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Enthüllungsbuch von Trumps NichteEs ist die Wahrheit, Dummerchen

Mary Trump hat ein Buch über ihren Onkel geschrieben: den US-Präsidenten. Das kommt tiefenpsychologisch daher – und trifft nicht den Punkt.

Donald in jungen Jahren – auf dem Cover des Buches seiner Nichte Foto: Simon & Schuster/ap/dpa

Okay, noch ein Enthüllungsbuch über Donald Trump. Nächste Woche soll es herauskommen, und wie beim letzten, dem vom Exsicherheitsberater John Bolton, versuchen Trump und das Weiße Haus, diesmal auch weitere Teile der Familie Trump, bis zuletzt, das Erscheinen des Buches zu verhindern. Das besondere diesmal: Zum ersten Mal kommt mit Mary Trump, der Tochter von Donalds verstorbenen älteren Bruder Fred, ein Familienmitglied mit der Diagnose, Trump sei ein Narzist und notorischer Lügner, Fälscher und Betrüger.

Ähem, das wissen wir seit David Cay Johnstons „Die Akte Trump“. In dem Buch konnte man schon vor Trumps Wahlsieg lesen, wie der sein Immobilienimperium mit Betrügereien aufbaute, ständig Gesetze übertrat und Geschäftspartner übers Ohr haute, Gerichtsverfahren mit geheimen Zahlungsdeals abwendete und stets mit nicht wirklich vorhandenen wirtschaftlichen Erfolgen prahlte. Von Tony Schwartz, Ghostwriter von Trumps eigenem Bestseller „The Art of the Deal“ wissen wir ebenfalls seit 2016, dass Trump ein „Soziopath“ sei, der sich nicht um den Wahrheitsgehalt seiner Aussagen schere.

Und nun berichtet also Mary Trump, Donald habe bereits seine Eingangsprüfung fürs College durch einen gut bezahlten Freund erledigen lassen. Das verändert das Bild natürlich vollkommen!

Mary Trump, 54, ist Doktorin der Psychologie, und so schreibt sie auch. Indem Donalds Vater Fred Trump senior „Donalds Zugang zu seinen eigenen Gefühlen beschränkte und viele von ihnen inakzeptabel machte, hat Fred die Wahrnehmung seines Sohns von der Welt pervertiert und seine Fähigkeit beschädigt, in ihr zu leben.“ Trump sei nicht einfach schwach; sein Ego sei ein zerbrechliches Gebilde, das ständig gepampert werden müsse, weil er tief im Innern genau wisse, dass er nichts von dem ist, was er zu sein vorgibt.

Public enemy

Heute stelle ihr Onkel eine Gefahr für „die Gesundheit, die wirtschaftliche Sicherheit und das soziale Gefüge der Welt“ dar, und deshalb könne sie nicht länger schweigen, sondern wolle mit ihrem Buch verhindern, dass er die Welt zerstört.

Trump-Fans sind gegen jede Kritik am Präsidenten immunisiert

Ob so eine Aussage nun reines Marketing ist oder einfach ausgesprochen naiv? Nach einer schnellen Zählung ist „Too Much and Never Enough“ mindestens das neunte Enthüllungsbuch über Trump in den vergangenen vier Jahren.

Von John R. O’Donnell und James Rutherford („Trumped!: The Inside Story of the Real Donald Trump“, 2016), David Cay Johnston („Die Akte Trump“, 2016) über Michael D’Antonio („Die Wahrheit über Donald Trump“, 2016), Michael Wolff („Fire and Fury“, 2018), Bob Woodward („Fear“, 2019), Philipp Rucker und Carol Leonnig („A very stable genius“, 2019) zu John Bolton („The Room where it happened“, 2020) nun also zu Mary Trump – wären wir im Pornobusiness, wäre „Inside Trump“ längst eine eigene Kategorie, irgendwo zwischen „anal“ und „cream pie“. Die Wirkung ist im Übrigen ähnlich: Man schaut sich das an, gerät ein bisschen in Aufregung, ein bisschen in Ekel, fragt sich, wer warum auf so etwas steht und holt sich einen Kaffee.

Wenn Trump eines kann, dann trotz des vermutlich schlechtesten Rufes, den je ein US-Präsident hatte, seine Basis zu begeistern. Sein mittlerweile legendäres Zitat aus dem Wahlkampf, er könne auf der 5th Avenue jemanden erschießen und würde keine Wählerstimmen verlieren, hat sich als eine der wenigen Wahrheiten aus seinem Mund entpuppt.

Alles Propaganda!

Enthüllungen sind als Fake News längst eingepreist. Ähnlich wie Anhänger*innen Scientologys (oder der Kommunistischen Partei Kubas) sind Trump-Fans gegen jede Kritik immunisiert, denn die ist in ihren Augen eben keine Kritik, schon gar nicht wahr, sondern reine Feindpropaganda. Deshalb war es essenziell, dass Trump von Beginn an die Medien zum Feind erklärte.

Feinde zu haben, ist die Essenz seiner Präsidentschaft. Trump kann nicht argumentieren, er kann nur verleugnen, beschimpfen und verunglimpfen. Sich aus einer der mächtigsten Positionen der Welt als Opfer darzustellen, muss man erst einmal hinbekommen. Trump hat das perfektioniert. Dafür lieben ihn seine Fans, wähnen sich vereint mit ihrem Präsidenten in einem Kulturkampf gegen mächtige Strippenzieher.

Es dürfte eine Menge republikanischer Kongressmitglieder und Regierungsmitarbeiter*innen geben, die genau wissen, dass fast alles stimmt, was in den Büchern steht. Sie halten brav den Mund. Es ist die Schande der Republikanischen Partei, dass sie Trump zur Wahrung der eigenen Machtinteressen gewähren lässt.

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6 Kommentare

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  • Typisch Taz!?!?



    Mann Ey, is Markt Alter. Im November ist das nix mehr wert!



    Das Buch ist doch nicht geschrieben um the trump zu verhindern, Das Buch ist geschrieben, weil es damit JETZT Geld zu verdienen gibt!



    Inhaltlich ein "alter Hut" aber wenn eine Nichte "der Queen" über ihre Jugend mit der Queen schreibt....



    .



    Irgendwie, lieber Bernd(1) scheinst du das "System" nicht zu verstehen :-)



    Lieben Gruss Sikasuu



    .



    (1) Schreibst DU fürs Porto & ne Tassen Kaffee bei der Abliefeung? :-))

  • 0G
    04515 (Profil gelöscht)

    "Enthüllungen sind als Fake News längst eingepreist. Ähnlich wie Anhänger*innen Scientologys (oder der Kommunistischen Partei Kubas) sind Trump-Fans gegen jede Kritik immunisiert"

    Besser das, als Anhänger des US-Imperiums und seiner kapitalistischen Parteien, das es auch schon vor Trump geschafft hat, die Welt mit Kriegen zu überziehen und das weder in der Lage ist, eine vernünftige Krankenversicherung auf die Beine zustellen oder die Bevölkerung ausreichend gegen Covid-19 zu schützen... ganz anders dagegen die kommunistischen Partei Kubas :-)

  • Liebe taz, ihr habt das nicht verstanden: es kommt nicht auf jedes Detail an, das Mary L. Trump schreibt, sondern darauf, dass ihr Buch erscheinen darf, obwohl Trump es verhindern wollte. Das ist ihr wichtigster Sieg. Alles andere ist Kür. Jeder, der das Buch kauft, geht aktiv in den Widerstand gegen Trumps dikatorische Anmaßung. Das stärkt das Gemeinschaftsgefühl. Es kommt außerdem auf den Zeitpunkt an: Trump ist angeschlagen. Corona, Black lives matter... Bisher kam der Widerstand von den liberalen Demokraten. Deren Meinung zählt nicht für Trumps Anhänger, ihr Widerstand befeuerte sie eher, denn sie hatten genug von den Liberalen. Im Moment gibt es aber einen Synergieeffekt verschiedener ernsthafter Gegenbewegungen. Man braucht die liberale Presse gar nicht. Man muss nur aus der schützenden Blase um Donald Trump weiter Luft ablassen. Mary L. Trump tut soviel, wie sie kann, in diesem Zusammenhang. Man sollte ihr dazu gratulieren. Ich werde ihr Buch jedenfalls kaufen. Es soll auch gut geschrieben sein. Wenn es so entschlossen unzweideutig ist, wie man das von ihrem Onkel gewöhnt ist: dann wird es auf jeden Fall amüsant.

    • @JuR:

      Jeder, der das Buch kauft, geht aktiv in den Widerstand gegen Trumps dikatorische Anmaßung.

      Oder stützt aktiv das Vermögen der Nichte. Ich kann nicht erkennen, was ich aus dem Buch wirklich neues erfahre. Daher werde ich es nicht kaufen und lesen. Ähnlich wie bei Bolton stellt sich die Frage, weshalb diese nicht zu einem Zeitpunkt veröffentlicht wurden, zu dem der Inhalt nicht sichtbar zu Tage getreten ist. Vor vier Jahren wäre das Buch hilfreich und interessant gewesen, aber heute?

  • Trump wird von einer mächtigen Lobby ultrareaktionärer Evangelikaler gefördert, die seine widerwärtige Politik und die Propagandalügen noch nicht einmal als Kolateralschaden seiner Präsidentschaft einpreisen werden, weil sie wissen, dass sie mit seiner Hilfe eine riesige Zahl erzkonservativer Richter auf entscheidende Posten schieben konnten, die dafür sorgen werden, dass die USA in der Rechtsprechung quasi zu evangelikaler Gottesstaatlichkeit mutieren werden. Somit werden auch die absolut krassen Gesetzesbrüche und die Korruption der Trump-Zeit niemals mit Urteilen bestraft werden... "Checks & Balances" - diese angeblich stabile Basisregel der US-Verfassung hat sich schon längst völlig erledigt.



    Im Lichte dieser drohenden Zukunft wirkt das Buch von Mary Trump fast schon hilflos verspätet. Hätte sie das nicht schon fünf oder sechs Jahre früher raushauen können? An mangelnden Einblicken und Einsichten sollte es ja schon damals nicht gefehlt haben. Aus Angst vor der Einschüchterung oder seelischer Erpressung? Seine sexistischen und rassistischen Pöbeleien ließen damals doch schon längst erahnen, welchen Hintergrund er hat. 

    Dieser Beitrag wurde von der Moderation bearbeitet.

  • Ein Buch schreiben, um allen laut zu sagen, ich gehöre zur selben zerstrittenen Familie?