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England scheitert in der VorrundeKein Küsschen von der Queen

„Ganz gut Fußball gespielt“ habe man, sagt Englands Coach Roy Hodgson. Dennoch ist England raus. Aber wer sind die Schuldigen für die Blamage?

Ein Tor war nicht genug: Wayne Rooney. Bild: reuters

DUBLIN taz | Die Hoffnung währte nur 22 Stunden. Nach Englands 1:2-Niederlage gegen Uruguay am Donnerstagabend waren die „Three Lions“ auf Schützenhilfe vom italienischen Team angewiesen. Dessen Mittelstürmer Mario Balotelli hatte versprochen, das Siegtor gegen Costa Rica zu erzielen. Dafür verlangte er einen Kuss von Königin Elisabeth – auf die Wange. Daraus wird nun nichts. Italien unterlag gegen Costa Rica mit 0:1, und die Engländer müssen ihre Koffer packen. Das Spiel gegen Costa Rica am Dienstag ist für sie bedeutungslos. Es ist das erste Mal seit 1958, dass England bei einer Weltmeisterschaft die Vorrunde nicht übersteht.

Für die englischen Medien stand das Aus bereits nach dem Spiel gegen Uruguay fest. „Wir sind weg“, titelte die Sun kurz und prägnant, und der Daily Telegraph schrieb: „Gedemütigt, vernichtet und beerdigt – ein hoffnungsloser Fall.“ Man sei ausgerechnet von einem ehemaligen Rollstuhlfahrer blamiert worden: Luis Suárez, Englands Fußballer des Jahres, der beim FC Liverpool spielt, musste vor der WM am Meniskus operiert werden. Uruguays Trainer Oscar Tabarez sagte jedoch: „In Uruguay schreibt das Gesetz vor, dass man als Patient ein Krankenhaus im Rollstuhl verlassen muss.“

Warum ist England so sang- und klanglos ausgeschieden? Im ersten Gruppenspiel gegen Italien sah es doch recht gut aus, was die Spieler ablieferten. Gegen Uruguay hingegen hat die Angst sie gelähmt. Am Trainer Roy Hodgson lag es nicht, er muss mit den Leuten auskommen, die er zur Verfügung hat, und das sind wenige. Dank der enormen Summen, die Sky für die Übertragungsrechte bezahlt, können es sich die englischen Vereine leisten, fertige Spieler im Ausland zu kaufen. Die Jugendarbeit wird deshalb vernachlässigt.

So fehlt es in der Nationalmannschaft an einem breiten Angebot. Die Abwehr ist mit Jagielka und Johnson nur mäßig besetzt, im Mittelfeld hat Kapitän Steven Gerrard seinen Zenit überschritten, und im Angriff verlässt man sich auf Rooney, der in der Nationalmannschaft noch nie überzeugen konnte, aber keinen echten Konkurrenten hat. Doch es gibt Hoffnung: Hodgson hat unter anderem mit Sterling, Wellbeck, Sturridge, Shaw junge Spieler im Aufgebot, die ein kleiner Lichtblick in Brasilien waren.

Gerrard als Schuldiger

Für die Medien waren die Sündenböcke für Englands Niederlage gegen Uruguay schnell ausgemacht: Vor allem Gerrard habe mit seinen Fehlern den Weg für die beiden Tore geebnet. Die meisten Zeitungen rieten dem 34-jährigen, seinen Abschied vom internationalen Fußball zu nehmen. Auch Mittelstürmer Wayne Rooney hat die großen Erwartungen wieder mal enttäuscht. Zwar gelang ihm nach 759 torlosen Minuten im Nationaltrikot endlich ein Treffer, aber ansonsten war von ihm in beiden Spielen wenig zu sehen. „Nein, heute nicht“, wehrte Rooney Interview-Anfragen nach dem Spiel entnervt ab.

An Hodgson wird wenig herumgemäkelt, was für englische Medien erstaunlich ist. Englands Nationaltrainer haben es immer schwer, weil die Erwartungen der Fans und der Medien in keinem realistischen Verhältnis zum Leistungsvermögen der Mannschaft stehen. In den vergangenen beiden Jahrzehnten wurde jeder Trainer nach seinem Rücktritt oder seiner Entlassung mit Häme überschüttet. Graham Taylor, dessen Team sich nicht für die Weltmeisterschaft 1994 qualifizieren konnte, wurde fortan in den Medien als „Runkelrübe“ verunglimpft, und diesen Spitznamen wird er bis an sein Lebensende behalten.

Englands Weltmeister von 1966, Jack Charlton, urteilte einmal, dass die wichtigste Voraussetzung für einen englischen Nationaltrainer Geistesgestörtheit sei. Ein Sportreporter meinte mitleidig, dass nur der Premierminister einen ähnlich anstrengenden Job habe. Bei beiden fühle sich die gesamte Nation berufen, jeden öffentlichen Auftritt mit höhnischen Kommentaren zu begleiten.

Der 66-jährige Hodgson hat erklärt, dass er seinen bis 2016 laufenden Vertrag gerne erfüllen würde, und der englische Fußballverband ist offenbar bereit, ihm diesen Wunsch zu erfüllen. Hodgson sagte am Freitag trotzig: „Wir haben in beiden Spielen ganz gut Fußball gespielt. Suárez hatten wir die meiste Zeit im Griff.“ Zwei Mal aber nicht, und Suárez besiegelte Englands Schicksal.

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