Energiegeld für Studierende: Der 200-Euro-Zirkus
Seit September warten Studierende auf die versprochenen 200 Euro Energiepauschale. Doch das Geld steckt fest im Digitalisierungschaos.
D ie Woche hat gut begonnen für Bettina Stark-Watzinger. Mit ihrer Überraschungsreise am Montag nach Kyjiw sendet die Bundesbildungsministerin ein starkes Signal: Deutschland unterstützt die Ukraine nicht nur mit Panzern und Helmen, sondern auch beim Wiederaufbau des Landes. Ihrem ukrainischen Amtskollegen konnte sie zusagen, dass Deutschland die „fleißigen Hände und klugen Köpfe“ ausbilden werde, die dort später dringend benötigt werden.
Im eigenen Land steht die FDP-Politikerin derzeit weniger für gute Nachrichten. Vor allem bei den 3,5 Millionen Studierenden und Fachschüler:innen, die seit September auf die versprochenen 200 Euro Energiepauschale warten. Erst Mitte November fragten Bund und Länder beim Digitalministerium von Sachsen-Anhalt an, ob sie sich nicht um eine Plattform für die Auszahlung kümmern könnten. Das macht nicht den Eindruck, als ob die Nöte der Studierenden weit oben auf der Prioritätenliste stünden. Auch jetzt, im Februar, kann Stark-Watzinger noch nicht sagen, wann das Geld endlich ausgezahlt wird. Aus „Anfang 2023“ ist mittlerweile „im Winter“ geworden. Das Einzige, was Studierende mittlerweile wissen, ist der Name der Plattform: Einmalzahlung200.de.
Für eine Ministerin, die vor Monaten eine „Soforthilfe“ versprochen hat, ist das peinlich – auch wenn sie persönlich gar nicht so viel dafür kann. Es stimmt, dass die Daten von Studierenden und Fachschüler:innen nicht zentral vorliegen – und dass sich der Bund mit den Ländern abstimmen muss. Aber warum für eine Einmalzahlung eine eigene Plattform in Auftrag gegeben wurde, erschließt sich nicht. Schließlich haben die Studierendenwerke für die Corona-Überbrückungshilfe – damals auf Geheiß von Stark-Watzingers Vorgängerin – zu genau diesem Zweck eine funktionierende Plattform aufgebaut. Übrigens in sechs Wochen. Damit hätte es wohl schneller geklappt. Jetzt ist ein schnelles Ende des 200-Euro-Dramas nicht in Sicht. Im März sollen die Studierenden bundesweit Anträge stellen können. Bis sie ihr Geld erhalten, wird es wohl Frühling werden.
Links lesen, Rechts bekämpfen
Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen
meistkommentiert
BSW in Thüringen
Das hat Erpresserpotenzial
Friedenspreis für Anne Applebaum
Für den Frieden, aber nicht bedingungslos
BSW in Sachsen und Thüringen
Wagenknecht grätscht Landesverbänden rein
Rückkehr zur Atomkraft
Italien will erstes AKW seit 40 Jahren bauen
Klimaschädliche Dienstwagen
Andersrum umverteilen
Tech-Investor Peter Thiel
Der Auszug der Milliardäre aus der Verantwortung