dicht an der Grenze zu Deutschland liegt, hat sich am Donnerstag die Ärzteorganisation IPPNW gewandt. Sie übergab einen von 500 Ärztinnen und Ärzten sowie weiteren Unterstützern unterzeichneten Offenen Brief an das baden-württembergische Umweltministerium und an Vertreter im National- und im Bundesrat in Bern.

„Wir können nicht akzeptieren, dass sich die politisch Verantwortlichen in der Schweiz damit herausreden, dass ihr Atomgesetz keine Laufzeitbegrenzung kennt“, sagte Jörg Schmid von IPPNW Deutschland. Das AKW Leibstadt müsse nach 40 Jahren Laufzeit abgeschaltet werden. „Radioaktivität macht nicht am Schlagbaum halt.“

Eine Studie des Genfer Instituts Biosphère identifiziert IPPNW zufolge das AKW Leibstadt als das „mit Abstand gefährlichste Atomkraftwerk für Deutschland“. Die verschiedenen Wetterszenarien zeigten, dass bei einem schweren Unfall die deutsche Bevölkerung stärker betroffen wäre als die Schweizer, so der Mitautor der Studie, der Onkologe Claudio Knüsli. „Wir schätzen, dass in Europa je nach Wetterlage zwischen 20.000 und 90.000 schwere strahlenbedingte Erkrankungen wie Krebs, Herzinfarkte oder Schlaganfälle auftreten würden“.

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3 Kommentare

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  • Gegen das, was in Frankreich steht, fallen die schweizer AKWs nicht ins Gewicht. Und sie sind vermutlich in einem weitaus besseren Zustand.

  • IPPNW Deutschland kann es nicht akzeptieren das die Schweiz die Laufzeit ihres AKW an der deutschen Grenze auf 60 Jahre verlängert.

    Nur wird das die Schweizer Regierung nicht interessieren .

    • @Martin Sauer:

      Genauso wie Frankreich seine AKWs an der deutschen Westgrenze baut, wohl wissend, dass in Mitteleuropa hauptsächlich Westwind vorherrscht.