Entscheidung der Eurogruppe: Neue Kredite für Griechenland
Nach elfstündigen Verhandlungen einigt sich die Eurogruppe auf weitere Hilfskredite. Damit ist eine Staatspleite erstmal vom Tisch.
Mit dem Grundsatzbeschluss ist die neuerliche Gefahr einer Staatspleite im Sommer gebannt. „Das sind sehr gute Neuigkeiten“, resümierte Dijsselbloem. Das 2015 gestartete Rettungsprogramm laufe wieder wie geplant. „Noch vor einem Monat hätte ich nicht davon geträumt, dass sich die Minister darauf einigen“, sagte der Niederländer mit Blick auf das Paket.
Dazu gehören auch Schuldenerleichterungen für das Krisenland. Darauf drang insbesondere der Internationale Währungsfonds (IWF). Der Weltwährungsfonds signalisierte nun seine Bereitschaft, sich an weiteren Griechenland-Finanzhilfen zu beteiligen. Dem IWF-Leitungsgremium soll vorgeschlagen werden, bis Ende des Jahres weitere Mittel für die Unterstützung des griechischen Reformprozesses bereitzustellen. „Wir werden uns die Maßnahmen in den kommenden Monaten anschauen“, bilanzierte IWF-Europadirektor Poul Thomsen. „Es ist am Ende das Leitungsgremium (board), das die Entscheidung trifft.“
Der griechische Finanzminister Euklid Tsakalotos sagte nach Abschluss: „Das ist ein wichtiger Moment für Griechenland, nach so langer Zeit.“ Es sei nun möglich, den Teufelskreis aus schrumpfender Wirtschaft und Sparmaßnahmen zu durchbrechen und wieder für Investitionen zu sorgen. Er sprach von einigen „angespannten Augenblicken“ während der Verhandlungsnacht.
G7-Gipfel in Japan
Die Einigung kam rechtzeitig vor dem G7-Gipfel der führenden Wirtschaftsnationen der Welt in Japan. Das Spitzentreffen wird am Donnerstag beginnen. Europas Spitzen wollten auf jeden Fall vermeiden, in der Toprunde wegen der Schuldenkrise wieder unter Beschuss zu geraten.
Die Regierung von Linkspremier Alexis Tsipras hatte in den vergangenen Wochen Rentenkürzungen und eine Einkommensteuerreform durch das Parlament gebracht – und damit die Basis für weitere Milliardenhilfen aus dem Euro-Rettungsschirm ESM gelegt. Zusammen machen die Budgetkorrekturen 5,4 Milliarden Euro aus. Es gibt auf Wunsch der Geldgeber auch ein Sparpaket „auf Vorrat“, das beim Verfehlen von Haushaltszielen in die Tat umgesetzt werden soll.
ESM-Chef Klaus Regling kündigte an, 7,5 Milliarden Euro könnten schon in der zweiten Juni-Hälfte fließen. Das restliche Geld der neuen Auszahlung solle dann später überwiesen werden. Griechenland muss allein im Juli 3,67 Milliarden Euro an den IWF, die Europäische Zentralbank (EZB) und andere Gläubiger zahlen. Große Beträge sind auch nötig, um Zahlungsrückstände des Staats zu vermindern.
2015 hatten sich Athen und die internationalen Geldgeber auf ein neues Rettungsprogramm in Höhe von bis zu 86 Milliarden Euro für das pleitebedrohte Euro-Land verständigt. Davon wurden bisher 21,4 Milliarden Euro ausgezahlt. Das Land hängt seit 2010 am Tropf internationaler Geldgeber.
IWF im Boot halten
Deutschland und andere Länder hatten darauf gedrängt, den IWF bei der Griechenland-Rettung im Boot zu halten. Für 2016 wird ein Schuldenberg von 183 Prozent der Wirtschaftsleistung erwartet, erlaubt sind höchstens 60 Prozent. Thomsen sagte, es gebe nun Übereinstimmung, dass die griechischen Schulden nicht nachhaltig seien.
Schuldenerleichterungen im großen Stil soll es aber erst geben, wenn das Hilfsprogramm 2018 erfolgreich abgeschlossen ist. So sollen – bisher noch blockierte – milliardenschwere Gewinne der EZB und der nationalen Notenbanken aus griechischen Staatsanleihen eingesetzt werden. Ungenutzte Gelder aus dem Hilfsprogramm von etwa 20 Milliarden Euro sollen zudem dazu genutzt werden, vergleichsweise teure Griechenland-Kredite vorzeitig abzulösen und damit Kosten zu sparen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Ungerechtigkeit in Deutschland
Her mit dem schönen Leben!
Verkauf von E-Autos
Die Antriebswende braucht mehr Schwung
Neuer Generalsekretär
Stures Weiter-so bei der FDP
Warnstreiks bei VW
Der Vorstand ist schuld
Zuschuss zum Führerschein?
Wenn Freiheit vier Räder braucht
Die HTS in Syrien
Vom Islamismus zur führenden Rebellengruppe