Energiekrise und Ölembargo: Preisdeckel mit undichten Stellen
Ab Montag gilt in EU- und G7-Staaten das Ölembargo. Damit der Ölpreis nicht explodiert, gibt es einen Preisdeckel – dessen Umsetzung wird schwierig.
Mit dem Preisdeckel solle Moskau daran gehindert werden, „von seinem Angriffskrieg gegen die Ukraine zu profitieren“, teilten die G7-Länder mit. Zudem solle „die Stabilität der weltweiten Energiemärkte unterstützt und die negativen wirtschaftlichen Auswirkungen des russischen Angriffskriegs reduziert“ werden. Man denke vor allem an ärmere Länder, heißt es in Brüssel.
Die EU versucht die Quadratur des Kreises: Sie will das russische Öl vom Markt drängen und die Kriegskasse des Kremls schmälern – zugleich aber verhindern, dass der Globale Süden unter die Räder kommt. Genau das war beim Streit über russische Gaslieferungen passiert. Weil sich ganz Europa auf Flüssiggas stürzte, explodierte der Preis auf dem Weltmarkt, ärmere Länder zogen den Kürzeren.
Einen ähnlichen Flop beim Öl soll der Preisdeckel verhindern. Doch auch er könnte sich als Bumerang erweisen. Als zweitgrößter Ölproduzent der Welt verfügt Russland über große Marktmacht. Es hat bereits den Großteil seiner Öllieferungen nach Indien, China und in andere Länder umgeleitet. Wer den Preisdeckel umsetze, werde gar kein Öl mehr bekommen, droht die Führung in Moskau.
Schon jetzt gibt es Schlupflöcher
Die EU will sich davon nicht beeindrucken lassen, verfügt aber nur über vergleichsweise schwache Hebel. Der Preisdeckel gilt nämlich nur für russische Öllieferungen per Schiff. Und er soll auch bloß auf Umwegen, etwa über Versicherungen für Öltanker, durchgesetzt werden. Die EU macht sich dabei den Umstand zunutze, dass die meisten großen Versicherungen in Europa sitzen, vor allem in London. Sie übt auch Druck auf die Reeder aus.
Doch schon jetzt gibt es Schlupflöcher. Griechische und zypriotische Reeder stehen im Verdacht, sich nicht an die Vorgaben aus Brüssel zu halten. Zudem könnten Öltanker ausgeflaggt und zum Beispiel in etwa Asien versichert werden, um dem Preishammer aus Europa zu entgehen. Russland baut offenbar bereits eine eigene Tankerflotte auf, um die EU und die G7-Staaten auszutricksen.
Ein weiteres Problem ist der Preis. Über die Höhe war in Brüssel wochenlang gerungen worden. Bis zuletzt drohte Polen, die Einigung platzen zu lassen, um ein niedrigeres Limit – etwa 30 Dollar pro Barrel – durchzusetzen. Die nun beschlossenen 60 Dollar sind ein typischer EU-Kompromiss. Sie liegen höher, als Polen wollte, aber etwas niedriger als der aktuelle Marktpreis von 67 Dollar.
Zudem soll das Preislimit alle zwei Monate überprüft und, falls nötig, angepasst – also gesenkt werden. So könnte die EU die Daumenschrauben für Moskau weiter anziehen. „Unser Ziel ist es, Russland zu schaden“, betonte ein EU-Beamter. Man habe sich auf ein „vorsichtiges Niveau“ geeinigt, könne aber nachbessern und sicherstellen, dass das Limit 5 Prozent unter dem Marktpreis liege.
Der Streit ist damit aber nicht beendet, denn nun ist die Ukraine unzufrieden. Präsident Wolodimir Selenski klagte, der Preisdeckel sei für Moskau zu „komfortabel“. Ein Preisdeckel von 60 Dollar ermögliche Russland noch Einnahmen von 100 Milliarden Dollar im Jahr. Selenskis Berater Andrij Jermak sagte, um die russische Wirtschaft zu „zerstören“, wäre ein Limit von 30 Dollar nötig.
Unklar ist, wie die Öllieferanten reagieren. Die Organisation der ölexportierenden Länder (Opec) kam am Sonntag zu einem Ministertreffen zusammen. Sie könnte die Ölförderung reduzieren und so den Preis in die Höhe treiben. In der EU, da sind sich die meisten Ökonomen einig, dürfte Öl auf jeden Fall teurer werden. Denn hier gilt ab Montag das Embargo. Deutschland hat schon vor möglichen Engpässen gewarnt.
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