Energieversorgung in Berlin: Vattenfall steigt aus
Keine Kohle mehr aus Russland: Berlin bereitet sich auf das Embargo im August und einen weiteren Zustrom von Flüchtlingen vor dem 9. Mai vor.
Die Energieversorgung der Stadt war am Dienstag Thema bei der Sitzung des rot-grün-roten Senats, und der Wirtschaftssenator hatte zur anschließenden Pressekonferenz zwei Botschaften mitgebracht: „Wir nehmen die Situation ernst“, sagte Schwarz, aber er betonte auch: „Wir haben keine Knappheit an Ressourcen, auch nicht an Mehl.“ Wenn die Supermarktregale leer seien, sei das einzig auf Hamsterkäufe und Spekulationsgeschäfte zurückzuführen.
Zum Ernstnehmen gehört auch die tägliche Beobachtung der Lage. Seit Februar gebe es in der Senatsverwaltung für Wirtschaft, Energie und Betriebe ein „laufendes Monitoring“, berichtete der Senator. „Wir sind im Austausch mit den Bundesministerien, der Bundesnetzagentur und auch den verschiedenen Branchen.“ Jeden Tag lerne man mehr, betonte Schwarz, der von einer „Wucht an Komplexität“ sprach.
Dazu gehören auch die Abhängigkeiten in der Region von russischem Öl, etwa in Schwedt. Für den Fall, dass die Pipeline dort ausfalle, habe man Alternativszenarien vorbereitet, etwa über eine Pipeline in Rostock. „Möglich ist auch, dass die Tankstellen in der Region dann von Raffinerien aus anderen Teilen Deutschlands versorgt werden müssen“, so Schwarz. Das wäre dann nicht nur eine logistische Herausforderung, sondern würde auch zu Preissteigerungen führen.
Schwarz betonte, dass man zusammen mit dem Bund die Abhängigkeit von fossiler Energie verringern werde. „Bei russischer Kohle sind wir schon voll im Ausstiegsszenario.“ So kaufe Vattenfall für seine Kraftwerke bereits vor dem im August beginnenden Embargo keine Kohle mehr aus Russland.
Mehr Flüchtlinge erwartet
Eine logistische Herausforderung ist auch die Versorgung der ukrainischen Flüchtlinge. Die Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey (SPD) sprach davon, dass es inzwischen 44.000 Anträge auf die Erteilung eines Aufenthaltstitels gibt. Derzeit sei das „Ankunftsgeschehen“ leicht rückläufig. „Wir haben nicht mehr 10.000 am Tag, sondern nur noch 3.000.“ Mit dem Beginn der russischen Offensive im Donbass könne sich das aber ändern. „Wir müssen damit rechnen, dass vor dem 9. Mai noch eine erhöhte Zahl an Geflüchteten ankommt, weil sich die Angriffe verschärfen.“
Dabei setzt der Senat ganz auf das Ankunftszentrum in Tegel, das am Tag bis zu 10.000 Menschen abfertigen könne, so Giffey. Die „Notbehelfslösung an der Messe“ werde nicht mehr gebraucht, allerdings sollen die Kapazitäten vorgehalten werden.Froh zeigte sich die Regierende, dass der Bund bei der Konferenz mit den Länderchefs zugesagt hat, die Kosten zu übernehmen. Außerdem würden ab 1. Juni nicht mehr die Sozialämter für die Geflüchtete zuständig sein, sondern die Jobämter.
In den Schulen, so Giffey, würden 1.916 Schülerinnen und Schüler aus der Ukraine unterrichtet. Je die Hälfte davon im Regelunterricht oder den 27 Willkommensklassen.
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